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Korea - Volksdemokratische Republik

Warum progressive Kräfte in Korea und Japan den Gipfel Trump-Kim begrüßen (und warum gerade bundesdeutsche Medien sich plötzlich „kritisch“ zeigen)

Demonstration in Seoul aus Anlass des Trump Besuches in Südkorea am 6.11.2017Nach dem Treffen in Singapur könnten die Reaktionen kaum unterschiedlicher sein – erst recht, wenn man keine landesweit geschlossenen Reaktionen unterstellt. In Südkorea, wo progressive Kräfte seit der Krise im Sommer 2017 massiv gerade eine solche diplomatische Lösung anstelle des Säbelgerassels gefordert haben, zahlreiche Bekundungen der Unterstützung – wie auch schon für das Treffen der beiden koreanischen Regierungen im April 2018. Die Rechte in Südkorea, seit dem Sturz ihrer Präsidentin ohnehin in der Defensive, ist entsetzt. Erst recht über die (vorsichtige) Infragestellung der gemeinsamen Militärmanöver. Auch in Japan sehen oppositionelle Kräfte in diesem Treffen eine Schlappe für den Kriegs- und Aufrüstungskurs der rechten Abe-Regierung. Wenig erstaunlich, dass über Reaktionen aus Nordkorea nichts zu finden ist, außer den üblichen offiziellen Bekundungen. Umso erstaunlicher die massive Reaktion in der BRD, nahezu ausschließlich darauf gerichtet, das ganze als in Wirklichkeit ergebnisloses Show-Event zu denunzieren – und, plötzlich kritisch geworden, zu fragen, wer eine nukleare Abrüstung denn kontrollieren solle. Wohlgemerkt nicht, was das größte Atomwaffen-Arsenal der Welt betrifft… Siehe zum Gipfeltreffen und den Reaktionen vier aktuelle und einen Hintergrundbeitrag, sowie einen noch 2 Tage zugänglichen Videofilm:

„Statement of Unity on the Upcoming U.S.-North Korea Summit“ am 07. Juni 2018 bei Zoom in Korea externer Link ist eine gemeinsame Erklärung koreanischer Organisationen vor allem aus den USA, aber auch aus zahlreichen anderen Ländern der koreanischen Diaspora, progressiver Gruppierungen aus den USA und weiterer demokratischer Organisationen. Darin wird sowohl das Treffen der beiden koreanischen Regierungen vor etwa über einem Monat begrüßt, als auch der Gipfel zwischen den Regierungen der USA und Nordkoreas – und unterstrichen, was die koreanische Halbinsel und die ganze Region brauche, sei ein unterzeichneter Friedensvertrag mit klaren Bestimmungen.

„The Singapore Summit Gives Hope that Peace Is Still Possible“ von Se-Woong Ko am 13. Juni 2018 bei Korea Exposé externer Link ist ein Beitrag, in dem aus der Sicht der südkoreanischen Friedensbewegung die Kritik an den Ergebnissen des Treffens, wie sie vor allem die südkoreanische Rechte (und mit ihr BRD-Medien) äußert, zurück gewiesen wird. Dabei wird ausdrücklich auf eine Fortsetzung eines nunmehr eingeleiteten Prozesses gesetzt.

„Südkorea hadert mit Gipfel“ von Felix Lill am 13. Juni 2018 in neues deutschland externer Link weist – unter anderem – auf eine Parallele zwischen südkoreanischer Rechter und BRD-Reaktionen hin: „Südkorea ist angesichts des Trump-Kim-Gipfels tief gespalten. Einen fatalen Fehler nannten die Konservativen im Land schon die Pläne über das Treffen. »Wir müssen vor Betrug gewappnet sein«, schrieb etwa ein Kommentator in der konservativen Zeitung »Joong Ang Ilbo«. Das rechtsnationale »Chosun Ilbo« kritisierte die Vereinbarung zwischen Kim und Trump als »vage formuliert« und forderte gleich: »Wenn er als Anführer eines normalen Landes anerkannt werden will, muss Kim zuerst von seinen brutalen Führungsmethoden lassen.« Ganz anders sehen das die Liberalen im Land, angeführt von Präsident Moon Jae In. Der nannte das Singapur-Treffen am Dienstagnachmittag »historisch« und lobte auch Kim Jong Un, den Moon Ende April an der nord-südkoreanischen Grenze erstmals persönlich getroffen hatte. Kim werde »als Anführer in die Geschichte eingehen, der einen historischen Schritt auf die Welt zuging«. Zwar lägen noch viele Steine auf dem Weg zu einer intakten Beziehung. Aber: »Auf der Basis der getroffenen Vereinbarungen werden wir voranschreiten. Wir werden ein neues Kapitel von Frieden und Zusammenarbeit schreiben.« Die koreanische Halbinsel ist nicht nur in Nord und Süd geteilt. Durch den Süden führt ein tiefer Graben, der das Land in ein konservatives und ein liberales Lager spaltet. Seinen Ursprung hat diese Teilung in der Militärdiktatur, die Südkorea zwar binnen drei Jahrzehnten von einem Entwicklungsland zu einem Industriestaat führte, zugleich aber oppositionelle Kräfte unterdrückte“.

