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Berliner Polizei nimmt aktiv am Wahlkampf in der Türkei teil: Büros von Civaka Azad durchsucht, Material beschlagnahmt

Dossier

Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit: Civaka AzadIn den frühen Morgenstunden wurden das Demokratische Gesellschaftszentrum der Kurd*innen, NAV-DEM Berlin, sowie das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., Civaka Azad, in der Residenzstraße in Berlin von der Polizei durchsucht. Zeitgleich wurden auch die Privatwohnungen von mindestens fünf Personen durchsucht, die Vorstandsmitglieder von NAV-DEM Berlin sind. Bei den Durchsuchungen bei NAV-DEM Berlin wurde ein Computer und aus dem Civaka-Azad-Büro zwei Computer sowie Speichermedien beschlagnahmt. Der Grund der Durchsuchungen soll eine nicht stattgefundene Veranstaltung zur Situation in Efrîn gewesen sein. Die Solidaritätsveranstaltung war für den 3. Dezember 2017 geplant und wurde zwei Tage vorher von der Berliner Polizei mit der Begründung verboten, das sie „gegen das Vereinsgesetz verstoßen“ würde“ – so die Meldung „Razzien bei Civaka Azad und NAV-DEM Berlin“ am 13. Juni 2018 bei der ANF externer Link – in der auch Bilder vermummter Gestalten und zerschlagener Türen dokumentiert werden… Zur erneuten Aktion vermummter Wahlhelfer Erdogans weitere aktuelle Beiträge:

  • Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit: Verfassungsgerichtshof Berlin gibt Klage von Civaka Azad statt New
    „Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat der Verfassungsbeschwerde unseres Vereins in Bezug auf die Durchsuchung unserer Räumlichkeiten am 13. Juni 2018 recht gegeben. Demnach wurde mit der erfolgten Durchsuchung das Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Wohnraums (Art. 28. Abs. 2 VvB) verletzt. Der Verfassungsgerichtshof Berlin verweist mit dem Urteil die Angelegenheit zurück an das Landgericht Berlin. Als Civaka Azad e.V. haben wir gegen die Durchsuchung unserer Räumlichkeiten, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen vier Verantwortliche des kurdischen Kulturvereins NAV-DEM Berlin e.V., geklagt. Obwohl sich der Durchsuchungsbefehl auf die Räumlichkeiten des benachbarten Kulturvereins richtete, durchsuchten Polizeikräfte am 13. Juni 2018 auch unsere Büros und beschlagnahmten dabei unsere gesamte technische Infrastruktur. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs stellt nun fest, dass diese Durchsuchung unrechtmäßig war. Mako Qocgirî, Mitarbeiter von Civaka Azad e.V., erklärt zum Urteil des Verfassungsgerichtshofs Berlin: „Auch wenn dieses Urteil spät getroffen wurde, ist es für uns von großer Bedeutung. Denn es zeigt auf, dass aufgrund des PKK-Verbots grundlegende Grundrechte kurdischer Vereine und Aktivist*innen durch die Sicherheitsbehörden mit Füßen getreten werden. Wir als Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit stehen mit verschiedensten Journalist*innen, Politiker*innen und zivilgesellschaftlichen Strukturen im ständigen Austausch. Wir versuchen die hiesige Gesellschaft über die Ereignisse in Kurdistan zu informieren und Dialogkanäle zwischen kurdischen und deutschen politischen Akteuren aufzubauen. Und dennoch werden auch wir und unsere Arbeiten unter einem Generalverdacht gestellt und der Kriminalisierung durch die Sicherheitsbehörden ausgesetzt. Mit dem Urteil wird deutlich, dass mit den Maßnahmen der Sicherheitsbehörden unsere Grundrechte verletzt wurden. Wir sind davon überzeugt, dass dies kein Einzelfall ist. Um die Kriminalisierung der kurdischen Bevölkerung und die Verletzung ihrer Grundrechte zu unterbinden, muss deshalb dringend das PKK-Verbot aufgehoben werden.“ Pressemitteilung vom 28. Februar 2022 von und bei Civaka Azad externer Link
  • „Schlag gegen Pressefreiheit: Skandalöse Entwicklungen im Falle rechtswidriger Hausdurchsuchung bei Kurdischem Informationsbüro“ am 30. Oktober 2018 bei Civaka Azad externer Link ist eine Pressemitteilung, in der über das „Wirken“ des (einschlägig bekannten) Berliner LKA berichtet wird: „Seit Beginn dieses Jahres kommt es bundesweit verstärkt zu Repressionen gegen kurdische Institutionen und demokratische Kreise, die sich mit diesen solidarisch zeigen. Die deutlich verstärkte Repression gegen kurdische und deutsche Einrichtungen und Personen ist ein Ergebnis der Abmachungen, die in den letzten Monaten zwischen der türkischen und deutschen Regierung getroffen wurden. Der Erdogan-Besuch Ende September in Berlin machte die demokratieschädliche Politik der Bundesregierung und ihre Zusammenarbeit mit dem diktatorischen Regime in der Türkei noch einmal deutlich. Am Mittwochmorgen, dem 13. Juni 2018, fanden großangelegte Durchsuchungen bei kurdischen Aktivisten und in kurdischen Vereinsräumlichkeiten in Berlin statt. Betroffen hiervon waren auch die Räumlichkeiten unseres Öffentlichkeitsbüros – Civaka Azad. Unsere Büroräumlichkeiten wurden hierbei ohne richterlichen Beschluss durchsucht. Auch die Beschlagnahmung unserer beiden PCs und Datenträger fand ohne richterliche Anordnung statt. Die Durchsuchung war in diesem Sinne rechtswidrig und somit ein direkter Angriff auf die Meinungs- und Informationsfreiheit. Auffällig war auch das rücksichtslose Vorgehen der Einsatzkräfte, die die Eingangstür unseres Büros zerstörten und die Inneneinrichtung verwüsteten.Nun erreichte uns heute morgen, den 30. Oktober 2018, eine fragwürdige E-Mail des Berliner LKA. In dieser heißt es, die Beschlagnahmung unserer beiden PCs sei richterlich bestätigt worden, weshalb man uns nun auffordere, die Kennwörter der beschlagnahmten Computer innerhalb von zwei Tagen bereit zu