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Monatelanger Protest im tunesischen Süden auch durch Militäreinsatz nicht zu stoppen

Die Jugendporteste im Süden Tunesiens haben sich nach dem Tod eines Demonstranten radikalisiert - hier am 24.5.2017Alles begann am 23. April, als 1.200 Demonstranten aus dem südtunesischen Gouvernement Tataouine einen Sitzstreik auf den größten Ölfeldern Tunesiens in der Sahara veranstalteten. Der Funke des zivilen Ungehorsams sprang auf die Stadt Tataouine über, wo Männer, Frauen und arbeitslose junge Leute die Demonstranten in der 120 Kilometer weiter südlich gelegenen Region El Kamour unterstützten. Die Region grenzt an ein Militärgebiet und ist Standort internationaler Öl- und Gasunternehmen. So sind dort u. a. die österreichische OMV und das kanadische Unternehmen Winstar vertreten“ – so beginnt der Beitrag „Tunesiens Rebellion der Entrechteten“ von Houda Mzioudet am 19. Mai 2017 bei Qantara externer Link, worin zur Kursänderung der Regierung noch hervor gehoben wird: „Unter anderem sollten 350 Arbeitsplätze bei den Ölgesellschaften geschaffen und der Gouverneur von Tataouine abgelöst werden. Das Angebot wurde abgelehnt. Präsident Beji Caid Essebsi trat daraufhin am 10. Mai vor die Fernsehkameras und kündigte den Einsatz von Militärkräften zum Schutz der Ölfelder an, während er gleichzeitig das verfassungsmäßige Recht der Demonstranten auf Protest anerkannte.  Der plötzliche Umschwung der Regierung von einer „Beschwichtigungspolitik gegenüber den Demonstranten“ durch unzureichende Angebote hin zu einer „offenen Eskalation“ des Konflikts löste unter den Tunesiern landesweit Schockwellen aus“. Siehe dazu vier  weitere aktuelle Beiträge – über die Drohungen des Kriegsministeriums und Stellungnahmen und Einschätzungen von Gewerkschaften und Linken:

  • „Le sud tunisien en ébullition“ von Fathi Chamkhi und  Dominique Lerouge ursprünglich am 21. Mai 2017 bei Europe Solidaire externer Link – der Beitrag wurde am 24. Mai, nach dem Tod eines Demonstranten durch ein Polizeifahrzeug aktualisiert – ist ein Beitrag, der neben einer Chronologie der Ereignisse im Bezirk Tatouine auch die politischen Einschätzungen der Linken zu dieser Entwicklung berichtet: Dabei werden insbesondere der auch bei dieser Auseinandersetzung sichtbare „Wille zur Selbstorganisation“ hervor gehoben, als auch die Forderung nach Verstaatlichung der natürlichen Ressourcen, wie sie von verschiedenen Seiten erhoben wird, verteidigt.
  • „Solidarité avec les manifestations pour l’emploi et le développement en Tunisie !“ am 26. Mai 2017 beim Gewerkschaftsbund SUD Solidaires externer Link ist die Solidaritätserklärung des alternativen französischen Gewerkschaftsverbandes mit den Protesten in Südtunesien, in der vor allem darauf verwiesen wird, dass die tunesische Regierung nun dazu übergegangen sei, dieselben Methoden der Repression anzuwenden, wie das gestürzte Ben Ali – Regime, was insofern keine Überraschung sei, als die Regierung aus einem Bündnis früherer Ali-Leute mit Islamisten bestehe. SUD Solidaires unterstützt auch die Forderung nach Verstaatlichung der natürlichen Ressourcen, was in den 61 Jahren seit der errungenen Unabhängigkeit Tunesiens Grundlage für eine andere Entwicklung gewesen wäre.
  • „Tunisie : soutien du Front populaire aux luttes dans le sud tunisien“ am 25. Mai 2017 bei Europe Solidaire externer Link ist einerseits eine ausführliche Materialzusammenstellung aus unterschiedlichen Quellen über die Ereignisse in und um Tatouine – und gleichzeitig eine Dokumentation von Aussagen und Bericht über Aktivitäten der Front Populaire in Tunesien, die eine ganze Reihe konkreter Forderungen aus der Region aufgenommen hat und verbreitet, wobei sie sich insbesondere gegen den Einsatz von Repressionskräften durch die Regierung wendet, die die Eskalation bis hin zum Tod eines Demonstranten zu verantworten habe.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=116848
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