Die rechte Lust an der Revolte

[Comic] Kleine Geschichte der Krisenrevolten – Ein schwarz-roter Leitfaden„… Hass auf das „System“ und die „selbsternannten Eliten“, Verachtung der „Lügenpresse“, Geraune vom kommenden Bürgerkrieg – Woher kommt der Furor der Rechten? Ihre eigene Erklärung lautet: Weil in diesem Lande vieles ganz schiefläuft. Die Erklärung vieler Kritiker lautet: Weil sie intolerant sind und einer antipluralistischen Gesinnung anhängen. Doch eine wesentliche Erklärung muss auch lauten: Weil radikal sein Spaß macht. Demokratie ist eine großartige Sache, wenn sie einigermaßen richtig funktioniert, aber sie kann auch ein bisschen langweilig sein. Alle sind integriert, alle dürfen mitmachen, jeder zählt. Schon klar, in der Wirklichkeit ist da noch viel Luft nach oben. Doch grundsätzlich ist Demokratie inklusiv, der Streit ist eingehegt, die unterschiedlichen Interessen werden ausgeglichen. Demokratische Politik bewegt sich im Rahmen stabiler Institutionen, anstelle der irren Willkür eines Herrschers herrscht das verlässliche Räderwerk des Rechts. Das ist gut, aber nicht immer aufregend. Manchem Gemüt fehlt es an Dramatik, an Action, am Heroischen. (…) Schon oft wurde festgestellt, dass die Rechten die Protestformen der Linken übernommen haben. Wichtiger aber scheint mir zu sein, dass sie deren aufständische Lust für sich entdeckt haben. Einer Partei anzugehören, hat etwas Braves an sich. Verwegener ist es, Teil einer „Bewegung“ zu sein. Eine Partei wird gewählt, eine Bewegung aber macht Geschichte, sie verspricht Eifer, Kampf und Aufruhr. (…) Was lässt sich dagegen tun? Reden? Gewiss, Miteinander-Reden ist immer gut. Aber gegenüber den Scharfmachern und der Scharfmacherei bedarf es in Zukunft noch einer anderen Strategie: Ihnen gilt es weniger mit eilfertiger Empörung zu begegnen, als vielmehr mit einer gehörigen Portion überlegener Lässigkeit, wie man sie gegenüber Leuten mit Wahrnehmungsstörungen aufbringt. Wem an unserer Demokratie gelegen ist, muss das aufgeblasene revolutionäre Getue der extremen Rechten und ihrer dazu nötigen Autosuggestionen als das benennen, was es ist: als lachhaft. Nicht um die rechte Gefahr zu verharmlosen, sondern um ihrer weiteren Ausbreitung die mentale Grundlage zu entziehen.“ Beitrag von Roland Kipke vom 27. November 2018 bei Telepolis externer Link

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