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Nach dem gescheiterten Putsch in Venezuela: Solidarität gegen imperialistische Aggression und mit dem Kampf um soziale Verbesserung

Berliner Solidaritätsplakat gegen den Putschversuch im Ferbuar 2019„… Ich glaube, dass das Szenario mehr oder weniger dasselbe bleiben wird: Die Opposition wird mobilisieren, die Regierung wird Widerstand leisten und die wirtschaftliche Lage und die Diplomatie werden sich nicht ändern. Die USA können keinen Krieg gegen Venezuela entfesseln und auch nicht mittels anderer Nationen intervenieren. Nach dem Scheitern in Syrien, in Afghanistan und im Irak sind sie einfach nicht in der Lage, Marines in ein anderes Land zu schicken. Und Brasilien weigert sich, eine Intervention zu unterstützen, denn so sehr die brasilianischen Militärs den Sturz Maduros und das Ende des Chavismus auch wollen, sie wissen, dass die Entsendung der Armee schwerwiegende innenpolitische Folgen hätte, vor allem wirtschaftlicher und sozialer Natur. So reaktionär sie auch sind, gegenüber dem Pentagon sind sie autonom. Außerdem würden die USA, wenn sie für eine Intervention optierten, sich Russland gegenüber sehen, und dies ist im Moment in ihren Plänen nicht vorgesehen. Und auch Trump verfügt nicht über unbegrenzten Raum zum Manövrieren, denn es ist ein Vorwahljahr. Vor diesem Hintergrund ist das, was am 30.April geschehen ist, ein Putschversuch, wie es ihn noch nicht gegeben hat und auch sicher nicht mehr geben wird – innerhalb eines langen Prozesses, der darauf abzielt, das Land zu isolieren, zu schwächen und zu verwirren. Das Ziel der USA ist klar, und um es zu erreichen, werden sie so handeln, dass die Wirtschaft noch weiter verfällt und das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Regierung weiter zunimmt…“ – so beurteilt Raul Zibechi die aktuelle Entwicklung in Venezuela in dem Interview „Nach dem gescheiterten Putsch in Venezuela – Welcher Ausweg für den Bolivarismus?“ am 01. Juni 2019 in der SoZ externer Link (Ausgabe 6/2019) – der Übersetzung eines Gesprächs in der italienischen Zeitung Il Manifesto vom 05. Mai 2019 über die Lage nach dem Scheitern des selbsternannten Übergangspräsidenten mit seinem Aufruf ans Militär, zu putschen. Zur aktuellen Lage in Venezuela, der Solidarität auch in der BRD im Kampf gegen die rechte Aggression und dem eigenständigen Kampf für eine Änderung der sozialen Lage fünf weitere Beiträge und der Hinweis auf unseren bisher letzten Bericht zu Venezuela:

„Venezuela: Guaidó hofft auf »Gottes Hilfe«“ am 03. Juni 2019 in der jungen welt externer Link ist eine afp-Meldung, in der berichtet wird: „Venezuelas Putschistenführer Juan Guaidó sieht offenbar keine Chance mehr, Präsident Nicolás Maduro kurzfristig zu stürzen. Hatte er im Frühjahr noch von »Stunden« oder »Tagen« gesprochen, die der Staatschef noch im Amt bleiben werde, hofft er nun offenbar nur noch auf das Jahresende. Der Kampf gegen Maduro habe nicht erst 2019 begonnen, »aber mit Gottes Hilfe wird er 2019 enden«, sagte er am Sonnabend bei einer Rede in Pedraza…“

