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In der Türkei rollt die nächste Verhaftungswelle: Nach Kurden und Linken sind jetzt die Liberalen „dran“

Turkey up in arms against Erdoğan!Niemand ist mehr sicher, ziviler Ungehorsam wird als Umsturzversuch gewertet. Diese Botschaft sandte die türkische Justiz am Freitag an die verbliebene demokratische Zivilgesellschaft im Land. In einer massiven Operation der Sicherheitskräfte gegen angebliche „Terroristen“ wurden 20 prominente Intellektuelle und Wissenschaftler aus dem Umfeld des inhaftierten Kulturmäzens Osman Kavala zur Festnahme ausgeschrieben und mindestens 13 von ihnen festgenommen. Die Aktion erfolgte nur einen Tag, nachdem die Türkeiberichterstatterin des EU-Parlaments, Kati Piri, der EU-Kommission in einem Bericht empfohlen hatte, die Beitrittsverhandlungen mit Ankara wegen zahlreicher Menschenrechtsverletzungen einzufrieren und als Begründung unter anderem die fortdauernde Haft des seit über einem Jahr eingesperrten 61-jährigen Philanthropen nannte…“ – aus dem Beitrag „Verhaftungswelle in der Türkei“ von Frank Nordhausen am 17. November 2018 in der FR online externer Link, worin zur Bedeutung der „Gezi-Anklage“ noch ausgeführt wird: „Indem sie der Gezi-Bewegung nun offiziell Aufstand, Putschversuch und „Verbrechen gegen die Verfassung“ vorwerfe und dabei auffällig oft das „Konzept des zivilen Ungehorsams“ anprangere, habe die Justiz eine neue Straftat geschaffen, die vermutlich ab sofort in Strafprozessen benutzt werde, so Aktar. „Damit hat die Entwicklung der Türkei zu einem totalitären Regime eine neue Stufe erreicht. Für die kritische Zivilgesellschaft ist es der letzte Sargnagel.“ An den Gezi-Protesten hätten sich 3,5 Millionen Menschen beteiligt, die jetzt kriminalisiert würden…“ Siehe dazu einen weiteren aktuellen Beitrag zu neuen Festnahmen, sowie einen Beitrag zu einem neuerlichen Urteil der türkischen AKP-Justiz:

  • „Menschenrechtler festgenommen“ am 16. November 2018 in der taz externer Link ergänzt diese Informationen noch um folgendes: „Gleichzeitig wurden im Rahmen von Operationen gegen angebliche Mitglieder der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen in Istanbul weitere 14 Personen wegen „Terrorfinanzierung“ festgenommen. Die türkische Regierung macht Gülen für den Putschversuch von 2016 verantwortlich und hat seither Zehntausende Menschen festnehmen lassen. Die Festnahmen gehen auch nach Ende eines zweijährigen Ausnahmezustands weiter und werden international kritisiert. Laut DHA gingen im westtürkischen Izmir Sicherheitskräfte unterdessen auch gegen Kleinhändler vor, die der Gülen-Bewegung angehören sollen, und nahmen 17 Menschen fest. Gleichzeitig begann die Staatsanwaltschaft in Ankara im Rahmen einer weiteren Anti-Gülen-Operation, nach insgesamt 188 Menschen aus 26 Provinzen zu fahnden. Unter ihnen seien 100 Mitglieder der Luftwaffe sowie 88 Imame. Einige der Gesuchten seien bereits in Haft. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu hatte am Donnerstag Innenminister Süleyman Soylu im Parlament neue Zahlen zu den umfassenden Fahndungsaktivitäten gegen angebliche Gülenisten und Terroristen vorgestellt. Demzufolge seien seit dem Putschversuch rund 218 000 Menschen wegen angeblicher Verbindungen zu den Putschisten festgenommen worden. Davon seien 16 .684 bereits verurteilt und 14 .750 befänden sich weiter in Untersuchungshaft…“
  • „Türkei: Sechs Jahre Gefängnis für deutsche Staatsbürgerin“ von Elke Dangeleit am 16. November 2018 bei telepolis externer Link zum Urteil gegen Hozane Cane und weitere Überfälle türkischer Behörden auf deutsche StaatsbürgerInnen: „Ende Juni war die deutsche Staatsbürgerin Saide Inac, die unter dem Künstlernamen Hozan Cane als Sängerin auch in Deutschland bekannt ist, bei einer Wahlkampftour der prokurdischen HDP unter dem Vorwurf der „Terrorpropaganda“ festgenommen worden. Ihr Vergehen: Sie sang auf einer HDP-Veranstaltung kurdische Lieder. Nun wurde Anfang November die Kölnerin wegen angeblicher Mitgliedschaft in der kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Teilen Erdogan-kritischer Posts auf Facebook mit Fahnen von Abdullah Öcalan, darunter ein Foto von einer Demonstration in Köln, reicht schon aus, um für Jahre hinter Gittern zu verschwinden, auch wenn nicht bewiesen werden konnte, dass die inkriminierten Accounts überhaupt die von Cane sind. Im Juli wurde der Deutsche Dennis E. im Küstenort Arsuz der südtürkischen Provinz Hatay unter dem Vorwand der Werbung für die PKK in den sozialen Medien, verhaftet. Die Küstenprovinz Hatay ist ein beliebtes Ziel von deutschen Urlaubern. Ende September wurde der Hamburger Ilhami A. zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, weil er angeblich über Facebook Terrorpropaganda für die PKK verbreitet hätte. Zwar ist Ilhami A. aus der Untersuchungshaft entlassen worden, aber er darf nicht ausreisen…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=140201
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