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„Not welcome“ – Proteste gegen weiteren Ausbau der schweizerischen (privaten) Sozialspitzelei

sozialspitzel schweizDer Fall machte Furore und beeinflusste die Politik. Sozialmissbrauch, eines der Themen, das die rechte Schweizerische Volkspartei (SVP) seit Jahren auf der Agenda hatte, wurde zur Chefsache. Und die Stadt fand drastische Mittel. Wenige Monate später nahmen sogenannte Sozialdetektive ihre Arbeit auf. Seit 2007 spionierten sie Menschen hinterher, die im Verdacht stehen, zu Unrecht Sozialleistungen zu beziehen.Die rechtliche Grundlage für diese Observationen war dünn. Eine Schweizerin, die bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Praxis einer Unfallversicherung klagte, bekam im Oktober 2016 recht. Es sei unklar, wie sich solche Eingriffe in die Privatsphäre mit dem Gesetz vereinbaren ließen, urteilten die Richter. Besonders der Einsatz von GPS-Sendern, die Detektive zum Teil heimlich an Autos angebracht hatten, stand infrage. Zürich stellte die Beobachtungen ein“ – aus dem Bericht „Zehntausende Schweizer protestieren gegen „Sozialdetektive““ von Charlotte Theile am 16. April 2018 in der Süddeutschen Zeitung externer Link über die Entwicklung einer Initiative zur Massenbewegung – insbesondere mit Hinweis auf die Härte der Verfolgung. Die natürlich für Steuerbetrüger nicht gilt… Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge:

  • „Pro Infirmis unterstützt Referendum gegen Sozialdetektive“ am 16. April 2018 bei Telebasel externer Link über die Stellungnahme der Behinderten-Organisation und die Initiative gegen die gesetzliche Ausweitung der Bespitzelung, inklusive parteipolitischer Kursänderungen: „Sie befürworte es zwar, wenn Versicherungsbetrüger bestraft würden. Dafür brauche es aber kein diskriminierendes Sondergesetz. Mit dem neuen Gesetz hätten private Überwachungsfirmen mehr Rechte als die Polizei, warnt Pro Infirmis in ihrer Mitteilung vom Montag, 16. April 2018. In Zukunft brauche es keinen richterlichen Beschluss mehr, um jemanden in seiner privaten Umgebung zu überwachen. Da ein Sozialversicherungsmissbrauch strafrechtlich relevant sei, müssten in Verdachtsfällen dieselben rechtsstaatlichen Verfahren wie bei anderen Delikten gelten, plädiert Pro Infirmis. Nichts hält die Organisation von diskriminierenden Sondergesetzen für die Verdächtigen – auch nicht für Menschen mit einer Behinderung. Die Unterschriftensammlung für das Referendum wurde von einer Bürgerinnen- und Bürgergruppierung um die Autorin Sibylle Berg lanciert. Die Gruppe hat bis zum 5. Juli Zeit, die für das Zustandekommen nötigen 50’000 Unterschriften zusammenzubringen. Im Parlament stellten sich SP und Grüne gegen das Gesetz. Ein Referendum war vor der Aktion der Bürgergruppierung aber nicht angekündigt worden. Die Jungen Grünen haben der Gruppierung ihre Unterstützung bereits zugesichert, und die SP-Parteileitung sieht vor, sich im allfälligen Abstimmungskampf für das Anliegen einzusetzen“.
  • „Sozialdemokraten kämpfen nun doch gegen Sozialdetektive“ von Fabian von Allmen am 07. April 2018 beim SRF externer Link (Tagesschau)  zum erzwungenen Positionswechsel der SP: „Die SP-Parteispitze reagiert damit auf das kleine Referendumskomittee aus Nicht-Politikern. Diese haben das Referendum ohne Unterstütung von grossen Verbänden und Parteien lanciert. Das neue Gesetz würde es Versicherungen erlauben, Versicherte weitreichend zu überwachen. Die ursprüngliche Verweigerungshaltung der SP-Spitze hatte an der Basis für Unverständnis gesorgt. Einzelne Kantonalparteien hatten darauf hin auf eigene Faust beschlossen, das Referendum zu unterstützen“. Darin werden auch kurz die wesentlichen Bestimmungen des neuen Gesetzes zusammengefasst, gegen die sich vor allem der Widerstand regt.

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=130737
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