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Ein neuer US-Präsident. Massenproteste weltweit. Was ist daran neu?

Resist Trump!Die größten Kundgebungen gegen den Amtsantritt eines Präsidenten der USA. So weit, so gut. Welche Proteste? Von jenen, die sich vor 8 Jahren gefreut haben, als Obama kam? Der Friedens-Nobelpreisträger mit Bomben in über 20 Ländern, und Weltrekordhalter in Abschiebungen… Nun also: Der „Womens march on Washington“ eine Riesenveranstaltung, die landesweit Millionen mobilisierte, die Clinton-Gewerkschaften auch dabei. Und: Freude bei der europäischen Rechten, Sorgen bei den neoliberalen Geschäftemachern. Klammheimliche Freude, wenn nicht übermäßig intelligente Freihandel-Fans nicht so recht wissen, was sie von dem allen halten sollen. Und Trump-Fans die, ganz AfD-Pegida „endlich wieder unsere Meinung sagen“ dürfen. Die da lautet: „Was unter uns ist, wird getreten und geschlagen, den Herren über uns wird in den Arsch gekrochen,  geschimpft wird auf ohnehin unbeliebte Politikaster und Lohnschreiber“ – alles beim Trump-Kabinett der gesetzesbrechenden Reichen exemplarisch durchgezogen, die man gut findet, während man MigrantInnen haßt.  Was der Wahlsieg Trumps und dieser aktuelle Protest bedeuten könnten, ist Gegenstand unserer aktuellen Materialsammlung „Wessen Präsidenten?“ vom 22. Januar 2017

Wessen Präsidenten ?

Proteste und Widerstandsaktionen gab es rund um die Amtsübernahme Trumps zuhauf, quer durchs Land. Hier sind einige Facetten des Protests

Anti-Trump-Farbanschlag auf eine Limo„Massive direkte Aktionen“ von Max Böhnel am 17. Januar 2017 in a&k externer Link ist eine kritische Bestandsaufnahme der Protestvorbereitung, in der es unter anderem zur Frauendemonstration heißt: „Für den folgenden Tag ist der inzwischen international bekannt gewordene Women’s March on Washington geplant. Laut Facebook haben 185.000 Menschen fest zugesagt. Es werden also insgesamt mehr als 200.000 Trump-Gegner_innen werden – womit die größte Protestdemonstration gegen einen frisch gekürten US-Präsidenten bevorsteht. Hollywoodgrößen wie Amy Schumer und Scarlett Johansson haben ihre Teilnahme angekündigt; große Mode- und Boulevardmagazine wie Vogue und People mobilisieren dafür. Das Ziel besteht laut Aufruf in einem Solidaritätsmarsch, der am ersten Amtstag der neuen Regierung deutlich machen soll, »dass Frauenrechte Menschenrechte sind«. Die Forderungen sind vage gehalten, der Name Trump kommt darin ebenso wenig vor wie die Begriffe Befreiung, Kapitalismus oder Autoritarismus. Stattdessen heißt es an einer Stelle: »Die Wahlkampfrhetorik hat viele von uns beleidigt, dämonisiert und bedroht – Immigrant_innen von jeglichem Status, Muslime und Anhänger_innen anderer Glaubensrichtungen, Menschen, die sich als LGBTQIA identifizieren, Native Americans, Schwarze und Braune Menschen, Menschen mit Behinderungen, Überlebende von sexuellen Angriffen. Und unsere Communities leiden und sind verängstigt. Wir stehen vor der Frage, wie es angesichts nationaler und internationaler Betroffenheit und Angst weitergehen soll.« Die Wortwahl zeigt dennoch, dass die Einordnung der Großdemonstration als Ausdruck eines »bürgerlichen Feminismus« fehl geht. Die Schirmherrschaft haben die feministische Ikone Gloria Steinem und der linke Entertainer und Bürgerrechtler Harry Belafonte übernommen; beide sind mehr als 80 Jahre alt. Die Demonstration ist der erste groß angelegte Versuch, das Konzept »intersectionality« auf die Straße zu tragen

Besonderer Gruß an Trump am 20.1.2017„Frauen der Welt gegen Trump“ am 21. Januar 2017 in der taz externer Link ist eine afp Meldung über die Frauen-Demonstration in aller Welt, aber eben insbesondere über die Demonstration von rund einer halben Million Menschen in Washington, gegen die Amtseinführung, worin es unter anderem heißt: „Der Marsch in Washington war das Zentrum der weltweiten Protestaktion mit mehr als 600 „Schwestermärschen“ im In- und Ausland. Den Auftakt hatten Australien und Neuseeland gemacht. In London nahmen den Organisatoren zufolge 100.000 Menschen teil. In Berlin kamen einige hundert Demonstranten vor der US-Botschaft zusammen. Auch in Paris, Prag, Amsterdam und vielen anderen europäischen Städten gingen Trump-Gegner auf die Straße. Demonstriert wurde auch in Buenos Aires und im südafrikanischen Durban. Seit Jahrzehnten hat kein US-Präsident derart polarisiert wie der rechtspopulistische Immobilienmilliardär Trump. Am Rande der Amtseinführung hatte es in Washington am Freitag gewaltsame Proteste und mehr als 200 Festnahmen gegeben

