letzte Änderung am 28. Okt. 2002

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München, 24. Oktober 2002

Liebe Freundinnen und Freunde,

Erneut wenden wir uns mit der Bitte an Sie/Euch, eine Protestbriefaktion im Zusammenhang mit dem Streik gegen die geplanten Privatisierungen in El Salvador zu unterstützen.

Einige von Euch wissen, dass diese Aktion im Rahmen des Bundestreffens der El Salvador Solidarität vom 18.-20. Oktober in München beschlossen wurde. Wir hatten zwei Personen aus El Salvador zu Gast, die im Schwerpunkt über die Planungen, ein Freihandelsabkommen der zentralamerikanischen Staaten mit den USA abzuschließen berichteten und dies zum einen im Zusammenhang mit der neoliberalen Politik der letzten 13 Jahre in El Salvador analysierten, zum anderen Querverbindungen zu dem großen Infrastrukturplan ?Plan Puebla Panamá", den altbekannten Strukturanpassungsmaßnahmen und den damit verbundenen Privatisierungen öffentlicher Dienstleistungen herstellten.

Ein großes Anliegen der Gäste war die interantionale Unterstützung der wachsenden Bewegung gegen Privatisierung, zum einen wird natürlich Geld gebraucht (dafür gibt es eine Spendenkampagne, zu der ich gerne Infos weitergebe), zum anderen ist es wichtig, alle Versuche zu unternehmen, den Präsidenten und die Regierung unter Druck zu setzen und damit die Anliegen von Gewerkschaften, sozialen Organisationen und Menschen zu unterstützen, die tagtäglich in größeren Mengen auf die Straßen gehen. Während von zwei Wochen 23.000 Menschen demonstrierten, waren es in der vergangenen Woche 50.000 und gestern 150.000.

Im folgenden ein Anschreiben des Direktors des Verbraucherschutzzentrums zu den Protestbriefen und in der Anlage finden Sie/findet Ihr den Brief an den Präsidenten in spanischer und deutscher Version.

Mit solidarischen Grüßen
Birte Weiß
Referentin für El Salvador


San Salvador, Oktober 2002

Liebe Compañeros und Compañeras,

El Salvador durchlebt in diesen Zeiten neoliberaler Reformen, die von den internationalen Finanzinstitutionen vorangetrieben werden, eine seiner gravierendsten Krisen auf wirtschaftlicher, politischer und sozialer Ebene.

Die 1992 unter Vermittlung der Vereinten Nationen unterzeichneten Friedensverträge, bilden keine hinreichende Garantie mehr für das Funktionieren der öffentlichen Institutionen zur Erhaltung der Demokratie. Die Politik der rechtsgerichteten Regierungspartei ?Republikanische Nationalistische Allianz" (ARENA) führt wieder zur sozialen und politischen Konfrontation.

Unter den Regierungen von ARENA, die seit 13 Jahren an der Macht ist, wurden bereits die Finanzdienstleistungen, die Telekommunikation, die Stromversorgung und das Rentensystem privatisiert. Zur Zeit wird die Privatisierung von Trinkwasserversorgung, Bildung, Häfen und Flughäfen und, was noch einschneidender ist, des Gesundheitswesens vorangetrieben.

Was den Gesundheitsbereich anbelangt, so hat Präsident Francisco Flores in seiner Antrittsrede versprochen, gemeinsam mit den Ärzten eine Gesundheitsreform in Gang zu bringen. Hierfür richtete er einen Rat für die Gesundheitsreform unter weitgehender Beteiligung der beteiligten Sektoren ein. Dieser legte dem Präsidenten im Dezember 2000 seinen Vorschlag für eine integrale Gesundheitsreform vor.

Entgegen dem Reformvorschlag begann die salvadorianische Regierung mit einer Reform, die die faktische Privatisierung bewirkt, was sich in der Entscheidung zeigt, für die Essensversorgung, Sicherheits- und Reinigungsdienste private Firmen unter Vertrag zu nehmen und, was noch schlimmer ist, auch medizinische- und Pflegedienste von privaten Firmen einzukaufen.

Außerdem hat das Gesundheitsministerium seit 1999 entschieden, in einigen Krankenhäusern des öffentlichen Gesundheitsnetzes hohe Preise für die Gewährleistung von Gesundheitsdienstleistungen zu erheben.

