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Woran sollen sich die streikenden Lehrerinnen und Lehrer der USA im November 2018 erinnern?

Beim Lehrerstreik in Westvirginia im Februar 2018 gibt es starke Unterstützung durch SchülerZuletzt zum Beispiel in Arizona. Dort streikten die Lehrer vom 26. April bis zum 3. Mai – ein kurzer, heftiger Protest, mit dem sie sich eine Gehaltserhöhung um 20 Prozent in den kommenden drei Jahren erkämpften. Zuvor hatten ihre Kollegen in anderen Bundesstaaten ähnliche Siege errungen, wenn auch nicht ganz so spektakuläre. In Oklahoma bekamen die Lehrer nach einem Streik einen Lohnaufschlag von 6000 Dollar pro Jahr. In West Virginia erstritten sie sich eine Gehaltserhöhung um fünf Prozent. In Kentucky erhöhte das Parlament den Bildungshaushalt deutlich, nachdem die Lehrer gestreikt hatten, und hob dafür sogar die Steuern an. In Colorado schließlich streiken die Lehrer derzeit für mehr Geld. Gemessen an den Erfolgen ihrer Kollegen, stehen ihre Chancen gut. (…) Es ist kein Zufall, dass die Streiks vor allem in sogenannten roten Bundesstaaten stattfinden, in konservativen Staaten also, die von den Republikanern regiert werden. Sie haben in den vergangenen Jahren die Ausgaben für die öffentliche Bildung zum Teil drastisch zusammengekürzt – so massiv, dass in einigen Schulbezirken das Geld nur noch für vier Tage Unterricht pro Woche reichte anstatt für fünf. (…) Den mehr als drei Millionen Lehrern in den Vereinigten Staaten einen finanziellen Grund zu geben, bei der Kongresswahl für die Demokraten zu stimmen, wäre aus Sicht der Republikaner daher schlicht dumm. „We remember in November“, lautete einer der Slogans der Lehrer, die im Parlament von Kentucky für höhere Bildungsausgaben demonstrierten: Wir erinnern uns im November daran, wie ihr abgestimmt habt. Zudem betrifft jeder Lehrerstreik auch Eltern und Großeltern, die ebenfalls wählen gehen. Und die Forderung nach mehr Geld für öffentliche Bildung genießt in der Bevölkerung Umfragen zufolge durchaus Rückhalt. Selbst sehr konservative Eltern machen sich Gedanken, wenn an ihrer Schule aus Geldmangel nicht nur der Französischunterricht gestrichen wird, sondern auch das Football-Programm“ – aus dem Artikel „Die Lehrer proben den Aufstand“ von Hubert Wetzel am 07. Mai 2018 in der Süddeutschen Zeitung externer Link, worin darüber hinweg gegangen wird, dass die Orientierung auf die Wahl im November weniger von den oftmals selbstorganisierten Streikenden ausgegeben wird, sondern zumeist von den der Demokratischen Partei nahe stehenden Gewerkschaften – die dabei wiederum darüber hinweg sehen, dass auch in von dieser Partei regierten Bundesstaaten gekürzt wurde… Siehe zu der Streikwelle an den Schulen der USA drei weitere aktuelle Beiträge, sowie zwei Beiträge zu Entwicklungen in- und außerhalb der Gewerkschaften:

  • „Lehrer in Arizona lehnen Abbruch des Streiks durch Gewerkschaften ab“ von David Moore und Adam McLean am 04. Mai 2018 bei wsws externer Link berichtet über die Debatten zum Streikende in Arizona: „Am Mittwoch demonstrierten fast 20.000 streikende Lehrer in Arizona den fünften Tag in Folge vor dem Kapitol (Regierungsgebäude) des Bundesstaats, obwohl die Gewerkschaft versucht hat, den Arbeitskampf zu beenden. Die große Mehrheit der Lehrer sprach sich gegen den Finanzierungsplan von Gouverneur Doug Ducey für die Schulen aus. Nach den Kürzungen des Bildungsetats der letzten zehn Jahre um 1,1 Milliarden Dollar sieht Duceys Plan vor, ihn über einen Zeitraum von fünf Jahren um kaum ein Drittel dieser Summe zu erhöhen. Während die Gewerkschaften versuchen, den Streik schnellstmöglich zu beenden, betonte ein Lehrer nach dem anderen: „Es ist noch nicht vorbei.“ Am Dienstag veranstalteten die Arizona Education Association (AEA) und ihre Hilfsorganisation, die Arizona Educators United (AEU), eine gemeinsame Pressekonferenz. Beide Organisationen bezeichneten den Haushaltsplan als großen Schritt nach vorn und versprachen, die Lehrer würden am Donnerstag an die Arbeit zurückkehren, wenn die Legislative den Haushaltsplan bewillige. (…)Angesichts der großen Beteiligung und des massiven Widerstands der Lehrer bemühten sich AEA und AEU, ihre Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen und den Streik auf andere Weise zu beenden. Am Mittwochmorgen veröffentlichte die Führung der AEU ein Video, in dem sie versuchte, sich von dem Haushaltsplan zu distanzieren, und betonte, mehr lasse sich nicht herausholen. Der Chef von AEU erklärte seinen völligen Bankrott und verkündete: „Das Parlament hat seine Entscheidung bereits gefällt, so sieht die Realität aus. Sie weigern sich, auf uns und die Bedürfnisse unserer Schüler zu hören; sie hören uns nicht zu.“ Die AEU-Führung rief die Lehrer auf, ihre „Solidarität“ zu wahren und an die Arbeit zurückzukehren, sobald das Parlament dem Haushaltplan zugestimmt habe“.
