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Jordanische Regierung: Angesichts massiver Proteste gegen Teuerung wird „zurück gerudert“ – nicht von Waffenkäufen

Protest in Amman - auch gegen den König am 1.6.2018Jordanien ist eines der wenigen stabilen Länder der Arabischen Welt. Doch weil die Regierung Sparmaßnahmen und Preiserhöhungen angeordnet hat, gibt es jetzt auch hier – teils heftige – Proteste.  Hunderte Jordanier haben in ihrer Hauptstadt Amman gegen von der Regierung angeordnete Preis- und Steuererhöhungen protestiert. „Das Volk will die Regierung stürzen“, riefen die Demonstranten am späten Freitagabend vor dem Amtssitz von Ministerpräsident Hani al-Mulki. Dabei kam es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei, die versuchte, die Demonstranten vom Gebäude fern zu halten. (…) Zuvor hatte es bereits eine Reihe von Protesten gegen Sparmaßnahmen gegeben, die internationale Kreditgeber von Jordanien fordern. Das Land versucht derzeit, seine steigenden öffentlichen Schulden zu reduzieren. Die jordanische Wirtschaft ist wegen der Auswirkungen der Konflikte in der Region in Schwierigkeiten geraten…“ – aus der Meldung „Jordanier geraten mit Polizei aneinander“ am 02. Juni 2018 in der tagesschau externer Link, worin auf die Kosten von Flüchtlingen verwiesen wird – nicht aber auf die Kosten für deutsche Waffen zur Kriegsführung im Jemen… Zu den Protesten und ihren Hintergründen fünf weitere Beiträge – und der Verweis auf einen Beitrag über deutsche Waffenlieferungen an Jordanien:

  • „Proteste gegen Steuererhöhungen“ von Karim El-Gawhary am 03. Juni 2018 in der taz externer Link berichtet unter anderem: „„Wir werden nicht vom IWF regiert“, riefen wütende Demonstranten am Wochenende bei Protesten gegen Steuererhöhungen und Preissteigerungen vor dem Büro von Jordaniens Premierministers Hani Mulki in Amman. Die Polizei verhinderte mit Tränengas, dass die Demonstranten in die Nähe des Arbeitsplatzes des Regierungschefs kamen. Bereits den dritten Tag in Folge kam es in dem haschemitischen Königreich zu Protesten in der Hauptstadt, aber auch in Provinzstädten, wie Zarqa, Irbid und Ma’an. Hintergrund ist ein von Premier Mulki eingebrachter Gesetzentwurf, laut dem Verdiener von Jahreseinkommen von umgerechnet mehr als 11.000 US-Dollar 5 Prozent mehr Steuern zahlen sollen. Die Gewerbesteuer soll um 20 bis 40 Prozent erhöht werden. Die Steuerreform ist Teil eines vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderten Programms für einen 723-Millionen-Dollar-Kredit. Den hatte der Fonds dem Land 2016 gewährt. Damit sollen Jordaniens öffentliche Schulden von 94 Prozent des Bruttosozialprodukts bis zum Jahr 2021 auf 77 Prozent gesenkt werden. (…) Laut Mulki sind die Reformen nötig, um Jordaniens Wirtschaft wieder „aufs Gleis zu bringen“. Sie sollen bis Mitte 2019 vollendet sein. Die Gewerkschaften sprechen von massivem Sozialabbau und dass die Reformen vor allem die Mittelklasse treffen“.
  • „Mass Protests in Jordan Despite King’s Decision to Cancel Fuel Price Hikes“ am 02. Juni 2018 bei Al Bawaba externer Link ist eine Meldung über die Fortsetzung der Proteste am Samstag, auch nachdem der König am Freitag die Rücknahme der Preiserhöhungen angeordnet hatte. Darin wird sowohl deutlich, dass die Proteste inzwischen weit über Aktionen in Amman hinaus gehen und faktisch quer durchs Land überall stattfinden, als auch dass ise zunehmend militanter werden – es wird über zahlreiche Straßenblockaden mit brennenden Reifen an verschiedenen Orten berichtet – auch motiviert dadurch, dass der „Aufhebungsbeschluss“ nur eine zeitlich begrenzte Aufschubregelung für den Fastenmonat bedeuten soll.
  • „Jordania: huelga general en contra de reforma tributaria dictada por el FMI“ von Diego Sacchi am 31. Mai 2018 bei La Izquierda Diario externer Link ist ein Bericht vom ersten Tag der Proteste, dem Donnerstag, in dem informiert wird, dass die Basis aller Aktionen ein Aufruf von 33 Gewerkschaften und Berufsverbänden  zu einem Protest-Streiktagt gewesen ist. Dieser aufruf wurde auch im öffentlichen Dienst – etwa in Krankenhäusern – massiv befolgt, obwohl die Regierung am Mittwoch über alle Sender ihre „Erinnerung“ hatte verkünden lassen, dass im öffentlichen Dienst Streiks verboten seien. Die Auswirkungen auf das Leben der Menschen werden in diesem Beitrag ebenfalls kurz skizziert, wenn darauf hingewiesen wird, dass diese Regierungspolitik zu einer Erhöhung des Brotpreises um 67% geführt hat.
  • „Partnerschaft mit kleinem Makel“ von Christoph Prössl am 06. April 2018 in der tagesschau externer Link hatte das Thema deutscher Waffen für Jordanien immerhin erwähnt: „Die Bundesregierung hat Jordanien auch mit gepanzerten Fahrzeugen unterstützt und Rüstungsexporte genehmigt. Das Thema ist heikel, denn Jordanien ist am Krieg im Jemen beteiligt. Die Regierung halte sich an das Völkerrecht, betonte Safadi. Keine weiteren Details auf Nachfrage. Obwohl die wichtig wären. Denn CDU, CSU und SPD haben sich darauf verständigt, keine Waffen an Länder zu liefern, die unmittelbar am Krieg im Jemen beteiligt sind – auf Druck der Sozialdemokraten. Aber was bedeutet „unmittelbar“? (…) Das ist auch in der Koalition noch nicht ausbuchstabiert. „Das werden wir jetzt in Berlin zügig angehen und entscheiden müssen“, sagte Maas in Amman, „und dabei werden wir auch sicherlich das, was wir hier aus den Gesprächen in Jordanien mitnehmen können, in die Entscheidungsfindung einfließen lassen“. Präziser wollte Maas nicht werden. Er wird abwägen müssen, wie das gelingen kann: Jordanien unterstützen und gleichzeitig den Prinzipien, die im Wahlkampf und in den Koalitionsverhandlungen eine wichtige Rolle gespielt haben, treu bleiben
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132950
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