Das alles hat zu einem wachsenden Widerstand unter den Ärzten und Angestellten im Gesundheitssektor geführt, welche die Unversehrtheit und das Leben der Bevölkerung in Gefahr sehen. Der letzte Konflikt brach im September 2002 aus. Die fehlende Bereitschaft der Regierung zum Dialog und zu Zusagen, dass sie mit der Privatisierung des Gesundheitswesens nicht voranschreiten wird, hat bewirkt, dass bis heute ein Großteil der öffentlichen Krankenhäuser bestreikt werden. Es besteht lediglich eine Notfallversorgung.

Die Bewegung zur Verteidigung der öffentlichen Gesundheitsversorgung findet täglich größere Unterstützung durch Organisationen auf kommunaler Ebene, Bauern-, Frauen-, Gesundheits-, Umwelt-, Verbraucher- und Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und durch Bevölkerung insgesamt. Ausdruck dessen ist die Demonstration in San Salvador am 16. Oktober, an der mehr als 25 000 Menschen teilnahmen.

Nach dieser breiten Ablehung durch die BürgerInnen hat Präsident Flores an diesem 16. Oktober ein Paket an Gesetzesvorschlägen ans Parlament geschickt, das zum Ziel hat, ein neues System der Gesundheitsvorsorge zu einzuführen, dessen Herzstück die Privatisierung und die Vergabe von Konzessionen für Diensteistungen ist. Dies bewirkt, dass einheimische und internationale Firmen freie Hand haben, die Gesundheit der Salvadorianer und SalvadorianerInnen zu vermarkten.

Der Druck der BürgerInnen hatte aber auch im Parlament seine Wirkung, das am 17. Oktober das ?Dekret für die staatliche Garantie der Gesundheitsversorgung und Sozialversicherung", das die Privatisierung des Gesundheitswesens in jedweder Form verbietet. Dieses Dekret führt die Verfassung El Salvadors aus, die ausdrücklich besagt: ?Die Gesundheit der Bürger der Republik ist ein öffentlicher Gut. Der Staat und die Personen sind verpflichtet, über ihren Erhalt und Wiederherstellung zu wachen.

Wir sind verschiedene soziale Organisationen El Salvadors, die sich der partizipativen Demokratie und dem Frieden mit sozialer Gerechtigkeit verpflichtet fühlen, und sind als solche sehr besorgt, welche Wendung die Situation in unserem Land nehmen mag, falls der Präsident der Republik gegen das ?Dekret für die staatliche Garantie der Gesundheitsversorgung und Sozialversicherung" sein Veto einlegt, wie er das bereits bei anderen Dekreten getan hat, die von der parlamentarischen Opposition verabschiedet wurden.

Wir glauben, dass das vom Parlament verabschiedete Dekret die Gelegenheit ist, die das Land brauchte, um damit zu beginnen, die Probleme im Gesundheitswesen auf struktureller Ebene zu lösen. Deswegen bitten wir Euch, um deren solidarische und humanistische Haltung zu den Menschen, die für eine reale Demokratie mit sozialer Gerechtigkeit wir wissen, Euch mit unserem Widerstandsaktionen zu solidarisieren und Briefe zu schicken, mit denen die Verabschiedung des ?Dekret für die staatliche Garantie der Gesundheitsversorgung und Sozialversicherung" unterstützt und vom Präsident gefordert wird, dass er seinen Inhalt möglichst schnell ratifiziert.

Diese Briefe sind zu senden an die folgenden Adressen:

Presidencia de la República: casapres@casapres.gob.sv
Fax 00503-243 9947

Congreso de El Salvador: Comision_medio_ambiente@asamblea.gob.sv
Fax 00503-281 9523

Jeweils mit Kopie an: Colegio Médico de El Salvador: concolmed@telesal.net
Fax 00503-260 0324

Mit solidarischen Grüßen von der Zivilgesellschaft El Salvadors
Armando Flores
Direktor des Zentrums für Verbraucherschutz.

Oekumenisches Buero fuer Frieden und Gerechtigkeit e.V.
Oficina Ecumenica por la Paz y la Justicia
Pariser Str. 13
D-81667 Muenchen
Alemania
Tel: + 49 89 4485945 Fax: + 49 89 487673
EMail: info@oeku-buero.de
http://www.oeku-buero.de


Licenciado Francisco Flores
Presidente de El Salvador
Casa Presidencial
San Salvador, El Salvador, C.A. Presente.

Señor Presidente:

Cordialmente nos dirigimos a usted para comentarle que con mucha preocupación hemos estado dando seguimiento a la crisis del sector salud en su país, el que da señales de profundos problemas estructurales, que tienen impacto en las condiciones de acceso y calidad de los servicios públicos de salud para la población salvadoreña.