„URGENT PETITION to Presidents Trump & Moon: “Negotiate don’t escalate” „ seit dem 14. August 2017 bei No Thaad externer Link war die Petition, mit der das südkoreanische antimilitaristische Bündnis an die Regierungen Südkoreas und der USA appellierte, Verhandlungen mit Nordkorea aufzunehmen, statt weiter aufzurüsten und die Militärmanöver fortzusetzen und zu verstärken. Nahe liegend, dass diese große Gruppierung, der auch die südkoreanischen Gewerkschaften angehören, diesen Gipfel nunmehr begrüßte.

„Auf dem Weg zur Nordostasien-KSZE“ am 13. Juni 2018 bei German Foreign Policy externer Link gibt – zu mindestens – einen Hinweis auf die plötzliche Kritikbereitschaft bundesdeutscher Medien: „Die erhofften Investitionen setzen ihrerseits allerdings eine Beendigung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea voraus. Diese kann nach dem Erfolg des gestrigen Gipfeltreffens nun wohl ernsthaft in den Blick genommen werden. Die Gemeinsame Erklärung, die Trump und Kim unterzeichnet haben, sieht nicht die bislang geforderte sofortige nukleare Abrüstung vor, auf die Pyöngyang sich nicht eingelassen hätte. Sie verpflichtet Nordkorea lediglich dazu, „auf die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten“.[2] Aus Sicht Pyöngyangs trifft die Formulierung, die nicht Nordkorea, sondern die gesamte Koreanische Halbinsel benennt, auch den US-Nuklearschirm über Südkorea. Zudem haben sich beide Seiten fest verpflichtet, sich um „ein dauerhaftes und stabiles Friedensregime auf der Koreanischen Halbinsel“ zu bemühen. Trump hat angekündigt, in einem ersten Schritt die gemeinsam mit Südkorea abgehaltenen Militärmanöver einzustellen, und mitgeteilt, er rechne mit ersten Abrüstungsschritten Nordkoreas. Sobald die nordkoreanischen Atomwaffen „kein Faktor“ mehr seien, könnten die Sanktionen fallen.[3] Außerdem werde seine Administration nun weitere Verhandlungen mit Pyöngyang führen. Von deren Erfolg hänge alles ab. (…) Hier setzen deutsche Politiker an. Alles, was gestern in Singapur vereinbart worden sei, könne die Trump-Administration nicht alleine umsetzen, urteilt der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk, der seit vielen Jahren Gespräche sowohl in Süd- wie auch in Nordkorea führt und als Vorsitzender des Deutsch-Koreanischen Forums sowie als Ehrenpräsident der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft weiterhin an den Beziehungen der Bundesrepublik zur koreanischen Halbinsel arbeitet. Um Fortschritte zu erzielen, werde Washington „die Chinesen, die Russen, auch Japan und vor allem auch Südkorea brauchen“, erklärt Koschyk; eine Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche [4] biete sich an. Aus ihnen lasse sich dann „so etwas wie eine Nordostasien-KSZE“ entwickeln, „an der dann auch noch andere beteiligt sind“, um die jetzt neu angestoßene Entwicklung „in einen dauerhaften multilateralen Dialogprozess“ zu überführen“.

„Memory of Forgotten War“ von MU Films seit 2013 bei Vimeo externer Link (Abo) ist ein rund halbstündiger Film – aus Anlass des Gipfeltreffens eine Woche lang frei zugänglich, nur noch bis Donnerstag, 14. Juni 2018 – über die Geschichte und Auswirkungen des Koreakrieges, wie sie sich bis heute fortsetzen. Wer nachvollziehen möchte, warum für so viele Menschen in der Region der Friedensprozess so wichtig ist, sollte sich diese halbe Stunde Zeit nehmen.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=133373
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