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Kenias Regierung stellt streikenden Ärzten ein Ultimatum – und lässt die Gewerkschaftsführung per Haftbefehl suchen

Die Krankenschwesterngewerkschaft Kenias wollte den gemeinsamen Streik mit der Ärztegewerkschaft beenden. Die Krankenschwestern hat man nicht gefragt…Wer am Mittwoch, den 11. Januar die Arbeit nicht aufnimmt, wird entlassen“. So die Regierung Kenias vor drei Tagen. Am Tag danach setzte eine Arbeitsrichterin auf Antrag des Gesundheitsministeriums einen Haftbefehl gegen den Gewerkschaftsvorsitzenden und den Generalsekretär in Kraft. Wenn die Arbeit aufgenommen würde, so das Gesundheitsministerium, erkläre sich die Regierung bereit, binnen 60 Tagen zu einem Kompromiss mit den Ärztinnen und Ärzten zu kommen. Ein Versprechen, in das niemand viel Vertrauen setzte, schließlich ist die Ursache des Streiks ja ein von beiden Seiten unterzeichnetes Abkommen – anderswo auch Tarifvertrag genannt – aus dem Jahre 2013, und in dem Fall hatten Gewerkschaft und medizinisches Personal jahrelang auf irgendwelche Anzeichen gewartet, die zeigen würden, dass die Regierung an die Umsetzung gehe. Vergeblich. Weswegen sie ja auch die endliche Umsetzung als eine der beiden zentralen Forderungen des Streiks haben, der keineswegs neue Forderungen erringen soll (die zweite Forderung ist eine bessere Finanzierung des Gesundheitswesens im Allgemeinen). Die Reaktionen auf die Drohungen und das Ultimatum als deren Krönung war aber ebenfalls eindeutig: Eine spontane Demonstration von Ärztinnen und Ärzten in der Hauptstadt Nairobi, mit dem Transparent „Wenn hier jemand entlassen wird, seid Ihr es!“. Was durchaus auf Zustimmung in der Öffentlichkeit stieß: Der Staatssekretär, der sich persönlich massiv für einen Haftbefehl ohne Kautionsmöglichkeit einsetzte, wird einerseits mit dem „Verschwinden“ von rund 50 Millionen Euro (5 Milliarden Shilling) in Zusammenhang gebracht, andererseits wird ihm ein Interesse daran unterstellt, privaten Klinikunternehmen bessere Geschäftsmöglichkeiten zu besorgen… Siehe dazu unsere aktuelle Materialsammlung „Kenianische Arztgewerkschaft setzt Streik fort – trotz Ultimatum und Haftbefehl“ vom 12. Januar 2017:

„Kenianische Arztgewerkschaft setzt Streik fort – trotz Ultimatum und Haftbefehl“

„Doctors‘ union officials get one month suspended jail term“ am 12. Januar 2016 auf You Tube externer Link ist ein Video der kenianischen Zeitung Daily Nation über die Verkündung des endgültigen Urteils an diesem Donnerstag gegen die Führung der Ärztegewerkschaft KMPDU  – die Haft ohne Kaution wird für zwei Wochen ausgesetzt. Wenn in zwei Wochen dieser Streik nicht beendet sei, so die Richterin von der Regierung Gnaden, werden alle sechs Vorstandsmitglieder ihre Strafe- zunächst ebenfalls zwei Wochen Gefängnis –  antreten müssen. Ein Richter oder eine Richterin, die den vierjährigen Betrug der Regierung an den Beschäftigten und den PatientInnen des Gesundheitswesens in irgendeiner Weise verurteilt hätten, fand sich nicht. Was man früher schäbige Klassenjustiz genannt hätte, heißt heute auch in Kenia Arbeitsgerichtsbarkeit

„Striking doctors dismiss dismissal threats“ von Kenya CitizenTV am 10. Januar 2017 ebenfalls bei You Tube externer Link ist ein Video das den Haftbefehl gegen den Vorstand der KMPDU ebenso berichtet, wie die darauf folgende Tagung des Rates der Provinzgouverneure – und eine Versammlung der Gewerkschaft unmittelbar im Anschluss an die Verkündung, auf der der Generalsekretär unterstreicht, dass es weder einen Grund gäbe, sie einzusperren, noch gar einen Grund auf die Forderungen des Streiks zu verzichten, es werde kein „kosmetischen Lösungen“ geben, das Land verdiene ein wirksames öffentliches Gesundheitssystem

