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Massenprotest in Budapest: Gegen Orbans nazionale Linie im Bildungswesen. Aber er hat ja noch die Mehrheit – und die Telekom

Die Demonstration zum Erhalt der CEU in Budapest am 9.4.2017Ob es nun 80.000 oder gar 100.000 Menschen waren, die am Sonntag, 09. April 2017 in Budapest gegen das neue Bildungsgesetz demonstriert haben, mit dem – unter anderem, bei weitem nicht nur – der privaten (Soros) Zentraleuropäischen Universität (CEU) ein Ende bereitet werden soll, ist unerheblich: Tatsache ist, dass es zumindest seit langer Zeit die mit Abstand größte Demonstration gegen Orban und seine Riege war. Die sich dann auch nicht entblödete in ein Horn zu stoßen, das leider keineswegs nur bei der politischen Rechten oft gespielt wird – das seien alles mit „ausländischem Geld herbei gekarrte“ geiferte einer ihrer etwas weniger klugen Lautsprecher. (Was wirklich schlechte Aussichten für Fidesz nationales Projekt eröffnet: Wenn im kleinen Ungarn schon 1% der Bevölkerung bezahlte ausländische Agenten sind…) Dabei geht es beileibe nicht nur um die CEU, sondern um den wachsenden Widerstand gegen eine Bildungspolitik, die nicht nur vieles in Schutt und Asche legt (siehe den Verweis auf frühere Proteste etwa der Gewerkschaften im Bildungswesen am Ende des Beitrags) sondern auch dezidiert nationalistische Inhalte verbreitet sehen  will. Die plumpen Hasstiraden gegen die Proteste wurden auch auf Webseiten betrieben, die lange als kritisch galten – weil sie beispielsweise von der Telekom an „Medienunternehmer“ verkauft wurden, die der Regierung „nahe stehen“. Siehe dazu zwei aktuelle Beiträge, einen Aufruf gegen eine weitere Schließung (Lukacs-Archiv) und die Seite des Protestes am Sonntag:

  • „Schrei nach Freiheit: Zigtausende demonstrieren in Ungarn gegen Orbáns Politik“ am 10. April 2017 im Pester Lloyd externer Link ist ein ausführlicher (bebilderter) Demonstrationsbericht, in dem unter anderem hervor gehoben wird: „Zigtausende Menschen gegen Orbáns Versuch, der Zivilgesellschaft den Hals umzudrehen. So viele sah man zuletzt 2011 als Fidesz das Internet zur nationalen Angelegenheit machen, besteuern und kontrollieren wollte. Orbán zog in Panik zurück. Diktatoren haben Angst vor dem Volk – und sie wissen auch warum“  – und weiter auch zu den ersten Reaktionen der Regierungsseite  „Während 80.000 Gesicht zeigten, gegen eine weitere Machtanmaßung des Potentaten Orbán, gegen die Beschneidung der Freiheit der Bildung, die man Orbán als Angriff auf die Zukunft, auf die ganz individuelle Freiheit übel nimmt und nicht durchgehen lassen will, zeigten die Träger des Systems ihre Fratzen, deutlicher als sonst. Das Staatsfernsehen beklagte „Eingriffe in den Straßenverkehr“. Ein Fidesz-Polterer, derselbe Szilárd Németh, der vorschlug, NGOs „auszuradieren“, hechelte in ein Staatsmikrophon, dass doch alle von „Soros`Agenturen angeheuert, bezahlt und nach Budapest“ gekarrt wurden. Das Portal Origo.hu, einst orbánkritisch, dann – auf Anweisung eines Ministers – von der (Deutschen) Telekom an Fidesz-Propagandisten verkauft, publizierte eine Schnellstudie des (Geld- und Gehirnwäsche)-Institutes Nézöpont, wonach es „erwiesen“ sei, dass „internationale Kräfte eine gefährliche Allianz gegen die Regierung“ schmiedeten
  • „Quilting Point: why leftists should defend the Central European University“ von Justus Links am 03. April 2017 bei LeftEast externer Link ist ein Diskussionsbeitrag, der argumentiert, man dürfe sich nicht von der Debatte um eine „Soros-Universität“ täuschen lassen, die CEU stehe eben, auch durch die Vielzahl der praktischen politischen Initiativen (etwa gegen die rassistische Migrationspolitik von Orban und seiner Bande) für ein oppositionelles Konzept von Arbeit im Bildungsbereich, dass in keiner Weise in die Konzeption des faschistoiden Ethno-Staates dieser Truppe passt, und das habe gar nichts mehr mit irgendwelchen Absichten des Herrn Soros zu tun
  • I stand with CEUexterner Link (Facebook) ist die Vernetzungsseite des Protestes gegen die CEU-Schließung aus deren Lektüre auch schnell deutlich wird, dass die da aktiven Menschen keineswegs Soros Fans sind – aber schon gar nicht Orban Fanatiker, aber eben vor allem ein völkisches Bildungswesen ablehnen und bekämpfen wollen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=114793
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