  • „The Outcome in Arizona“ am 05. Mai 2018 im Jacobin  Magazin externer Link ist ein Gespräch von Eric Blanc mit Rebecca Garelli, Noah Karvelis und Dylan Wegela – drei jener Aktivgruppe, die über eine eigene Facebook-Seite wesentlich zur Mobilisierung der Lehrerinnen und Lehrer beitrugen – jedenfalls weitaus mehr, als es den beiden Gewerkschaftsvorständen recht war. Sie sprechen darüber über ihre Sicht der Ergebnisse des Streiks, die sie ausgesprochen differenziert bewerten und verschiedentlich darauf verweisen, dass es sehr viele KollegInnen gebe, die für eine Fortsetzung des Streiks eingetreten seien.
  • „Amerikanische Lehrkräfte trotzen den Gewerkschaften und kämpfen weiter“ von Jerry White am 09. Mai 2018 bei wsws externer Link über die Folgerungen in anderen Bundesstaaten nach der Verkündung des Streikendes in Arizona: „Ebenfalls am Montag gingen 900 Lehrer in Pueblo auf die Straße, um Gehaltserhöhungen zu fordern. Die Lehrkräfte arbeiten seit mehr als einem Jahr ohne Vertrag. Vor knapp zwei Wochen hatten sich bereits Tausende von Lehrern demonstrativ krankgemeldet. Ort des Geschehens ist der Bundesstaat Colorado, der von der Demokratischen Partei regiert wird. In der Hauptstadt Denver protestierten Lehrer für bessere Löhne und Renten sowie für eine auskömmliche Finanzierung der Schulen nach einem Jahrzehnt von Kürzungen und Sparmaßnahmen. Für den 15. Mai haben 30.000 Schulbusfahrer, Erzieher, Sozialpädagogen, Kantinenarbeiter und andere Mitarbeiter des Los Angeles Unified School District einen eintägigen Streik im zweitgrößten Schulbezirk der Vereinigten Staaten angekündigt. Tausende von Lehrern in ganz North Carolina werden voraussichtlich am 16. Mai in der Hauptstadt Raleigh demonstrieren, während das Parlament tagt. Lehrer im benachbarten Bundesstaat South Carolina haben zu einer Demonstration am 19. Mai in der Hauptstadt Columbia aufgerufen, um gegen niedrige Löhne, große Klassen, zu viele Prüfungen und fehlende Vorbereitungszeit zu protestieren“.
  • „Streiken für Bildung“ von Stephan Kimmerle am 09. Mai 2018 in der jungen welt externer Link zum Verhältnis selbstorganisierter Gruppen und Gewerkschaften: „Während die Streiks an den Universitäten eher traditionell durch die Gewerkschaften organisiert verlaufen, folgen die Lehrerstreiks einem neuen Muster. Auch die Lehrer in West Virginia und Kentucky hatten neue Formen der Vernetzung über soziale Medien genutzt. »Wir sind keine Gewerkschaftsopposition«, erläutert Garelli. Man habe aktuell gut zusammengearbeitet mit der Gewerkschaft, der Arizona Education Association, in der sie selbst Mitglied ist. Aber, »die hätten das ohne uns nicht machen können«. Die Lehrer hätten in den letzten Jahrzehnten das Vertrauen in die Gewerkschaft verloren: »Die Leute fragen sich, was haben die getan?« Nach dem Ende der Ausstände wird jetzt diskutiert, was das für die Zukunft der Bewegung heiße, berichtet Garelli: »Einige wollen unsere Basisvernetzung einfach mit der Gewerkschaft vereinigen. Aber ich will unser ganzes Netzwerk nicht einfach aushändigen. Andere wollen, dass wir die Rolle von Aufsehern über die Gewerkschaft spielen. Wieder andere wollen eher eine organisierte Gruppe in der Gewerkschaft werden«, so Garelli“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=131865
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