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Proteste gegen Kontinuität: Kein Schönfärben des deutschen Kolonialismus in Namibia

Von deutschen Truppen 1905 ermordet: Hereros im WiderstandAm 29. August 2018, 10:30 Uhr werden im Rahmen eines Gedenkgottesdienstes im Französischen Dom in Berlin die sterblichen Überreste von ca. 25 Opfern des Kolonialregimes im ehemaligen „Deutsch-Südwestafrika“ an eine große Delegation aus Namibia übergeben. Darunter befinden sich auch die Gebeine von Menschen, die während des Genozids an den Herero und Nama 1904-08 in Konzentrationslagern ermordet wurden. Die Schädel und eine Kopfhaut stammen aus rasseanthropologischen Sammlungen in Berlin, Hannover, Witzenhausen, Hamburg, Greifswald und Jena. Die Nichtregierungsorganisationen des bundesweiten Bündnisses „Völkermord verjährt nicht!“, die sich gemeinsam mit namibischen Opferverbänden seit Jahren nachdrücklich für die Rückführung dieser Gebeine einsetzen, wurden von den Veranstaltern des Gedenkgottesdienst von der Zeremonie ausgeschlossen. Trotz ihrer Versicherung, den Ablauf der Trauerveranstaltung im Französischen Dom nicht zu stören, fürchten die verantwortlichen Regierungen und evangelischen Kirchen von Deutschland und Namibia Proteste, sollte sich die Bundesregierung auch bei dieser dritten Rückgabezeremonie für Gebeine von Kolonialopfern aus Namibia nicht für den Genozid an den Herero und Nama sowie für andere Kolonialverbrechen des Deutschen Reichs entschuldigen. Das Bündnis „Völkermord verjährt nicht!“ wird daher am 29. August nicht nur in Berlin, sondern auch in München und Leipzig Mahnwachen abhalten, die der namibischen Kolonialopfer gedenken und seiner Forderung nach einer Bitte um Entschuldigung durch die Bundesregierung Nachdruck verleihen…“ – aus der „Pressemitteilung zur Rückgabezeremonie für Gebeine namibischer Opfer des deutschen Kolonialismus in Berlin“ vom 27. August 2018 externer Link (hier dokumentiert bei der ISD) worin auch Orte und Zeiten der Proteste genannt werden. Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zum deutschen Kolonialismus in Namibia und der Verweigerungshaltung der BRD:

  • „Die Schuldfrage“ von Elisabeth Kimmerle am 28. August 2018 in der taz externer Link unterstreicht unter anderem: „Schon im Vorfeld wurde die Übergabezeremonie im Französischen Dom von Opferverbänden und postkolonialen Akti­vist*innen heftig kritisiert. Denn weder Paramount Chief Vekuii Rukoro, der traditionelle höchste Repräsentant der Herero, noch Ida Hoffmann, Parlamentsabgeordnete und Vorsitzende des Nama Genocide Technical Committee, waren offiziell nach Berlin eingeladen worden. Auch die Aktivist*innen des Bündnisses „Völkermord verjährt nicht“ waren von der namibischen Botschaft von der Zeremonie ausgeschlossen worden. Es scheint, als versuchte die Regierung, die dritte Restitution von Human Remains nach Namibia über die Bühne zu bringen, ohne Kritik an der schleppenden Aufarbeitung des Völkermords zu riskieren. In einer Presseinformation aus dem Auswärtigen Amt zu den Hintergründen der Restitution wird der Genozid mit keinem Wort erwähnt. Doch die Vertreter*innen der Herero und Nama kamen auf eigene Faust nach Berlin. „Ich bin die Initiatorin der Diskussion über den Genozid, ich fordere seit 1991, dass der Völkermord anerkannt wird“, sagt die namibische Nama-Aktivistin Ida Hoffmann am Sonntagabend in der Lobby ihres Hotels. Auch wenn sie sich nicht zu den Einladungen äußern will, ist ihr anzuhören, dass sie vor den Kopf gestoßen ist. Dass sie nicht zur Restitution in Berlin eingeladen ist, hat sie aus der Zeitung erfahren…
  • „Gedenken ohne Opfervertreter“ von Jana Frielinghaus am 28. August 2018 in der jungen welt externer Link weist noch knapp auf die geschichtlichen Tatsachen hin: „Von 1904 bis 1908 fielen Zehntausende Herero und Nama dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts zum Opfer, begangen von Soldaten der Kolonialmacht im damaligen Deutsch-Südwestafrika. Die Unterdrückten hatten sich zuvor gegen Landraub und Willkürherrschaft erhoben. Die Schädel, Gebeine und ein Stück Kopfhaut von etwa 25 Personen, die nach dem Berliner Gedenkgottesdienst am 29. August in Namibia bestattet werden sollen, wurden zwischen 1884 und 1915 nach Deutschland gebracht, wo sie für »rasseanthropologische« Untersuchungen benutzt wurden. Darunter sind auch sterbliche Überreste von von Menschen, die 1904 bis 1908 in Konzentrationslagern ermordet wurden…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=136750
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