„Die wahre Kritik steckt im Herzen eines Volks, das nicht aufgibt“ am 27. Mai 2019 im re:volt Magazin externer Link ist ein Interview von Jan Schwab mit AktivistInnen des Bloque Latinoamericano in der BRD aus Anlass der Solidaritätskonferenz mit Venezuela in Berlin, worin diese sich folgendermaßen vorstellen:„… Wir sind ein Zusammenschluss von linken lateinamerikanischen Kollektiven und Einzelpersonen in Berlin und bundesweit. Der Bloque Latinoamericano entstand vor einem halben Jahr als Antwort auf den Vormarsch der Faschist*innen in Lateinamerika und die Geschehnisse in Chemnitz. Auf keinen Fall konnten wir danach weiter unorganisiert bleiben. Weder als Latinos/as in der Diaspora, noch als Migrant*innen in Deutschland. Eines unserer Ziele ist, die lateinamerikanischen Kämpfe in Berlin zu vereinen, um die Kämpfe unserer Völker auf dem lateinamerikanischen Kontinent zu unterstützen. Ein anderes ist die Stärkung linker migrantischer Politik in Deutschland. Dahinter stehen für uns die Kämpfe um Würde und Demokratie, antikoloniale, feministische und antikapitalistische Kämpfe. Wir beteiligten uns in den letzten Monaten an zahlreichen Demonstrationen und Protesten gegen den Neo-Faschismus in Deutschland, die Regierung Bolsonaro in Brasilien und Moreno in Ecuador, gegen die imperialistische Intervention in Venezuela, oder für die Befreiung politischer Gefangener auf unserem Kontinent. Im April unterstützten wir eine Initiative kolumbianischer Organisationen in Europa und zogen vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, um eine Anklage gegen die systematische Ermordung von Aktivist*innen in Kolumbien anzustrengen. Wir unterstützen darüber hinaus Gedenkveranstaltungen an unsere Genoss*innen, die ihr Leben im Kampf verloren haben, wie z.B. Marielle Franco in Brasilien und Berta Cáceres in Honduras. Am 8. März beteiligten sich die Frauen* des Bloque Latinoamericano an einem internationalistischen Protestmarsch in Berlin-Lichtenberg zusammen mit anderen migrantischen Frauen*kollektiven. Wir machen auch Solidaritätsarbeit mit dem kurdischen Befreiungskampf und unseren palästinensischen Genoss*innen, da wir verstanden haben, dass es sich in beiden Fällen um eine fundamental wichtige Arbeit in Deutschland handelt. Intern schaffen wir Räume für gemeinsame Diskussionen und Analysen und entwickeln unsere regionale Arbeit mit der lateinamerikanischen Community in Berlin (…) Auf der anderen Seite begann der bolivarische, durch Chavez angestoßene Prozess, der durch Kräfte des organisierten Volkes begleitet wurde, unter den Massen jedoch an Rückhalt zu verlieren. Die Gründe dafür waren, dass er nie den Staat beseitigte, der „das Volk vertreten“ wollte, sich immer weiter von den Interessen der Mehrheit entfernte und dafür partikularen Interessen annäherte. Mit den Regierungen Chávez und Maduro entstand eine neue politische Klasse, die sich in der politischen Macht einnistete und begann, die Räume der popularen Partizipation einzuschränken, sie sogar kriminalisierte, ebenso wie die Kritik aus den Reihen des Chavismus selbst. Womöglich trat der Prozess des Zerfalls erst nach dem Tod von Chávez deutlicher hervor. Tatsächlich bedient sowohl die rechte Opposition, wie auch die Regierung, missbräuchlich eines manichäischen und verkürzten Diskurses des „Bist du nicht mit mir, bist du gegen mich“. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass dieses Spiel seine Grenzen hat. Früher oder später wird das Volk anfangen sich zurück zu holen, was ihm genommen wurde. Es wird die Notwendigkeit sehen, sich in einer politischen Identität zusammen zu finden, die es ihm erlaubt, einen bislang noch unklaren Weg zu beschreiten. Ein weiteres Element ist, dass es sich bei der venezolanischen Gesellschaft um eine patriarchale, katholische Gesellschaft handelt, deren Geschichtserzählung voll mit großen Helden und Schurken ist, die in Maduro aber keinen empathischen Führer finden konnte – anders als in Chávez, der den Archetypen des schützenden Vaters und Erlösers repräsentierte. Die venezolanische Krise ist nicht nur eine ökonomische, sondern eine tiefgehende moralische Krise. Eine Krise, von der wir glauben, dass sie die Perspektive der kontinentalen Befreiung schwer getroffen hat…“

„Fünf Tage Venezuela“ von Natalie Benelli in der Ausgabe 9/2019 von Ossietzky externer Link ist ein Reisebericht (aus der Schweiz) aus Caracas, der unter anderem zu selbstorganisierten Aktivitäten berichtet: „… Zum Abschluss unserer Reise besuchen wir das Projekt Amatina, ein Beispiel für die Selbstverwaltung der Bevölkerung: Amatina ist ein Wohnkomplex auf einem enteigneten Stück Land des privaten Großunternehmen Polar, ein Lebensmittelgroßhändler, der einen Großteil der Lebensmittelimporte und -verteilung in Venezuela kontrolliert und aktiv an der künstlichen Verknappung von Lebensmitteln beteiligt ist. Amatina wird seit 2013 mithilfe der finanziellen Unterstützung der Regierung im Rahmen der Gran Mision Vivienda von den BewohnerInnen – rund 130 Familien – gebaut und betrieben. Die Menschen, die sich rund um das Projekt Amatina organisiert haben, gehören zu der Bevölkerungsschicht, die vorher obdachlos war oder in einem der barrios lebte. Amatina betreibt eine eigene Bäckerei, in der zu nicht inflationären Preisen Backwaren verkauft werden. Zwölf Personen arbeiten hier gegen Lohn, sechs in der Morgen-, sechs in der Nachmittagsschicht. Im Garten, der zum Komplex gehört, werden Gemüse und Arzneipflanzen angebaut. Es gibt einen Kinderhort. Der Gemeinschaftsraum und das Studio für den Radiosender sind noch im Bau. Die Wohnungen sind modern und großzügig. Wir sprechen mit ein paar Frauen, die offensichtlich stolz darauf sind, ihre Wohnungen mit ihren eigenen Händen und ohne Hilfe von Privatunternehmen gebaut zu haben. Freiwillige aus anderen Organisationen helfen bei den Arbeiten, und es gibt Hilfe von internationalen Brigaden. Am Abend findet eine Versammlung der Jugend von Amatina statt. Das politische Bewusstsein der Jugendlichen hier ist unglaublich. Sie kennen die Geschichte der spanischen Kolonialisierung Lateinamerikas und der Unabhängigkeitskriege Venezuelas. Sie sind bestens über die aktuelle Situation informiert und stolz, ein Teil des Widerstandes gegen das US-Imperium zu sein…“