stellen. Im Namen von Civaka Azad erklärt das Vorstandsmitglied Mako Qocgiri dazu: „Im Rahmen unserer Arbeit als Informationsbüro stehen wir mit zahlreichen Journalisten und Redaktionen in regem Kontakt. Die Beschlagnahmung unserer PCs, Archive und journalistischen Informationen stellt wegen der damit verbundenen Störung der redaktionellen Arbeit eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Pressefreiheit dar. Wir hatten bereits nach der Razzia erklärt, dass durch die Beschlagnahmung den Sicherheitsbehörden die Möglichkeit eröffnet wird, rechtswidrig Zugriff auf unser redaktionelles Datenmaterial zu erhalten…“ – im Weiteren wird in dem Beitrag auch noch die reichlich seltsame Email des LKA dokumentiert…
  • Die Notwendigkeit einer kurdischen Gegenöffentlichkeit in Deutschland
    Die Schätzungen über die in der Bundesrepublik lebenden Kurdinnen und Kurden reichen von 800.000 bis zu einer Million. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit besteht darin, aktiv Informations- und Dokumentationsarbeit über die in Deutschland lebende kurdische Bevölkerung zu leisten. Zugleich setzen wir uns für die Belange der hier lebenden kurdischen Migrantinnen und Migranten ein. Die erneute Repressionswelle, die im vergangenen Frühjahr 2017 begann, hat einmal mehr die Notwendigkeit unterstrichen, diese Maßnahmen in die breite Öffentlichkeit zu tragen, um einen besseren Schutz vor Repressalien zu gewährleisten. So schreibt Dr. Peer Stolle, Berliner Rechtsanwalt und Bundesvorsitzender des RAV zuletzt: „Die durch die Bundesregierung vorgenommene Erweiterung des PKK-Betätigungsverbotes erfolgte nicht nur ohne Begründung; die Rundschreiben sind mutmaßlich bewusst so offen formuliert, so dass einer willkürlichen und uneinheitlichen Umsetzung Tür und Tor geöffnet wurde. (…) Vielmehr ist dies als weitere Fortführung der immer im gegenseitigen Einverständnis und Absprache erfolgten Repression gegen die kurdische Bewegung in Deutschland und der Türkei anzusehen. Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei tut sein Übriges.“3. Die Aktualität unserer regelmäßig erhobenen Forderung nach der Aufhebung des Verbots hat sich tragischer Weise mit der Razzia in unseren Vereinsräumlichkeiten erneut gezeigt. Artikel, die Kurdinnen und Kurden unter Generalverdacht stellen4, machen für uns einmal mehr die Dringlichkeit der Aufhebung des PKK-Verbots deutlich. Die Repressionen gegen Kurden auf Basis des PKK-Verbots sind in diesem Sinne als ein Demokratiedefizit in Deutschland zu betrachten. Eine regelrechte Hetzjagd auf kurdische Symbole in den sozialen Medien oder das Verbot von Öcalan-Porträts reihen sich in die Vielzahl absurder Repressionsmaßnahmen ein“ – aus dem Beitrag von Ali Çiçek am 18. Juni 2018 bei Civaka Azad externer Link, einer analytischen Zusammenfassung der kontinuierlichen Angriffe bundesdeutscher Behörden auf die kurdische Bewegung in der BRD
  • „Deutsche Wahlkampfhilfe für Erdogan in Berlin?“ von Elke Dangeleit am 13. Juni 2018 bei telepolis externer Link verweist darauf: „Knapp zwei Wochen vor den Wahlen in der Türkei drängt sich der Verdacht auf, die Bundesregierung betreibt indirekt Wahlkampf für Erdogan, indem kurdische Organisationen durch Negativberichterstattung der Medien in die kriminelle Ecke gestellt werden. Es scheint, dass, wie in der Türkei, die demokratische Partei HDP zum Schweigen gebracht werden soll. Denn gerade CIVAKA Azad e.V. und der Kulturverein sind wichtige Informationsträger für die kurdische Bevölkerung in Deutschland. Die Durchsuchung des Öffentlichkeitszentrums ist ein Eingriff in die Pressefreiheit, da es aktuelle Berichte, Reportagen und Analysten zur Situation in der Türkei und den kurdischen Regionen der umliegenden Länder liefert. Gerne greifen auch Bundestagsabgeordnete bei der Organisation von Delegationsreisen in die Türkei und Nordsyrien auf das Büro zurück“.
