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Auch wenn der Putschversuch in Venezuela stagniert: Die Sanktionen wirken weiter – und die BRD mobilisiert „alte Bekanntschaften“

Berliner Solidaritätsplakat gegen den Putschversuch im Ferbuar 2019Die ersten Sanktionen gegen Venezuela hat die Obama-Regierung 2015 verhängt. Anfangs trafen sie einzelne Personen, dann hat man sie ausgeweitet auf bestimmte Unternehmen. Trump hat die Sanktionen dann stark verschärft. Sämtliche Erdölgeschäfte sind verboten, Finanzgeschäfte, der Handel mit Gold und der Kryptowährung Petro. Dazu kommt die Besonderheit, dass sich die USA anmaßen, Unternehmen aus anderen Ländern zu sanktionieren. Deswegen haben inzwischen zum Beispiel auch europäische Banken venezolanische Gelder eingefroren aus der Befürchtung, Nachteile in ihrem US-Geschäft zu erleiden. Es gab auch schon vor 2015 alle möglichen Versuche, Venezuela zu blockieren, aber viele, auch europäische Länder haben kontinuierlich mit Venezuela gehandelt, dazu gehören Italien, Österreich und Portugal. (…) Deutschland hat eher eine blockierende, aber erst jetzt eine aggressive Haltung eingenommen. Davor lief die Blockade eher durch Passivität. Die Wirtschaftsbeziehungen wurden nicht gefördert, es gab keine Unterstützung, es wurde nicht nach Wegen der Zusammenarbeit gesucht. Deutschland hat eine gewisse Sonderrolle, weil die beiden Parteien, die Venezuela zwischen 1958 und 1998 abwechselnd regierten, eng mit der CDU und der SPD verbunden sind. Durch den jahrzehntelangen Austausch sind politische Verbindungen entstanden, die heute noch existieren, wo die beiden Parteien zur rechten Opposition gehören…“ – aus dem Interview „Venezuela: „Es ist falsch, von Hilfslieferungen zu reden““ am 28. Februar 2019 bei amerika21.de externer Link, das Jan Maas mit Dario Azzellini führte. Siehe zur aktuellen Entwicklung in Venezuela zwei weitere Beiträge sowie einen Hintergrundbeitrag über die sozialen Bewegungen in Venezuela in den letzten 30 Jahren und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zum Thema:

  • „Venezuela: Humanitäre Hilfe für den Regime-Change“ von Heike Hänsel am 28. Februar 2019 bei telepolis externer Link zur Kritik der Medien-Show über „Hilfe“: „Die humanitäre Krise im Land ließe keine andere Wahl, als mit der gut inszenierten Aufstellung von zehn LKWs an einer bisher nicht in Betrieb genommenen Autobahnbrücke auf kolumbianischer Seite ein Überlaufen des bisher treu an Maduros Seite stehenden Militärs zu provozieren. Andererseits steht eine militärische Intervention, im Raum, die selten einem Land so unverhohlen angedroht wurde, wie es derzeit mit Venezuela geschieht. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, äußerten bereits US-Präsident Trump und Außenminister Pompeo einhellig. Auch der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó bat am Montag die USA und die Staaten, die sich in der Lima-Gruppe gegen Venezuela verbündet haben, um „Prüfung aller Optionen“. Das kann Krieg oder auch Bürgerkrieg bedeuten. Diese Hilfslieferungen wurden insbesondere mit dem Argument der durch die Regierung Maduro verweigerten Hilfe begündet. Anhänger des Regime-Changes in Politik und Medien wiederholen seit Wochen, es würde keine andere Möglichkeit geben, auf den Mangel an Nahrungsmitteln und Medizin in Venezuela zu reagieren. Maduro verweigere jede internationale Hilfe. Auch die Bundesregierung argumentiert hartnäckig, auf mehrere Nachfragen, sie könne keine Hilfe ins Land bringen, da die Partner in Venezuela fehlten. Die bereits beschlossenen 5 Millionen Euro könnten bisher nicht umgesetzt werden. Das ist doch sehr verwunderlich, denn ein Anruf der Bundesregierung bei den Vereinten Nationen oder dem Internationalen Roten Kreuz (IRKR) hätte gereicht, um zu erfahren, dass beide Organisationen bereits seit langem in Venezuela arbeiten, das IRKR versorgt nach eigenen Angaben bis zu einer Million Venezolaner und Venezolanerinnen, will die Hilfe sogar aufstocken und hat zudem erst vergangene Woche eine Lieferung aus dem Hauptquartier aus Genf erhalten. Auch UN-OCHA ist im Land aktiv. Dies wäre unmöglich, würde die venezolanische Regierung sich verweigern…“
  • „Städtische Kämpfe in Caracas“ von Andrés Antillano am 23. Juni 2011 bei amerika21.de externer Link dokumentiert, skizziert die geschichte der städtischen Proteste in venezuela, die die Grundlage für die Entwicklung der chavistischen Bewegung waren: „Von den 1950er bis in die 1990er entstanden in Venezuela die Armenviertel, die Barrios. In der Nähe großer Städte wurde günstiger Boden für die Armen bereitgestellt. Für die jeweils regierenden Parteien war dies auch eine Methode für die Produktion von parlamentarischen Mehrheiten. Die BewohnerInnen der Armenviertel blieben jedoch ausgeschlossen von tatsächlichen politischen Entscheidungen und von der Wertschöpfungskette in den Städten. Diese Beziehungen veränderten sich in den 1990er Jahren. Im Prozess der Globalisierung blieben die Barrios isoliert. Anstelle von Investitionen setzte die Stadtpolitik auf eine polizeiliche/militärischen Bekämpfung der Aktivisten oder auf Kooperatismus. Die Armutsregionen blieben lokal markiert, aber die Bevölkerung der Armenviertel entwickelte sich zu einem neuen Subjekt der städtischen Kämpfe. Gleichzeitig waren die 1990er geprägt von der Krise des politischen Systems: Das dominante Zweiparteiensystem verlor immer mehr Unterstützung. Bereits 1989 kam es zu einem großen Aufstand der städtischen Unterklassen, dem Caracazo. Es folgten Kämpfe um Wasseranschlüsse, Transportmöglichkeiten und Wohnraum. Dieser Zyklus von Kämpfen führte schließlich zum Wahlsieg von Hugo Chávez. Das neue Subjekt drückte sich nicht in den Programmen der alten Linken aus, auch nicht im alten System der Repräsentation. Es war ein kämpferisches Subjekt, das Straßen und Räume besetzte. Ähnliche Prozesse fanden in ganz Lateinamerika statt, in Argentinien die Piqueteros, in Bolivien die Indigena- und Bergbaubewegungen. Diese sozialen Bewegungen spielten jeweils eine wichtige Rolle in der Änderung des Systems. Das politische Programm von Chávez bestand zunächst nur aus dem Vorschlag, dieses neue Subjekt, die bisher Ausgeschlossenen, protagonistisch und partizipativ an der Entwicklung eines neuen politischen Systems zu beteiligen. Sie hatten die Erfahrung mit den Mesas tecnicas de Agua, bei denen die Bevölkerung konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Versorgungssituation machte und diese auch umsetzte…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=145046
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