»
Syrien »
»
»
Türkei »
»

Nach der Freilassung Deniz Yücels: Neuer Panzerdeal der Bundesregierung mit der Türkei?

Solidarität mit AfrinNach der Freilassung des Journalisten Deniz Yücel hofft die Türkei auf Panzer-Hilfe aus Deutschland. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim wünscht sich eine deutsche Beteiligung am geplanten Bau des türkischen „Altay“-Panzers. Das sagte er am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Von einer solchen Zusammenarbeit würden Yildirims Worten nach beide Seiten profitieren – und Deutschland sogar noch mehr als die Türkei: „Denn die Maschinen kommen aus Deutschland, einfache Teile würden in der Türkei hergestellt.“ (…) Die türkische Regierung plant den Bau von etwa 1.000 Kampfpanzern des Typs „Altay“ im geschätzten Wert von sieben Milliarden Euro. Für den Auftrag zum Bau der ersten 100 bis 200 Panzer bietet auch der türkische Lastwagen- und Omnibusbauer BMC. Der hatte mit dem Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern 2016 das Gemeinschaftsunternehmen RBSS gegründet. Firmensitz ist Ankara. Rheinmetall hält mit 40 Prozent eine Minderheit. (…) Die Bundesregierung betont, dass keine Gegenleistung für die Freilassung versprochen worden sei“ – aus dem Beitrag „Türkei hofft nach Yücel-Freilassung auf Panzer-Hilfe“ am 18. Februar 2018 bei MDR Aktuell externer Link, worin der türkische Ministerpräsident auch noch mit der unwiderlegbaren Aussage zitiert wird, man habe schließlich die deutschen Panzer gerade für solche Situationen wie jetzt gekauft… Zur Situation nach der Freilassung Yücels und der fortgesetzten Verfolgung demokratischer Bestrebungen in der Türkei und der BRD drei weitere aktuelle Beiträge und der Verweis auf den letzten unserer zahlreichen Beiträge:

  • „Wie Ankara Yücels Freilassung nutzen will“ von Christiane Schlötzer am 18. Februar 2018 in der Süddeutschen Zeitung externer Link ist ein Beitrag, in dem neben dem oben bereits erwähnten dpa-Gespräch Yildirims auch noch darauf verwiesen wird: „In einer Videobotschaft hatte Yücel zuvor noch mitgeteilt: „Ich weiß immer noch nicht, warum ich vor einem Jahr verhaftet wurde, genauer, warum ich vor einem Jahr als Geisel genommen wurde. Und ich weiß auch nicht, warum ich freigelassen wurde.“ Natürlich freue er sich, „aber es bleibt etwas Bitteres zurück.“ Yücel sagte, viele Menschen säßen in der Türkei nur in Haft, weil sie „eine oppositionelle Haltung zu diesem Regime haben“. Ebenfalls am Freitag wurden in Istanbul drei prominente türkische Journalisten zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt, wegen angeblicher Unterstützung des Putschversuchs im Juli 2016. Alle drei haben dies entschieden bestritten. Erschwerte Haft heißt, dass die Häftlinge 23 Stunden am Tag in Isolation verbringen müssen. Für eine Freilassung von Ahmet Altan, 67, einem der drei, hatte sich unter anderem der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk eingesetzt. Ahmet Altans Tochter Sanem sagte der Deutschen Welle, „wir werden uns an das türkische Kassationsgericht wenden, als gäbe es eine unabhängige Justiz“. Wenn man sich später erinnere, „müssen wir über alle Gesetzlosigkeiten Bescheid wissen““.
  • „Die Freilassung von Deniz Yücel ist ein Zeichen der längst überfälligen Gerechtigkeit“ am 16. Februar 2018 bei der DIDF externer Link ist eine Erklärung, in der unter anderem unterstrichen wird: „In jedem Interview und in jeder Erklärung, die Yücel aus der Haft abgegeben hat, hat er erklärt, dass er nicht in Folge von dreckigen Deals zwischen der deutschen und türkischen Regierung freigelassen werden möchte. Außerdem hat er betont, dass er in Folge von jenen schmutzigen Plänen in den inhaftiert worden ist. An der momentanen Lage ist klar ersichtlich, dass Yücel mit diesen Aussagen recht gehabt hat. Zuerst ist zu erkennen, dass die türkische Justiz nicht unabhängig ist und dass die eigentlichen Entscheidungsträger die Regierung und der Staatspräsident Erdogan sind. Das zeigen auch die Aussagen von Premierminister Yildirim, hinsichtlich der Freilassung von Yücel, die er im Vorfeld seiner Berlinreise geäußert hatte. Dies zeigt noch einmal wie abhängig die Justiz ist, auch wenn uns die Freilassung von Deniz Yücel erfreut. Zweitens hat Staatspräsident Erdogan gegen Deniz Yücel verloren. Trotz seiner Aussagen im Fernsehen und auf Kundgebungen, dass Deniz Yücel während seiner Amtszeit nicht freikommen werde, wurde er am Ende doch freigesprochen. Drittens, die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland dauern unverändert an. Trotzdessen, dass in der Türkei die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit der Justiz und des Rechtsstaats mit Füßen getreten werden, hat die deutsche Regierung sich entschieden, die vielseitigen Beziehungen zu Erdogan und seiner Regierung fortzuführen und diesen weiterhin Waffen zu verkaufen. Das ist inakzeptabel“.
  • „NAV-DEM fordert Rücknahme der Demonstrationsverbote“ am 16. Februar 2018 bei der ANF externer Link ist ein Bericht über die Pressekonferenz des Verbandes vom Tage, nachdem von bundesdeutschen Behörden behauptet worden war, es handele sich um eine Vorfeldorganisation einer angeblich terroristischen Vereinigung. Darin zu diesem „Vorwurf“, der als Begründung zahlreicher Demonstrationsverbote herhalten soll: „In diesem Kontext sind die neusten Verbotsverfügungen der Sicherheitsbehörden in NRW ein rechtlicher und politischer Skandal. In dem 17-seitigen Schreiben, wird nur erklärt, dass die PKK eine Terrororganisation sei und NAV-DEM ihr Arm in Deutschland sei. So wie Erdogan, die HDP und alle Institutionen, die sich für die die Lösung von Demokratieproblemen einsetzten, als PKK-Ableger bezeichnet, nutzt das deutsche Innenministerium dieselbe Logik. NAV-DEM ist eine pluralistische Dachorganisation unter der sich Eziden, Aleviten, Assyrer und türkische und deutsche Demokraten wiederfinden. NAV-DEM ist der größte Migrantenverein, der die Forderungen der Menschen aus der Türkei und Kurdistan wiederfindet. Wir sind geschockt über diese Kriminalisierung und Außerkraftsetzung der Versammlungsfreiheit. Die Öffentlichkeit in Deutschland muss wissen, dass wir NAV-DEM mit unseren demokratischen Aktivitäten die Türkei zur Demokratie bewegen möchten. Denn eine diktatorische Türkei unterdrückt unsere Millionen Verwandten im Land selbst, aber schadet auch Deutschland selbst. Die Medien haben über die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes in Deutschland genügend berichtet. In der neuen Verbotsverfügung zeigt sich auf der Einfluss der Logik des türkischen Staates im deutschen Innenministerium. Unsere Anwälte haben die notwendigen Schritte unternommen und gegen diese undemokratische Verbotspolitik vorzugehen“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=128198
nach oben