  • „Razzia in Berlin Wahlgeschenk an Erdoğan“ von Melek Yula am 13. Juni 2018 bei der ANF externer Link unter anderem zum sogenannten Grund der Aktion furchtbarer Staatsanwälte und gehorsamer Vermummter: „Der Anwalt Thomas Jennissen war ab 9.00 vor Ort und bewertet die Durchsuchung folgendermaßen: „Gerade die Nichtigkeit des Anlasses, ein Veranstaltungsverbot aufgrund des Bildes von Öcalan auf einem Flyer zeigt, dass es sich bei dem Anlass der Durchsuchung nur um einen Vorwand handelte. Besonders gravierend ist auch, dass die Räume von Civaka Azad rechtswidrig, ohne Durchsuchungsbeschluss durchsucht wurden und Speichermedien beschlagnahmt wurden. Verschärfend kommt hier hinzu, dass es sich bei Civaka Azad um eine Einrichtung für Presse und Öffentlichkeitsarbeit handelt.“ Die im Wahlkampf aktive Beriwan Azad erklärt: „Es ist schon bezeichnend, genau zu der Zeit, in der unsere Arbeiten für die Wahlen in der Türkei und Nordkurdistan auf Hochtouren laufen wird hier unsere gesamte Informationstechnik beschlagnahmt. Das ist nichts weiter als ein Wahlkampfgeschenk an das Erdoğan-Regime.““.
  • „Polizeirazzien gegen kurdische Einrichtungen in Berlin – Auch Civaka Azad betroffen“ Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit vom 13. Juni 2018 externer Link dokumentiert konkret: „Bei der Razzia in unseren Räumlichkeiten wurden mindestens zwei PC’s beschlagnahmt. Weiterhin wurden zahlreiche Türen beschädigt und die Inneneinrichtung des Büros verwüstet. Im Namen unseres Vereins verurteilt unser Vorstandsmitglied Ali Cicek die Durchsuchungen der Polizei: “Unser Verein versteht sich als Informations- und Öffentlichkeitsarbeitszentrum, das versucht die Stimme der kurdischen Bevölkerung an die deutsche Öffentlichkeit zu tragen. Die Durchsuchungen in unseren Räumlichkeiten verstehen wir als direkten Angriff auf die Meinungs- und Informationsfreiheit. Wir haben während des völkerrechtswidrigen Angriffs der türkischen Armee in Afrin immer wieder die Rolle der Bundesregierung in diesem Krieg kritisiert und deutlich gemacht, dass mit deutschen Waffen Kriegsverbrechen begangen werden. Die aktuelle Razzia verstehen wir deshalb auch als Antwort der deutschen Behörden auf diese Kritik.” Weiterhin macht Cicek darauf aufmerksam, dass die heutige Razzia sich in die Angriffe des türkischen Staates gegen die kurdischen und prokurdischen Medien in der Türkei einreiht. “Die kritische Presse in der Türkei steht unter enormen Druck. Unsere Arbeit ist stets auch darauf fokussiert, eine Brücke für diese kritischen Stimmen zu bilden. Doch aktuell geht es darum, die kurdische Stimme zum Verstummen zu bringen. Das ist wohl als Vorarbeit für umfassendere Angriffe gegen die kurdische Bevölkerung in Kurdistan, aber auch für weitere Repressionsmaßnahmen in Deutschland zu werten”, so Cicek“.
  • „Razzia bei kurdischen Vereinen – BRD-Justiz behindert HDP-Wahlkampfhilfe“ am 13. Juni 2018 bei der Roten Hilfe externer Link ist eine Presseerklärung zur erneuten Polizeirepression, in der unter anderem von einem Sprecher der RHD unterstrichen wird: „Die heutigen Razzien bei kurdischen Vereinen in Berlin sind nichts anderes als eine faktische Wahlkampfhilfe für das Erdogan-Regime in der Türkei, um eine Wiederwahl bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 24. Juni zu sichern. Durch diesen Repressionsschlag soll der Wiedereinzug der HDP in das türkische Parlament aktiv behindert werden. Diese plurale linke und demokratische Partei ist das stärkste Gegengewicht gegen das autokratische Erdogan-Regime. Der HDP-Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtas wird skandalöserweise seit November 2015 wie so viele andere linke Aktivst*innen unter fadenscheinigen Gründen als ‚Terrorist‘ in Untersuchungshaft gehalten. Noch deutlicher geht es nicht. Wir rufen alle fortschrittlichen Kräfte zum Protest und zur Solidarität auf“.

Razzia in Berlin bei nav dem am 13.6.2018

  • „HDP report: Over 200 detentions, 57 attacks in 45 days“ am 12. Juni 2018 bei der ANF externer Link ist eine Meldung, die einen Überblick und eine Zwischenbilanz zur parallelen Wahlkampfbeteiligung ähnlich vermummter Gestalten in der Türkei gibt – worin ein entsprechender Bericht der HDP vorgestellt wird (der im Übrigen auch auf Repressionsmaßnahmen gegen andere Parteien verweist): Über 200 Festnahmen von HDP-Aktiven bei mehr als 50 Polizeiüberfällen in den letzten anderthalb Monaten…

Siehe auch unser Dossier: Zensur und Verbote gegen kurdische Einrichtungen in der BRD – Geld für Islamisten in Syrien: Die Berliner Waffenbrüder Erdogans in Aktion

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=133438
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