„Krise in Venezuela: Die Sicht der Kommunen“ von Federico Fuentes am 18. Mai 2019 bei amerika21.de externer Link (in der Übersetzung von Dieter Drüssel) zur Rolle selbstorganisierter Kollektive in Venezuela und der Konfrontation mit ihnen unter anderem: „… Am 30. April hatte Oppositionsführer Juan Guaídó zu Straßendemonstration für die Unterstützung seines militärischen Putschversuchs gegen Präsident Nicolás Maduro aufgerufen. Es vergingen nur wenige Stunden, bis seine Anhänger das Hauptquartier der Kommune Indio Carucao im Südwesten von Caracas in Brand gesetzt hatten. Das Gebäude diente für Versammlungen der Anwohner und beherbergte ein von der Kommune betriebenes Textilunternehmen, das Projekte in der Gemeinschaft finanziert. Atenea Jiménz von Nationalen Netzwerk der Kommunardinnen und Kommunarden (Red Nacional de Comuneras y Comuneros) kommentierte: „Wieder einmal beginnen faschistische Angriffe auf die Kommunen.“ Sie verwies allerdings auch darauf, dass Kommunardinnen und Kommunarden auch „von Regierungssektoren verfolgt werden“, und bezog sich dabei auf die zehn am 11. Februar Inhaftierten, die eine staatliche Reisverarbeitungs-Fabrik im Gliedstaat Portuguesa besetzt hatten1. Der Protest erfolgte wegen der Weigerung des privaten Fabrikmanagements, mit lokalen Produzenten zusammenzuarbeiten. „Und warum passiert das?“, fragte sie und antwortete: „Weil die Kommune der einzige Ort ist, der die Macht in Frage stellt. Sie ist einer der wenigen echten Plätze von unten für den Aufbau von Demokratie…“

„Venezolanische Arbeiterbewegung: Erklärung von «Trabajadores en Lucha»“ am 30. Mai 2019 bei den Maulwürfen externer Link (Übersetzung eines Berichts, bzw. einer Erklärung aus La Clase vom Vortag durch die Redaktion) mit dem einleitenden Kommentar: „Vor kurzem wurde ein Bündnis von Gewerkschaften, politischen und gewerkschaftlichen Strömungen gebildet, um für die Rechte der Lohnabhängigen zu kämpfen – unabhängig von der Opposition der Unternehmer unter der Führung von Guaidó. Das Bündnis verfolgt das Ziel, sich der brutalen arbeiterfeindlichen Politik der Regierung Maduros entgegenzustellen und die imperialistische Einmischung abzulehnen. Beteiligt sind Eduardo Sánchez, Präsident von SinatraUCV und Fetraesuv, aus dem Hochschulbereich, José Bodas, Generalsekretär von Futpv, Jairo Colmenares, Gewerkschaftsführer der Metro Caracas, entlassen, Thony Navas, Präsident des Sirtrasalud, Hauptstadt Distrikt, Deyanira Romero, Generalsekretärin der Gewerkschaft der Lohnabhängigen des Kernbereichs Maracay der UCV, Horacio Silva, aus dem Ölsektor, Orlando Chirino, Koordinator der kämpferischen Gewerkschaftsströmung C-cura, sowie die politischen Organisationen Marea Socialista, Lucha de Clases, LTS, Izquierda Revolucionaria und des Partido Socialismo y Libertad. Die politisch-gewerkschaftliche Gruppierung nahm den Namen «Trabajadores en Lucha» (Kämpfende Arbeiter) an…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=149708
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