»
USA »
»

Trump entfesselt die Banken wieder – es kann einem Angst und Bang werden

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 6.2.2017

Anti-Trump-Demo: "The Fear is on the other Side now"

Ist es für die USA überhaupt möglich die Spielräume für Spekulationen bei den Banken „unter“ Trump noch „wesentlich“ zu erweitern? Oder hatte die Finanzwelt die Politik zu ihren Gunsten schon bisher im Griff? Das Risiko einer Finanzkrise jedoch bleibt gleich…

Eine aktuelle öffentliche Diskussion suggeriert über Trumps-Banken-Deregulierung, dass – nach „erfolgreicher“ Regulierung durch den Dodd-Frank-Act im Jahre 2010 – jetzt wieder die Banken für alle Spekulationen freie Bahn bekommen würden: Nachdem ich diese Sicht zunächst wahrnehmen konnte und auch für angessen und richtig hielt, hatte ich zwischendurch dann die Gelegenheit Ulrike Herrmann (TAZ) noch – mit Sharyn O`Halloran nebst ihren Analysen – zu lesen. Und danach könnte es dann doch wieder so aussehen, dass sich am Finanz-Regime für die gefährlichen Spielräume der Finanzinstitute in den USA mit Trump fast gar „nix“ ändert… – außer dass ein Gesetz, das die spekulativen Umtriebe der Banken nur scheinbar eingrenzt, aufgehoben wird.

Die Banken hatten bisher die Politik schon weitgehend so im Griff, dass es für ihre Geschäfte in der Praxis kaum Beschränkungen gab – und natürlich jetzt dann unter Trump mit einem Finanzminister von Goldman-Sachs erst recht nicht mehr. Für die Banken – so meine inzwischen gewonnene These – ändert sich also so gut wie nichts. Die Gefährdung – durch eine neue Finanzkrise – für die Gesellschaft dagegen bleibt enorm! Nur wohl zum geringsten Teil, weil Trump weiter dereguliert.

So muss man zunächst doch erst einmal tief in die Geschichte einer Kontroverse darüber einsteigen, was bisher durch Dodd-Frank schon reguliert worden war – nach dem Finanz-Crash von 2008 ff.:  Zum einen die Meinung dass der Dodd-Frank-Act effektiv reguliert hat. Und Rudolf Hickel hat in „seinem“ Lokal-Blatt das noch sehr positiv zu Gunsten einer Regulierung durch den bisherigen Dodd-Frank-Act angenommen (http://www.weser-kurier.de/startseite_artikel,-%E2%80%9EDumm-und-brandgefaehrlich%E2%80%9C-_arid,1543745.html externer Link)

Und wie die meisten in der Presse hat z.B. auch Malte Kreutzfeldt in der TAZ dieser Ansicht von dem alles noch schlimmer machenden Trump gehuldigt. (https://www.taz.de/Kommentar-Trumps-Finanzpolitik/!5377886/ externer Link) So schreibt er: „War da was? Eine weltweite Finanzkrise, die Banken in die Krise gestürzt hat und Staaten dazu zwang, sie mit Milliarden von Steuergeldern zu retten? Donald Trump scheint davon jedenfalls nichts mehr wissen zu wollen. Er hat angekündigt, die wichtigsten Konsequenzen aus der Finanzkrise – strengere Regeln für Banken und Finanzberater (= eben jener Dodd-Frank-Act) – zurückzudrehen. Wenn er sich damit durchsetzt nehmen nicht nur die Gewinnaussichten der Banken zu… Zugleich wächst das Risiko einer neuen Finanzkrise dramatisch an – und damit die Gefahr, dass der Steuerzahler erneut zur Kasse gebeten wird… Dabei hat Trump sich im Wahlkampf auch stets als Vertreter der kleinen Leute inszeniert und seine Gegnerin Hilary Clinton wegen ihrer Nähe zur Wallstreet angegriffen. Dass es nun Trump ist, der den Bankern alle Wünsche erfüllt und gerade die Kleinanleger neuen Risiken aussetzt, passt zum lockeren Verhältnis dieses Präsidenten zur Wahrheit...“

Und damit würde es so aussehen, dass „wir“ den Banken – erst jetzt wieder hilflos ausgeliefert – und in der Konsequenz jetzt auch wieder „deregulieren“ müssen, weil „unsere“ Finanzinstitute (Siehe die Deutsche Bank) sonst „spekulativ“ im Nachteil sind? Vorsicht! Oder müsste es nicht heißen: Was „entfesselt“ Trump`s Regierung in den USA wirklich neu für die Finanzmärkte – dazu müsste doch erst einmal geklärt werden, wie effizient hat dieser „Dodd-Frank-Act“ tatsächlich die Finanzmärkte reguliert

Dennoch: Es wird gerade jetzt in dieser aktuellen Situation von der europäischen Medien-Welt davon ausgegangen, dass Trump die US-Finanzmärkte – wieder – radikal entfesselt

