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Massiver Protest gegen Justizwillkür im (spanischen) Baskenland: Zehntausende auf den Straßen Pamplonas

80.000 in Irun gegen spanische Justiz 16.6.2018Pamplona mag relativ bekannt sein – eine große Stadt ist es, mit etwas mehr als 190.000 Menschen, die dort leben, nicht. Und so war auch die einzige Frage bezüglich der Zahl der DemonstrantInnen an diesem 16. Juni 2018 nur die, ob es nun mehr oder weniger waren, als ein Drittel der EinwohnerInnen-Zahl. Fest zu halten bleibt, dass Pamplona regelrecht überschwemmt war mit dem Massenprotest gegen ein Urteil, für das der Begriff Justizwillkür erfunden sein könnte. Nicht nur, dass eine Richterin Jugendliche wegen einer Kneipenschlägerei mit Polizisten außer Dienst bis zu 13 Jahren im Gefängnis gehalten sehen will, sie sollen auch noch – wegen sogenannter Fluchtgefahr – bis zu Prozessen in weiteren Instanzen im Gefängnis bleiben. Zahlreiche Losungen, Sprechchöre, Lieder und Plakate machten auf der Demonstration deutlich, dass die Menschen gut verstanden haben: Es geht um zwei Fragen, die die politische Reaktion in Spanien mit diesem Schauprozess deutlich machen will. Zum einen muss ein Polizeistaat dafür sorgen, dass seine Polizei unantastbar bleibt. Was, wie nicht wenige Kommentare deutlich machen, immer auch bedeutet, Rechtsstaatlichkeit abzuschaffen (die ja, im Gegensatz zur Medienpropaganda auch in der BRD, darin besteht, dass alle Staatsorgane konsequent gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen folgen). Und zum anderen ist natürlich die Furcht der spanischen Nationalisten da, die Entwicklungen in Katalonien könnten ähnliche Haltungen auch erneut im Baskenland stärken. Weswegen es solchen Kreisen auch nicht gefallen haben dürfte, dass eine enorme Solidaritäts-Delegation aus Katalonien an der Demonstration teilnahm und sehr intensiv begrüßt wurde. Zum Protest gegen Willkürjustiz in Pamplona vier aktuelle Beiträge und der Hinweis auf den letzten unserer bisherigen Berichte zu Urteilen und Protesten im Baskenland:

  • „Unglaubliche Solidarität mit jungen Basken“ von Ralf Streck am 17. Juni 2018 bei telepolis externer Link worin unter anderem zur Berichterstattung bundesdeutscher Medien zur Willkürjustiz in Spanien berichtet wird: „Warum die Verurteilung von neun jungen Basken, die zunächst zu Knaststrafen zwischen 2 und 13 Jahren wegen Körperverletzung, Störung der öffentlichen Ordnung und Angriffe auf die Autorität verurteilt worden und bis auf eine junge Frau nun inhaftiert sind, so viel Empörung weit über das Baskenland hinaus erzeugt, reißt auch der ZDF-Bericht an. Dass das Ministerium für Staatsanwaltschaft jetzt Revision eingelegt hat und weiterhin bis zu 62 Jahre für „Terrorismus“ fordert, wird allerdings nicht genannt. Und der Bericht geht auch in der Behauptung fehl, dass die Guardia Civil die Polizei sei. Es ist eine Militäreinheit, die dem Verteidigungsministerium untersteht und auch an Kriegseinsätzen wie im Irak oder Afghanistan teilnimmt. Sie übernimmt in Spanien zum Teil auf einer höchst zweifelhaften juristischen Grundlage Polizeiaufgaben. Doch korrekt stellt das ZDF dar: „Hier sieht man einen der Beamten, der später behauptet hat, blutig geschlagen worden zu sein, im unbefleckten weißen Hemd. Er gibt einem der Männer, die ihn angegriffen haben sollen, sogar noch die Hand.“ Das Video, das der Hauptbeschuldigte Iñaki Abad gefilmt hatte, macht unzweideutig klar, dass es keine „Lynchjustizstimmung“ gab. Es macht auch klar, dass das später vor Gericht präsentierte zerrissene und blutbefleckte Hemd eine Fälschung ist. Angeblich soll der Beamte, der im Video gezeigt wird, am Boden liegend von einer Gruppe brutal attackiert worden sein, wie er vor Gericht behauptete. Das gesamte Video zeigt zudem, dass es den Zivilgarden missfiel, dass die Vorgänge vor der Kneipe aufgezeichnet worden sind. Einer versucht, dem nun verurteilten Iñaki Abad das Handy aus der Hand zu schlagen. Es handelt sich um einen Justizskandal, durch den vier junge Basken seit fast drei Jahren in Haft gehalten werden und acht nun für viele Jahre hinter Gittern verschwinden sollen. Das Video ist nur ein Beweis, aber längst nicht der einzige, dass hier schwere Straftaten konstruiert werden, um an den Basken ein Exempel zu statuieren. So haben auch Ärzte bestätigt, dass die angeführten Verletzungen der Paramilitärs nicht mit einer Aggression von etlichen Teilnehmern in Einklang stehen können. Einer der angeblichen „Haupttäter“ war nachweislich nicht in der Kneipe Koxka, in der es zur Auseinandersetzung kam, die nach Aussagen von Zeugen die Paramilitärs provoziert haben sollen“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=133598
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