„Workers no-show Port of Oakland to protest President Trump“ am 20. Januar 2017 bei den United Electricians externer Link ist ein kurzer Bericht darüber, wie die mit der unabhängigen Elektrikergewerkschaft verbundene Dockergewerkschaft der Westküste, die ILWU diesen Tag beging: Mit einem mehrstündigen Proteststreik, der den Hafen von Oakland schloss. Unter dem Motto „Trump ist nicht die Lösung – er ist das Problem“ hatten Hafenarbeiteraktivisten selbstständig zum Streik mobilisiert

„ILWU 10 Members Speak Out On Trump, Capitalism & The Need For A Workers Party“ von Laborvideo am 20. Januar 2017 bei You Tube externer Link ist ein Video mit den Aussagen streikender Hafenarbeiter der ILWU über Trump – über Kapitalismus und Arbeiterpartei

„Teachers Protest Trump, DeVos in 200 Districts“ von Samantha Winslow am 19. Januar 2017 bei den Labornotes externer Link ist ein erster Bericht über die Aktionskampagne zweier Gewerkschaften an den Schulen gegen Trump und seine Kultusministerin, die Milliardärin Devos und deren geplanten Kürzungen für öffentliche Schulen. Dabei kommen Lehrerinnen und Lehrer aus verschiedensten Bundesstaaten zu Wort, die sich für „Schulen, wie sie unsere Kinder verdienen“ aussprechen und gegen die 20 Milliarden Schenkung des Herrn Trump (aus Steuergeldern, versteht sich) an private Schulfirmen

„Workers Strike to Protest Trump: “There Is Power in Our Unity”“ von Hubert Adjei-Kontoh am 20. Janaur 2017 bei In These Times externer Link ist ein Streikbericht von der Northeastern University, wo Unite Here dafür am Tag des Amtsantriits erfolgreich organisiert hat und von der United Auto Workers (UAW) Local 2865, die Studierende der  University of California organisiert, die ebenfalls ihre LektorInnen- und sonstige Tätigkeiten an diesem Tag einstellten

„’The Resistance Starts Now‘: Harsh Crackdown on Anti-Trump Protesters in DC“ von Deirdre Fulton am 20.Januar 2017 bei Common Dreams externer Link ist ein erster Bericht über die Proteste in Washington – und die brutale Reaktion der aufmarschierten Polizeitruppen

Und schon am Wochenende danach begann die Debatte um:

Wohin geht welche Bewegung?

Die grösste Demonstration in der Geschichte Alaskas am 20.1.2017 gegen Trump„Women’s March on Washington – The Women’s Movement We Need“ von Tatiana Cozzarelli am 21. Januar 2017 bei The Bullet externer Link ist einer der vielen Diskussionsbeiträge über die weitere Entwicklung der –frauenbewegung in den USA nach dem massiven Mobilisierungserfolg an diesem Tag – wobei die Autorin vor allem auf Distanz zur Demokratischen Partei abhebt, als das Nötigste, um weitere Erfolge zu erringen

„Without a path from protest to power, the Women’s March will end up like Occupy“ von Micah White am 20. Januar 2017 im ZNet externer Link ist ebenfalls ein Diskussionsbeitrag zur Entwicklung des Frauenprotests, der den Niedergang der Occupy-Bewegung als Kontrast nimmt, um zu unterstreichen, dass es darum gehe, Macht anzustreben

„Anti-Trump Protests Will Fail If Tied To Democratic Party“ von John Stauber am 22. Januar 2017 bei Popular resistance externer Link dokumentiert ist ein Beitrag, der diese Distanzierung zur Demokratischen Partei für jegliche Oppositionsbewegung gegen die Trump-Regierung zur Voraussetzung ihres Erfolges macht, auch für Gewerkschaften und Anti-Rassismus Bewegungen

„Throw Sand in the Gears of Everything“ von Frances Fox Piven am 21. Januar 2017 im ZNet externer Link ist faktisch ein Aufruf – verfasst vor einer knappen Skizze historisch erfolgreicher (und erfolgloser) Bewegungen in den USA – „überall Sand ins Getriebe“ zu werfen, also den umfassenden Alltagswiderstand zu organisieren

„Economic Update: Organizing for Social Change“ am 20. Januar 2017 bei Truth Out externer Link Audio Datei ist ein Radiobeitrag des bekannten kritischen Ökonomen, der nochmals die wirtschaftliche Entwicklung in den USA der letzten Jahre zusammenfasst, die neue Regierung charakterisiert – und ihre Pläne und bisherigen Bekundungen nachrechnet – als eine Art Materialsammlung für jeden Widerstand

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=110456
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