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„Aufräumen!“ Wie die philippinische Regierung nur ihre Versprechen an Unternehmer und das Bürgertum erfüllt – alle anderen sind ‚Gesindel’

Auch auf den Philippinen: Kampf um Mindestlohn„… Doch letztlich bedeutete das Ende des verhassten Diktators keinen tief greifenden gesellschaftspolitischen Systemwandel. Er glich vielmehr einer Machtrochade, wo alte politische Dynastien und mächtige Familienclans wieder an die Schalthebel gelangten und eine ‚Eliten-Demokratie’ re-installierten, deren Stützpfeiler bis heute intakt sind. Amnestie und Amnesie wurden seitdem zu politischen Tugenden. Untermauert durch kaum überarbeitete Text- und Schulbücher, die ihrerseits reichlich Stoff boten, die Schandtaten der ‚Marcoses’ und ihrer Kamarilla sukzessive zu relativieren. Der Höhenflug ‚Digongs’ begann ausgerechnet zu Beginn der Amtszeit von Aquino. Sie berief ihn 1987 als vorübergehend eingesetzten Politiker, zum Vizebürgermeister der Hafen- und Millionenstadt Davao City. Dort stellte sich 1988 Duterte das erste Mal zur Wahl und gewann auf Anhieb den Bürgermeisterposten. Bis zum Sommer 2016 saßen dann er selbst oder seine beiden Kinder Sara und Paolo an den Schalthebeln der Macht. Seit Juli 2016 hat Tochter Sara den Posten ihres Vaters als Bürgermeisterin Davaos übernommen. Davao – das war Mitte der 1980er Jahre ein Ort, wo antikommunistische Vigilantegruppen Hatz auf (vermeintliche) Mitglieder und Sympathisant*innen der NPA machten. Letztere wiederum waren zeitweilig in Davaos Stadtbezirk Agdao dermaßen stark verankert und mit eigenen Liquidationskommandos, so genannten sparrow units (Spatzeneinheiten), präsent, dass man den Bezirk zeitweilig in ‚Nikaragdao’ in Anlehnung an die sandinistischen Rebellen in Nikaragua umbenannte. Wer sich in einem solchen Klima aufgeheizten Militarismus’ als Politiker*in dauerhaft etablieren wollte, musste entweder über ein klassenübergreifendes Charisma verfügen oder mit knallharten Bandagen auftreten. Für Letzteres war ‚Digong’ nachgerade geschaffen; das Gros der Davaoeños liebte ihren ‚Saubermann’ par excellence. ‚Digong’ wiederum wurde nicht müde, von Davao als ‚meiner Stadt’ zu schwärmen. Je länger Duterte im Sattel saß, desto größer wurde sein Ego, was ihn dazu verleitete, auch und gerade in eliminatorischen Dimensionen zu denken und zu handeln. Vor allem Geschäftsleute schätzten des Bürgermeisters Sinn für ‚Stadtverschönerung’ und ‚Sicherheit’. Bettler*innen, Straßenkinder und Kleinkriminelle waren den Stadtoberen und dem Business ein Dorn im Auge. Für sie waren sie ‚Gesindel’, das es zu ‚beseitigen’ galt...“ – aus dem Beitrag „‚Dutertismo’ oder Der Verfall politischer Kultur“ von Rainer Werning am 24. September 2019 bei Südostasien externer Link – der, mit der Kontinuität nach dem Sturz der Marcos-Diktatur beginnend, die Entwicklung des neuen „starken Mannes“ des Inselstaates nachzeichnet und bewertet.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=155217
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