„#LipaKamaTender“ seit dem 05. Dezember 2016 ist der Twitterkanal externer Link des Ärztestreiks in Kenia: Die  jüngsten Maßnahmen der Repression haben ein intensives Echo hervorgerufen, das sich vor allem um die – zahlreichen – Korruptionsaffären der Regierung und der Behörden dreht, und um die damit verbundene Frage, wer eigentlich ins Gefängnis gehöre. Aber auch solche Informationen wie dass die indische Regierung auf Anfrage der Regierung Kenias nach Ärzten, die ins Land kommen könnten, antwortete, sie werde dafür eintreten, dass indische Unternehmen in Kenias Gesundheitswesen investierten, werden ausführlich kommentiert, vor allem als Beispiel dafür genommen, dass diese Regierung Kenias machen will, was – ausser den Profiteuren – niemand im Lande will: Eine weitere Ausdehnung der Profitunternehmen im Gesundheitsbereich. Und vieles andere mehr – lesenswert…

„Kenya: Police Hunting for Doctors‘ Union Officials Following Arrest Order“ von Simon Ndonga am 11. Januar 2017 bei Capital FM externer Link (hier dokumentiert bei AllAfrica)  ist ein Bericht über den Vollzug des Haftbefehls gegen den Vorstand der Ärztegewerkschaft – der leitende Polizeioffizier bestätigt darin, dass er die Anweisung bekommen habe, den Vorstand der Gewerkschaft fest zu nehmen. Zur selben Zeit wird in dem Beitrag die Regierung zitiert, die sich weiter gesprächsbereit zeige. Ob sie zu Verhandlungen ins Gefängnis kommen?

„Kenya: If Anyone Is Being Sacked Soon It’s You, Doctors Tell Governors“ am 10. Januar 2017 ebenfalls von Simon Ndonga bei Capital FM externer Link ist ein kurzer Bericht über die Reaktionen der Streikenden und ihrer Gewerkschaft auf das Ultimatum den streik am Mittwoch zu beenden: Wenn hier jemand entlassen wird, seid ihr es – diese Überschrift gibt den Tenor der Haltung und Antwort deutlich wieder. Die Drohung des Council of Governors werde die Entschlossenheit, die streikziele durchzusetzen nur noch mehr stärken, heißt es abschließend in der Erklärung der KMPDU zu der Drohung der Gouverneure. Der Generalsekretär der Gewerkschaft Ouma Oluga unterstrich dabei in einer Streikversammlung, dass es darum gehe, dass das Land ein funktionierendes Gesundheitssystem habe – das habe die Regierung bisher verweigert, die Forderung bleibe die Durchführung des 2013 unterzeichneten Tarifvertrages, der eben – neben einer Gehaltserhöhung für die Beschäftigten – auch eine bessere finanzielle Ausstattung des gesamten keinianischen Gesundheitswesens vorsah

„Kenya: ‚Go Ahead and Sack Us,‘ Kenyan Doctors Tell Government“ von Zipporah Nyambura am 10. Januar 2017 bei der Deutschen Welle externer Link ist ein ausführlicher Beitrag über die Reaktion der GewerkschafterInnen auf die Haltung der Regierung. Dabei wird vor allen Dingen hervorgehoben, dass die Ausrede der Regierung, das damalige Abkommen – der Tarifvertrag (CBA, Collective Bargaining Agreement) – sei von der zuständigen (staatlichen) Lohnkommission abgelehnt worden und deswegen nicht umgesetzt schon deswegen falsch sei, weil es keine Zuständigkeit dieser Kommission gäbe, da es sich keineswegs um einen bloßen Gehaltstarifvertrag handele, sondern um einen, der die Strukturierung des gesamten Gesundheitswesens im Kenia zum Gegenstand von konkreten Maßnahmen und Schritten habe

„Doctors Strike: Uhuru’s Regime End Game Is To Kill Public Healthcare For Private Healthcare With Politicians Investing In Medicare“ von Kenya West am 31. Dezember 2016 bei Kenya Insight externer Link ist ein Beitrag, der das Interesse der Regierung Kenias an der fortschreitenden Privatisierung des Gesundheitswesens im Lande behandelt. Dabei wird auch der Inhalt des Tarifvertrages von 2013 genauer berichtet: Mehr Ärzte, billigere Medikamente und modernere Ausrüstung werden darin konkret bestimmt. Insbesondere die Aktivitäten der Präsidentengattin First lady Margaret sind darin Gegenstand ausführlicher Erörterungen auch über persönliche Interessen am Privatisierungswahn auch in Kenia

„Journalists want Muraguri to resign for defending Sh5bn loss, threatening Nation writer“ von NANCY AGUTU am 26. Oktober 2016 bei The Star externer Link ist ein Beitrag über die Erklärung der Journalistengewerkschaft – Wochen vor Streikbeginn – dass der Staatssekretär im Gesundheitsministerium Nicholas Muraguri, der sich seitdem als der „große Gegenspieler“ des Streiks zu profilieren versucht (und offensichtlich auch manche Strippen zieht) zurücktreten solle. Denn seine Rolle beim „Verschwinden“ von rund 50 Millionen Euro aus dem Etat des Gesundheitsministeriums sei extrem dubios…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=109862
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