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Die Rolle des Unternehmerverbandes bei den aktuellen Protesten in Nicaragua

Friedensdemonstrationen in Nicaragua 2018Die Menschen sind müde von dem, was in den letzten 11 Jahren geschehen ist. Sie sind müde von der Diktatur Daniel Ortegas und seiner Frau, die seit 2016 Vize-Präsidentin ist. Seit drei Regierungsperioden ist die Familie an der Macht und ließ dafür sogar das Wahlrecht ändern. Diese Macht wollen sie nicht abgeben. Die sandinistische Partei, die 1979 die Revolution vorantrieb, existiert in derselben Form nicht mehr. Heute konzentriert sich alles auf das Präsidentenpaar. Viele der früheren FSLN-MitgliederInnen haben die Partei verlassen oder haben keinen Einfluss mehr. Man muss zwischen den „Sandinisten“ und den „Ortegistas“ unterscheiden. Die Ideen der Sandinisten, der FSLN, waren fortschrittlich und demokratisch. Aber Ortega hat einen anderen Weg eingeschlagen. Auch die sogenannte sandinistische Jugend dürfte diesen Titel eigentlich nicht tragen, man müsste sie in die „ortegistische Jugend“ umbenennen. Die aktuellen Forderungen lauten deshalb: Ortega soll zurücktreten und es müssen Neuwahlen organisieren werden. Der Wunsch nach Gerechtigkeit, einem Ende der Repression sowie dem Weg hin zur Demokratisierung des Landes wird in den Straßen und Medien laut“ – aus „Nicaragua: „Die Menschen sind aufgewacht, sie haben die Angst verloren“ am 09. Juni 2018 bei Perspektive Online externer Link – einem Interview mit der Journalistin Osiris Canales Rodríguez zur aktuellen Situation in Nicaragua. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge zur Entwicklung in Nicaragua, darunter auch einen, der die Kräfteverhältnisse gesellschaftlicher Gruppen analysiert, mit einem Schwerpunkt auf den Unternehmerverband Cosep, sowie den Hinweis auf den bisher letzten unserer zahlreichen Beiträge zum Thema:

  • „Die Regierung handelt verfassungswidrig“ von Evelyn Linde am 07. Juni 2018 in neues deutschland externer Link ist ein Gespräch mit María Teresa Castilblanco und die hebt zu etwaigen Perspektiven hervor: „Ein Teil der Protestierenden ist anti-sandinistisch und wollte Ortega nie. Sie haben sich also den Protesten angeschlossen und versuchten, für sich zu werben. Die Menschen bestehen jedoch darauf, dass diese Proteste eine Aktion für Nicaragua und nicht für die Parteien sind. Ihnen wurde direkt gesagt, dass der Protest keine Kampa-gne der liberalen oder rechten Parteien ist. Diese hoffen, an die Macht zu kommen. /Was ist die Alternative zu Ortega, wenn es Neuwahlen gäbe?/ Es gibt keine Person, die wählbar ist. Deswegen ist einer der Vorschläge im Dialog, eine Übergangsregierung einzurichten bis zu den Neuwahlen. Diese Übergangsregierung sollte kurzfristig einberufen werden, um eine bessere Repräsentation der Menschen in Nicaragua zu erlangen. /Sind Sie optimistisch, dass die Linke sich auf parlamentarischer Ebene organisiert, um wählbar zu sein? Oder ist es wahrscheinlicher, dass eine rechte Partei an die Macht kommt?/  Es kann sein, dass viele Abgeordnete von der Rechten oder Wirtschaft kommen. Aber ja, wir glauben, dass es in der studentischen Bewegung, der Bauern- und Frauenbewegung die Kapazitäten gibt, um eine gute Repräsentation zu erlangen. Die Idee ist, sich zu organisieren, und in den Bewegungen gibt es sehr gute Personen, die gewählt werden können. Die Regierung wird vielleicht nicht vollständig von einer linken Partei gestellt werden, aber sie wird eine viel bessere Alternative zu der jetzigen sein; einer Regierung, die auch nicht links ist“.
  • „»Das ist der Versuch eines Regime-Change«“ am 05. Juni 2018 in der jungen welt externer Link ist ein Interview von Jan Schwab mit Stephen Sefton, der das alles ganz anders sieht, von den Interessen der USA ausgehend und der sozialistischen Politik, wie er die von Ortega verfolgte Linie bewertet: „Der Kardinalfehler der Regierung war es, die Reform zu verkünden, ohne sie den Menschen zu erklären. Die Demonstranten vom Mittwoch, den 18. April, waren Studierende der Privatuniversität UPOLI sowie anderer Universitäten, wie der Universidad Centroamericana de los Jesuitas. Sie sind als Hochburg der intellektuellen Opposition landesweit bekannt. Die Mehrheit der Protestierenden hatte gute Intentionen, ist jedoch desinformiert. Die Proteste eskalierten erst mit dem Auftreten gewalttätiger Gruppen am Folgetag. Es handelte sich um Gruppen, die mit dem Movimiento Renovador Sandinista (MRS) verbunden sind, Exsandinisten, die spätestens seit 2008 nachgewiesenermaßen von den USA finanziert werden“.
  • „Nicaragua: Where Is The Rebellion Going?“ von Dan LaBotz am 06. Juni 2018 bei New Politics externer Link ist eine ausführliche Betrachtung der in Nicaragua aktuell wirkenden Kräfte, einschließlich der Entwicklung, die zu der jetzigen Situation geführt hat. Dabei werden sowohl die politischen Differenzierungen betrachtet – inklusive etwa des Scheiterns linker Abspaltungen aus der FSLN, die sich aus der Kritik an Ortegas Linie entwickelt hatten – als auch gesellschaftliche Kräfte wie Kirche und eben der Unternehmerverband Cosep. Der jetzt eine Möglichkeit sehe, aus den Vereinbarungen mit Ortega, mit denen die Unternehmen zwar „gut gefahren“ seien, die aber eben doch auch gewisse Beschränkungen bedeuteten, auszusteigen. Und der, unterstreicht der Autor, nicht nur die finanziell am besten ausgestattete Gruppierung sei, sondern eben auch die am besten und am weitreichendsten organisierte Gruppierung. Was bedeute, dass der Einfluss auf die politische Entwicklung nicht nur bedeutend sei, sondern auch anwachse.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=133262
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