Das sieht dann in etwa so aus: Nach dem Finanzcrash von 2008 ff. jetzt – mit Trump und seinen Goldman-Sachs-Leuten doch wieder die totale Entfesselung der Finanzmärkte. Und obwohl Trump im US-Wahlkampf gelegentlich Sprüche von sich gab, als wolle er Bernie Sanders als Zügler der Finanzmärkte links überholen (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/kommentar-trump-entfesselt-die-banken-14835436.html externer Link), sah Rudolf Hickel die „Trumpenomics“ dennoch schon gleich als radikale Finanzmarktderegulierung. (http://rhickel.iaw.uni-bremen.de/ccm/homepages/hickel/aktuelles/vom-elend-der-trumponomics/ externer Link)

Das macht er jetzt mit seinen Goldman-Sachs-Leuten (u.a. der Finanzminister) und gelangt zu einer radikalen Entfesselung der Finanzmärkte, die dadurch möglich werden soll (http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-02/finanzpolitik-donald-trump-bankenregulierung-vorschriften-reformieren externer Link), dabei waren Obamas Regulierungen („Dodd-Frank-Act“) nur die Umsetzung, der ohnehin kompromiss-geschwächten G20-Beschüsse zur Finanzmarktregulierung nach dem Finanz-Crash von 2008 ff. – und in ihrer Komplexität, um wohl den Widerständen aus der Finanzindustrie immer wieder doch noch „gerecht“ zu werden, vielleicht doch sehr schwierig handhabbar… (http://www.heute.de/us-praesident-trump-unterzeichnet-dekret-zur-lockerung-der-banken-regulierungen-46478644.html externer Link)

Wie schließt die FAZ ihren Bericht: Es kann einem jetzt – wieder – Angst und Bange werden. Und eine andere Sicht:

Muss einem jetzt mit Trump wirklich „Angst und Bange werden? – Oder die Wallstreet hatte die Politik auch beim Dodd-Frank-Act im Griff –

Dazu wird es angebracht sein, einen Blick auf die bisherige Regulierung des Dodd-Frank-Act zu werfen: Ulrike Herrmann zitiert (siehe (https://www.taz.de/Trump-entschaerft-Bankenregelungen/!5377712/ externer Link) dazu die Politik-Professorin Sharyn O`Halloran aus New York: „Das System des Dodd-Frank-Act wurde bewußt so gestaltet, dass es – im Gesetzgebungsverfahren auf Druck der Finanzindustrie – mit den „tausend“ zersplitterten Kontrollorganen einfach nur ineffektiv ist.“

Sharyn O`Halloran hatte dies mit Kollegen in einer umfassenden Analyse herausgefunden: (http://www.rsfjournal.org/doi/pdf/10.7758/RSF.2016.2.7.06 externer Link) Auf sie hatte Ulrike Herrmann auch schon in der Monde Diplomatique bei der Bewertung des Dodd-Frank-Act 2012 Bezug genommen (https://monde-diplomatique.de/artikel/!532676 externer Link). Und schon 2012 kam Ulrike Herrmann dabei zu dem Ergebnis, dass dieser Dodd-Frank-Act (er wurde 2010 von Obama unterschrieben) durch die Finanzlobby ein solches Mammutgesetz wurde, dass es einfach so undurchsichtig wurde, dass eine funktionierende Aufsicht unmöglich wurde. Ihr Fazit war: Die Wall Street hatte sich auf der ganzen Linie – gegen eine wirksame Regulierung durch die Regierung in Washington – durchgesetzt.

Ulrike Herrmanns Fazit ist daher auch heute bei der „Entfesselung“ durch Trump: An der Praxis der US-Banken wird sich wenig ändern. Die Lobbyisten der Finanzindustrie hatten schon bis jetzt dafür gesorgt, dass der Dodd-Frank-Act nur sehr eingeschränkt wirkt. Trump erledigt jetzt nur den Rest – ohne dass sich in der Praxis der Finanzindustrie viel ändern wird. (https://www.taz.de/Trump-entschaerft-Bankenregelungen/!5377712/ externer Link)

Sozusagen die Finanzindustrie hatte Washington schon bisher – nach der Finanzkrise 2008 ff. unter Obama – im Griff, das dürfte jetzt nur noch offener – sozusagen „nackt“ – zutage treten. Dank der Analysen von Sharyn O`Halloran u.a. wissen wir auch das ziemlich genau. (https://muse.jhu.edu/article/644576 externer Link) Dem steht wohl nur scheinbar im Widerspruch, dass die Finanzmärkte in den USA mit dem Wahlsieg von Trump „jubeln“ (vgl. „und doch kein Zusammenbruch der Finanzmärkte…“ auf der Seite 4 oben bei https://www.labournet.de/?p=110444) Nur so genau hat sich das bei uns anscheinend nur wieder keine/keiner angesehen – und schon gar nicht für Europa und seine Bankenunion.

