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Putschversuch in der Türkei: Keine Demokratie ist auch keine Lösung

Versuchter Militärputsch in der Türkei: gescheitert. Hier: Ankara, 16. Juli 2016Sie nannten sich Friedensrat und verhängten das Kriegsrecht: Türkische Militärs, die in der Nacht zu Samstag Fernsehsender übernahmen, den Atatürk-Flughafen in Istanbul besetzten, Polizeistationen und das Parlamentsgebäude in Ankara bombardierten. Erdogan, im Urlaub an der türkischen Mittelmeerküste, erhielt wohl mit seinem Präsidentenflieger zunächst keine Landeerlaubnis in Istanbul. Eine US-Quelle kolportierte zwischenzeitlich das Gerücht, Erdogan sei auf dem Weg nach Deutschland und wolle hier um Asyl ansuchen. Dem ist offensichtlich nicht so. Bereits im Lauf der Nacht wendete sich das Blatt. Erdogan erschien bei CNN-Türk im Video-Interview und rief „das Volk“ dazu auf, die verhängte Ausgangssperre zu missachten und sich auf Straßen und Plätzen gegen den Putschversuch zu versammeln. Zumindest seine Anhängerschaft – und die ist nunmal nicht gering – folgte diesem Aufruf. Augenscheinlich unter dem Druck der Massen räumten die beteiligten Militärs den Flughafen Atatürk. Eine Menschenmenge, die die Sperrung der Bosporus-Brücke hatte brechen wollen, sollte mit Schüssen aufgehalten werden: Es gab – lediglich – drei Verletzte. Andernorts waren die Kämpfe schärfer: 194 Tote meldet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu, und über 1.000 Verletzte – im ganzen Land, im wesentlichen aber in Istanbul und der Landeshauptstadt Ankara. Erdogan jedenfalls ist inzwischen in Istanbul aufgetreten. Gegen die Drahtzieher des Umsturzversuchs wird bereits vorgegangen: Mehr als 1.500 Verhaftungen werden gemeldet, Namenslisten kursieren, die Wiedereinführung der Todesstrafe wird in der Regierung diskutiert. Am Ende bleibt, falls das das Ende ist: Nichts stärkt einen Diktator mehr als ein abgewendeter Putschversuch. Siehe aktuelle Berichterstattung bei unseren KolegInnen von sendika.org externer Link

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=101204
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