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Wer Erdogans schmutzige Geschäfte aufdeckt, soll für 25 Jahre ins Gefängnis

Nicht nur CHP mobilisierte zu den Demos gegen Verurteilung wg Spionage des Abgeordneten der CHP 14.6.2017Der Druck auf die größte türkische Oppositionspartei CHP nimmt zu. Nachdem im vergangenen Monat die Immunität mehrerer Abgeordneter aufgehoben worden war, wurde am Mittwoch der CHP-Abgeordnete Enis Berberoglu von einem Istanbuler Gericht zu 25 Jahren Haft verurteilt. Er war wegen Geheimnisverrat angeklagt. Er soll der Tageszeitung Cumhuriyet im Jahr 2014 Informationen zugespielt haben, die zur Aufdeckung von Waffentransporten des türkischen Geheimdienstes MIT an Extremisten in Syrien führten. In der selben Angelegenheit wurde auch der ehemalige Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar angeklagt, dem nach mehreren Monaten Haft im Frühjahr 2016 die Flucht nach Deutschland geglückt ist. Heute leitet er in Berlin die Redaktion des Exil-Mediums Özgürüz. Mehrere Mitarbeiter der Cumhuriyet befinden sich in Haft. CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu reagierte scharf auf das Urteil. Es sei nicht akzeptabel, dass „in unserem Land Journalisten und Abgeordnete in Haft“ seien, sagte er. Derzeit sind 169 Journalisten und 13 Abgeordnete im Gefängnis – die meisten gehören der oppositionellen HDP an. Kilicdaroglu rief die Opposition zu einem Protestmarsch von Ankara nach Istanbul auf, der in den frühen Morgenstunden des Donnerstag begann. „Genug ist genug“, kommentierte Kilicdaroglu. „Wir wollen nicht in einem Land leben, in dem es keine Gerechtigkeit mehr gibt“, zitiert ihn die Hürriyet. Im Laufe des Tages schlossen sich tausende Menschen dem Marsch an, der 24 Tage dauern und vor dem Istanbuler Gefängnis enden soll, in dem Berberoglu einsitzt“ – aus dem Beitrag „“Gerechtigkeit“: Türkische Opposition beginnt Protestmarsch“ von Gerrit Wustmann am 15. Juni 2017 bei telepolis externer Link, ein Bericht, der deutlich macht, dass es im Sultanat keinen Platz für Opposition geben soll – schon gar nicht, wenn schmutzige Geschäfte des Oberbosses aus Tapet kämen. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge:

  • „Erdogans Exempel“ von Roland Etzel am 16. Juni 2017 in neues deutschland externer Link ist ein knappes Porträt des verurteilten CHP Abgeordneten, das so beginnt: „25 Jahre Gefängnis für geheime Waffenlieferungen in beträchtlichem Ausmaß aus der Türkei an illegale syrische Milizen – selbst das wäre eine harte Strafe gewesen. Aber weit gefehlt. Bestraft wurde am Mittwoch von einem Istanbuler Gericht nicht der Lieferant und schon gar nicht die Mordbanden in Syrien, sondern der Mann, der den Skandal an die Öffentlichkeit brachte: Enis Berberoğlu, Parlamentsabgeordneter der Republikanischen Volkspartei (CHP), der größten Oppositionskraft im Lande“.
  • „Adalet isteyenler sokaklarda: İl il eylem çağrıları“ am 15. Juni 2017 bei Sendika.org externer Link ist ein Aufruf zu den Demonstrationen an verschiedenen Orten der Türkei, die unter der Losung „Adalet‘“ – Gerechtigkeit – keineswegs nur von der CHP einberufen wurden (über die, vorsichtig gesagt, fragwürdige Rolle der CHP in der Opposition gegen das Erdogan-Regime hat Sendika verschiedentlich und ausführlich publiziert), denn es geht bei diesem Widerstand ja um ganz grundlegende Rechte, die Erdogans Regime ebenso geschleift sehen will, wie schon andere zuvor.
  • „Von Ankara bis Istanbul“ von Jürgen Gottschlich am 15. Juni 2017 in der taz externer Link, worin es einleitend heißt: „Nun trägt auch die CHP, größte Oppositionspartei der Türkei, ihren Protest auf die Straße – zum ersten Mal, seitdem Präsident Recep Tayyip Erdoğan das Land immer mehr in ein autoritäres Einparteiensystem verwandelt. Mit einem Marsch von der Hauptstadt Ankara bis in die 450 Kilometer entfernte Metropole Istanbul will der Chef der säkular-kemalistischen Partei, Kemal Kılıçdaroğlu, gegen die Politik der Regierung protestieren. „Wir wollen Gerechtigkeit und eine unabhängige Justiz“, sagte er zum Auftakt der Aktion am Donnerstagvormittag in Ankara. „Die ganze Welt soll sehen, dass wir mit der in der Türkei herrschenden Diktatur eines Mannes nicht einverstanden sind.“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=117544
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