»
Sudan

Der Kompromiss im Sudan: Erkämpft. Tragfähig?

Zur Ikone der Bewegung im Sudan geworden: Der Zug aus Atbara bringt Demostranten nach Khartum„… Unerwartet schnell haben sich der herrschende Militärrat und die zivile Opposition im Sudan auf eine Machtverteilung bis zu den geplanten Wahlen in mehr als drei Jahren geeinigt. Die Bevölkerung nahm das Abkommen vom frühen Freitagmorgen mit Erleichterung und vorsichtiger Freude auf. Dennoch ist das Misstrauen gegenüber der Armee nach wie vor groß. Soldaten gelten als verantwortlich für die Gewalt der letzten Wochen, bei der Dutzende Menschen getötet wurden. In dem Abkommen wurde vereinbart, dass fünf Militärs, fünf Zivilisten und ein Bürger mit militärischem Hintergrund in einem souveränen Rat sitzen werden, der zur höchsten Behörde des Landes wird. Die rotierende Präsidentschaft des Rates wird voraussichtlich zuerst in den Händen des Militärs sein. Daneben soll eine Regierung von Technokraten gebildet werden. Die Zusammensetzung eines Parlaments wurde vorerst verschoben. (…) Als Dankeschön erhielt Hametti nach dem Krieg von Bashir freie Hand in Darfur und konnte sich dort mit den Goldminen bereichern. Andere hochrangige Offiziere erhielten von Bashir ebenfalls Zugang zu lukrativen Wirtschaftsdeals im Land. Die Frage ist, ob sie bereit sind, ihre privilegierten Positionen für die Zusammenarbeit mit der Zivilbevölkerung aufzugeben…“ – aus dem Beitrag „Neuer Rat mit altem Regime“ von Ilona Eveleens am 05. Juli 2019 in der taz online externer Link – mit einer Frage endend, die eigentlich schon beantwortet ist, spätestens seit dem Massaker Anfang Juni… Zum Kompromiss-Abkommen im Sudan drei weitere aktuelle Beiträge und der Hinweis auf unseren ersten Beitrag zu diesem erkämpften Kompromiss:

  • „Von der Straße nach ganz oben“ von Philip Malzahn am 06. Juli 2019 in neues Deutschland online externer Link zum Erfolg, den dieser Kompromiss auch darstellt und zu den Perspektiven: „… Man muss der Zivilgesellschaft dafür gratulieren, gleichzeitig ist Vorsicht geboten: Die gleiche Erfolgsmeldung wurde nämlich schon im Mai verkündet. Ein paar Wochen später massakrierte das scheinbar demokratiewillige Militär über 100 Demonstranten. Das größte Oppositionsbündnis forderte damals vom Westen eine klare Stellungnahme und Konsequenzen für den Verantwortlichen: General Mohamed Hamdan Dagalo, alias »Hemeti«. Dieser soll auch jetzt ein Protagonist der neu beschlossenen Übergangsregierung werden. Man darf trotz allen Erfolgsmeldungen eben nie vergessen: Die politische Situation in Sudan ist extrem fragil. Selbst wenn mächtige Generäle wie »Hemeti« gelegentlich Zugeständnisse machen, entwaffnet sind sie längst nicht. Doch das macht den jetzigen Erfolg der Bevölkerung nicht weniger bewundernswert, im Gegenteil. Das Volk hat durch friedlichen Protest seinen Diktator gestürzt und das Militär an den Verhandlungstisch gezerrt, auch ganz ohne den Westen“.
  • „Einigung im Sudan“ von Ina Sembdner am 06. Juli 2019 in der jungen Welt externer Link zu den konkreten Erfolgen der Demokratiebewegung zusammen fassend: „… Damit konnte sich die Opposition nicht mit ihrer Forderung durchsetzen, dass der Oberste Rat nur von einem Zivilisten geführt werden soll. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtete, beinhalte die Vereinbarung allerdings eine weitere wichtige Forderung der Allianz. So könne sie die Mitglieder der zu bildenden Expertenregierung unabhängig von den Generälen wählen. Einer der Verhandlungsführer der Allianz, Omer Al-Digair, trat als erster Vertreter der Opposition vor die Presse und betonte, dass die wichtigste Priorität der Übergangsregierung das Erreichen von Frieden sein solle, wie die Zeitung Sudan Tribune am Freitag schrieb. Dazu gehöre vor allem die transparente unabhängige Untersuchung der Morde an Demonstranten, die während der Proteste seit dem Sturz von Omar Al-Baschir am 11. April verübt wurden. Wie es in der SPA-Mitteilung heißt, konnte sich die Allianz in diesem Punkt durchsetzen. Zu der Vereinbarung sagte Tarek Abdel Meguid von der Allianz gegenüber AP, dass er nicht vollständig mit dem Ergebnis zufrieden sei, Konzessionen aber notwendig gewesen seien, um weiteres Blutvergießen zu verhindern…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=151274
nach oben