Nos parece Señor Presidente, que la única salida razonable frente a la profundización del conflicto en los centros públicos de salud, consiste en crear espacios para el diálogo y el entendimiento entre las partes, el que debe tener como propósito, la creación de un acuerdo nacional para la defensa del derecho a la salud, que concretamente se exprese en un compromiso de prohibir la privatización y concesión de servicios de salud bajo cualquier modalidad.

En la construcción de este acuerdo nacional, un insumo valioso es el "Decreto de Garantía Estatal de la Salud y la Seguridad Social" aprobado el pasado 17 de octubre por la Asamblea Legislativa de El Salvador, decisión que aplaudimos; a partir de ello Señor Presidente, respetuosamente le solicitamos que ratifique la aprobación del referido decreto, de manera que al convertirse en ley de la república, se generen las condiciones adecuadas para desmontar la huelga de los médicos y trabajadores de salud, y dar inicio al diálogo que permita definir e implementar una reforma de salud consensada, que garantice el acceso pleno y equitativo de la población salvadoreña a los servicios de salud.

Para caminar en esta dirección y tomando en cuenta el noble objetivo expresado en su discurso inaugural, en el sentido de que impulsaría una reforma del sector salud en conjunto con los médicos, nos permitimos solicitarle que retire de la discusión legislativa propuesta de reforma denominada "Democratización del Sistema de Salud Previsional", ya que ésta es atentatoria a la estabilidad social del país y pone en riesgo la senda democrática por la que ha venido caminando El Salvador.

Señor Presidente: estaremos atentos a los avances que se produzcan en el diálogo, esperamos muy pronto tener noticias positivas y alentadoras que contribuyan al mantenimiento de la paz y el fortalecimiento de la democracia en su país.

Atentamente,


Übersetzung des Briefes:

Licenciado Francisco Flores
Presidente de El Salvador
Casa Presidencial
San Salvador, El Salvador, C.A. Presente.

Sehr geehrter Herr Präsident:

Freundlich richten wir uns an Sie, um Ihnen mitzuteilen, dass wir mit großer Besorgnis die Krise des Gesundheitssystems in Ihrem Land verfolgen, das Kennzeichen tiefgreifender struktureller Probleme aufzeigt, die sich negativ auf den Zugang zu und die Qualität von der öffentlichen Gesundheitsversorgung der salvadorianischen Bevölkerung auswirkt.

Uns scheint, werter Herr Präsident, dass der einzig vernünftige Ausweg aus einer Vertiefung des Konflikts in den öffentlichen Gesundheitseinrichtungen darin besteht, Freiräume für einen Dialog und gegenseitiges Verständnis zwischen den Beteiligten besteht, was zum Ziel haben muss, ein nationales Abkommen zum Schutz des Rechts auf Gesundheit zu erreichen, die sich konkret darin ausdrückt, dass die Privatisierung und Vergabe von Konzessionen für Gesundheitsdienstleistungen und allen Umständen verboten wird.

Ein wertvoller Beitrag für dieses nationale Abkommen ist das vom Parlament am 17. Oktober verabschiedete "Dekret für die staatliche Garantie der Gesundheitsversorgung und Sozialversicherung", eine Entscheidung, die wir sehr begrüßen. Wir bitten Sie respektvoll, Herr Präsident, dass Sie dieses Dekret ratifizieren, damit es zum gültigen Gesetz für die Republik wird. Auch bitten wir, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass der Streik der ÄrztInnen und Angestellten im Gesundheitswesen beendet werden kann und ein Dialog begonnen wird, der es ermöglicht, eine Gesundheitsreform zu erarbeiten und umzusetzen, die den vollständigen und gleichberechtigten Zugang der salvadorianischen Bevölkerung zu den Gesundheitsdiensten garantiert.

Um auf diesem Weg vorzuschreiten, erlauben wir uns, unter Anerkennung der großmütigen Zielsetzung Ihrer Antrittsrede, eine Gesundheitsreform in Zusammenarbeit mit den Ärzten in Gang zu bringen, anzumahnen, dass Sie Ihren ihren aktuellen Reformvorschlag unter dem Titel "Demokratisierung des sozialen Gesundheitssystems" zurückzuziehen, da er eine Bedrohung für die soziale Stabilität des Landes bedeutet und den eingeschlagenen Weg El Salvadors in Richtung Demokratie gefährdet.

Herr Präsident, wir werden wachsam die Fortschritte des Dialogs verfolgen und hoffen, möglichst bald positive und ermutigende Nachrichten zu erhalten, welche zum Erhalt des Friedens und der Stärkung der Demokratie in Ihrem Land beitragen.

Hochachtungsvoll

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