Dabei zeichnet sich gerade auch für Europa ein ähnliches „Spiel“ mit Scheinregulierungen ab. Bankenunion (http://www.axel-troost.de/article/7887.bail-in-statt-bail-out-bankenunion-ohne-biss.html externer Link) oder versprochenen Regulierungen – wie z.B. der Finanztransaktionssteuer – die aber nie kommen, weil auch hier alles die Finanzindustrie politisch im Griff hat. (Vgl. zur Begründung der Finanz-Transaktions-Steuer: http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/FK_FTT_Frankfurt_0408.pdf externer Link pdf und ihrem dann doch „grandiosen“ Verschwinden von der politischen Bühne wieder: http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/FTT_Diplo_12_14.pdf externer Link pdf)

„Unsere“ Aussicht auf Finanzkrisen, wie die 2008 ff. bleibt weiter virulent – und weiter keine Chance auf einen politischen Gesamt-Akt, wie ihn noch Franklin Roosevelt volbracht hat. (http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/New_Deal_Blaetter_08_14.pdf externer Link pdf) Am härtesten griff Roosevelt damals die Wall Street-Kultur an! Und sein erster Schritt wurde daher auch der „Glass-Steagall-Act“ zur Bändigung der Spekulation – aber eben in der letzten Weltwirtschaftskrise 1929 ff. -, der eine lange Zeit nicht nur der Prosperität, sondern auch der „Ruhe“ auf den Finanzmärkten einleitete.

Am Finanzmarktregime – politisch „gesteuert“ – ändert sich also kaum etwas mit Trump: Die gewaltigen, fortschreitenden Änderungen liegen weiter in einer ausufernden Ungleichheit, die wiederum zeigt, wie dieses Regime der Finanzindustrie weiter funktioniert: wachsende Ungleichheit mit einer radikalen Spaltung der Gesellschaft ohne Ende…

Die Trump-Wähler jagen der Illusion nach, dass der alte Traum vom sozielen Aufstieg – durch Trump – möglich gemacht werden soll. Catherine Hoffmann hatte auf die Studien hingewiesen, die zeigen, dass das unmöglich geworden ist. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/soziale-gerechtigkeit-die-illusion-vom-amerikanischen-traum-1.3350589?reduced=true externer Link)

Nur die wesentliche Ursache, dieser „Rentierskapitalismus“, der Banken darf dabei gar nicht mehr zum Thema werden – ganz zum Unterschied bei den ökonomischen Klassikern, wie Michael Hudson es uns zu erklären vermag. (Vgl. dazu den ersten Abschnitt „.. die Finanzindustrie hat sich die Staaten untertan gemacht. Warum der Rentierskapitalismus bei uns heute – im Gegensatz zu den ökonomischen Klassikern – kein Thema mehr ist?“ auf der Seite 2 oben bei https://www.labournet.de/?p=110444). Dringend wird daher eine neue politische Ökonomie gesucht, die endlich die Realitäten abzubilden vermag, die der Neoliberalismus einfach – blind gegenüber den Fakten – unter den Tisch gekehrt hatte.

Einer, der es wissen muss, der Ökonom Thomas Straubhaar,weil er die Neoliberalen, denen er selber lange anhang, hinter sich gelassen hat, erklärt deshalb, jetzt ist dringend eine neue politische Ökonomie gesucht, weil die entstandene Realität einfach nicht zu dieser alten Theorie passt. (Vgl. auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=110444) Und der zentrale Punkt dabei bleibt die gewaltige Ungleichheit, die es bei den Neoliberalen schon – theoretisch! – gar nicht geben darf. (Noch einmal Seite 2)

Und wie gerade mit dem Siegeszug des Neoliberalismus seit den 70-er / 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts (Stichwort „Ende von Bretton Woods“) die zunehmende Ungleichheit ein Problem werden konnte, hat gerade eine Studie (seit 1946) deutlich gemacht: Dies haben gerade die drei Forscher Thomas Piketty, Emmanuel Saez und Gabriel Zucman in ihrem Bericht „Distribunational Accounts: Methods and Estimates for the United States“ ausführlich und präzise ausgeführt. (http://gabriel-zucman.eu/files/PSZ2016.pdf externer Link pdf und hier noch eine kürzere Fassung auf englisch: http://equitablegrowth.org/research-analysis/economic-growth-in-the-united-states-a-tale-of-two-countries/ externer Link. Und hier noch eine – der wenigen – Kurzfassungen in Deutsch – außer dem Hinweis von Catherine Hoffmann in der „Süddeutschen“ (siehe am Eingang dieses Abschnittes): https://www.wsws.org/de/articles/2016/12/21/pers-d21.html externer Link) Zur Thematisierung dieses Auseinanderdriftens der deutschen Gesellschaft beachte Oliver Nachtwey „Abstiegsgesellschaft“ siehe auf der Seite 2 ganz unten bei https://www.labournet.de/?p=109520)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=111327
nach oben