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In der Türkei wird das französische Modell befolgt: Notstand beendet, Sonderbestimmungen werden Gesetz. Groko-Bundesregierung setzt ihre Begeisterung darüber in Taten um

Der DIRTY DEAL: Merkels Pakt und Erdogans Beitrag…Der seit zwei Jahren in der Türkei bestehende Ausnahmezustand (OHAL), der dem Staat umfassende Möglichkeiten zur Verfolgung politischer Gegner einräumte, soll indessen nach seinem Auslaufen in der Nacht zum vergangenen Donnerstag im Rahmen eines neuen »Antiterrorgesetzes« fortgeschrieben werden. Der Entwurf sieht weitgehende Vollmachten für Provinzgouverneure, Einschränkungen des Demonstrationsrechts und die Einführung einer bis zu zwölf Tagen dauernden verschärften Untersuchungshaft – die völlige Isolation des Gefangenen unmittelbar nach der Festnahme, kein Recht auf einen Anwalt – vor. »Obwohl die Regierung sagt, OHAL endet jetzt, versucht sie in der Realität, den Ausnahmezustand zu verewigen«, kommentierte die HDP-Parlamentarierin Ayhan Bilgen. »Wenn ein Politiker, ein Vertreter einer demokratischen Massenorganisation, ein Journalist oder ein Akademiker für seine Arbeit oder Forschung in eine bestimmte Region reisen will, kann der Gouverneur ihm den Zugang verwehren«, kritisiert Bilgen. »Das ist eine Regelung, wie sie derzeit in Israel existiert.« Wie gravierend die Einschnitte in das zivile Leben der Türkei während des Ausnahmezustands waren, zeigt eine vergangene Woche veröffentlichte Studie des türkischen Menschenrechtsvereins IHD. Alleine in der südwestanatolischen Stadt Van sei es demnach in den vergangenen zwei Jahren zu rund 13.000 Rechtsverstößen durch den Staat gekommen. Van ist wie viele andere Städte der kurdischen Gebiete im Südosten der Türkei eine Hochburg der HDP.“ – so endet der Beitrag „Staatlicher Terror gesetzlich verankert“ von Peter Schaber am 23. Juli 2018 in der jungen welt externer Link, der mit Bericht über alltägliche Jagdszenen auf linke Gruppierungen verschiedenster Orientierung beginnt… Siehe dazu auch drei Beiträge über die begeisterte Reaktion der BRD – und den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zur Normalisierung des Ausnahmezustandes in der Türkei:

  • „Ohrfeige für die Opposition“ von Anja Krüger am 22. Juli 2018 in der taz externer Link ist ein Kommentar, worin unter anderem hervor gehoben wird: „Es ist die falsche Entscheidung zum falschen Zeitpunkt: Die deutsche Regierung geht auf Entspannungskurs zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Sie entschärft die Reisehinweise für die Türkei und hebt ihre Begrenzung von Bürgschaften für Lieferungen an den Bosporus auf. Damit nimmt sie ihren ohnehin zu geringen Druck auf Erdoğan ganz weg. Handelspartner aus der EU stützen Erdoğan mit ihren Geschäften, denn wirtschaftliche Stabilität ist für seinen Machterhalt wichtig. Das mag ManagerInnen egal sein. Nicht egal ist ihnen aber die Gefahr, dass türkische GeschäftspartnerInnen pleitegehen und ihre Rechnungen nicht zahlen. In dieser Lage übernimmt die Bundesregierung wieder mehr sogenannte Hermes-Bürgschaften, statt sie ganz einzustellen. Der deutsche Staat spannt für Unternehmen einen größeren Schutzschirm über Türkeigeschäfte auf. Das wird den Handel ankurbeln und Erdoğan stärken. Die Botschaft an den Präsidenten: Er hat freie Bahn. Das ist eine Ohrfeige für die Opposition…
  • „Merkel posiert mit Graue-Wölfe-Chef“ am 22. Juli 2018 bei der ANF externer Link berichtet von der passenden Versammlung für ein Treffen der Kanzlerin mit einem der Wächter der neuen Verfassung in Brüssel: „Cemal Çetin, der Vorsitzende der ATK (Türkische Konföderation Europa), ein Dachverband rechtsextremer und ultranationalistischer türkischer Organisationen, ist am 24. Juni als Abgeordneter der MHP ins türkische Parlament gewählt geworden. Gleichzeitig begleitet Çetin als Mitglied des MHP-Vorstands den türkischen Staatschef Erdoğan bei seinen Auslandsreisen. Auf dem NATO-Gipfel vom 11.-12. Juli 2018 in Brüssel posierte er gemeinsam mit Bundeskanzlerin Merkel. In der ZEIT erschienen Aufnahmen, auf denen Merkel Çetin lächelnd die Hand schüttelt. Pikant daran ist, dass die deutsche Abteilung der ATK, die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ATÜDF), vom Verfassungsschutz beobachtet und als „gefährlich“ eingestuft wird. Nach dem aktuellen Verfassungsschutzbericht hat sie etwa 10.000 Mitglieder. Während die Regierung zu dem Handschlag keine weiteren Kommentare abgab…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=135010
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