»
Jemen »
»
»
Saudi-Arabien

Keine deutschen Waffen mehr für Saudi Arabien? Stattdessen: Waffenfabriken

Dossier

Aktionspostkarte: Ausgeliefert - Munitionsexporte der Rheinmetall AG stoppenAls Begründung werden Konsequenzen aus der Tötung von Jamal Khashoggi genannt. Der Jemen-Krieg hat dafür nicht ausgereicht. Die deutsche Regierung hat die Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien „komplett gestoppt“, wie am Montag das Wirtschaftsministerium bekannt gab. Begründet wird der Stopp, der die Auslieferung von Waffen und anderen Rüstungsgüter betreffe, mit der Konsequenz aus der Tötung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi. Die Entscheidung, getroffen nach einer Prüfung, die nicht nur neue Exportgenehmigungen, sondern auch bereits erteilte Genehmigungen umfasste, entspricht einer Forderung, die in der Öffentlichkeit umso forcierter vorgetragen wurde, je mehr über die haarsträubende Aktion, die sich Anfang Oktober im saudischen Generalkonsulat in Istanbul zutrug, durchsickerte. (…) So konsequent die Entscheidung im ersten Moment erscheint, bleiben doch ein paar Fragen stehen wie hartnäckige sture Kegel, die bei diesem Wurf nicht umfallen wollen. Eine wäre: Warum reagiert die Bundesregierung auf die Aktion eines Killerkommandos, das einen Feind der Herrschaft im Haus Saud zur Seite räumt, aber nicht auf eine brutale Kriegsführung des Königreiches im Jemen, die bislang über 50.000 Tote und Millionen Hungernde und von Krankheiten und Schwäche gezeichnete Menschen auf dem Konto hat? Der saudische Wahnsinn im Jemen hätte längst nach Konsequenzen verlangt…“ – aus dem Beitrag „Deutsche Regierung verfügt Stopp der Waffenlieferungen an Saudi-Arabien“ von Thomas Pany am 20. November 2018 bei telepolis externer Link über den Schritt der Bundesregierung, der offensichtlich dazu dienen soll, die wachsende Kritik an der Unterstützung des mörderischen Saud-Regimes zu beruhigen… Zum Krieg der Sauds im Jemen und der bundesdeutschen Mitwirkung weitere aktuelle Beiträge und Kritik an dazu gehörenden „Geschäften“:

  • Exportstopp mit Lücken: Weiter Rüstungsgeschäfte mit den Saudis New
    „Keine Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien“, versprach Kanzlerin Merkel nach dem Mord an Jamal Khashoggi. Doch deutsche Rüstungsmanager machen weiter Geschäfte in großem Umfang mit den Saudis, wie Recherchen von report München und Stern zeigen. Es sei „eine Chance, die man nur einmal im Leben bekommt“, sagte der deutsche Rüstungsmanager Andreas Schwer Anfang des Jahres. Kurz zuvor war er nach Saudi-Arabien gewechselt. Dort baut er für Kronprinz Mohammed bin Salman einen neuen Rüstungskonzern auf: die Saudi Arabian Military Industries (SAMI). Mit dem Ex-Rheinmetall-Manager wechselten gleich mehrere seiner Kollegen von Deutschland nach Riad, (…) Möglich wird die deutsche Rüstungsaufbauhilfe durch eine Lücke im Gesetz: Sogenannte technische Unterstützung, die deutsche Staatsbürger für Rüstungsunternehmen im Ausland leisten, ist bei uns kaum reguliert. Andere Länder sind da weitaus strenger. Die USA zum Beispiel, sagt Arnold Wallraff, der ehemalige Präsident des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Amerikaner könnten ihre Staatsbürger rüstungsexportpolitisch an allem hindern, wenn sie wollten, so der ehemalige Spitzenbeamte. Deutsche Rüstungsmanager und -ingenieure dagegen brauchen grundsätzlich keine Genehmigung für eine Tätigkeit im Ausland. Und es gibt noch eine weitere gravierende Gesetzeslücke, die insbesondere Schwers Ex-Arbeitgeber Rheinmetall ausnutzt: Deutsche Konzerne können deutsches Exportrecht durch ausländische Tochterfirmen umgehen. Eine dreistellige Millionensumme setze Rheinmetall jährlich mit Munitionslieferungen an Saudi-Arabien über Töchter in Südafrika und Italien um, erklärte im November ein Rheinmetall-Manager aus Düsseldorf den wichtigsten Investoren des Konzerns. Auch wegen der saudischen Nachfrage baut der Konzern gerade auf Sardinien seine Bombenfabrik aus – völlig unbeeindruckt vom Exportstopp der Kanzlerin. Der ehemalige Spitzenbeamte Wallraff sagt, die Bundesregierung könnte all das „fast mit einem Federstrich“ unterbinden. Möglich wäre eine Genehmigungspflicht für Investitionen deutscher Konzerne in ausländische Rüstungsunternehmen und für Auslandstätigkeiten deutscher Rüstungsmanager. Nach Worten des ehemaligen BAFA-Chefs müsste dafür nicht einmal der Bundestag zustimmen, eine bloße Änderung der sogenannten Außenwirtschaftsverordnung würde ausreichen. …“ Beitrag von Karl Hoffmann und Philipp Grüll beim Bayrischen Rundfunk vom 04.12.2018 externer Link, siehe dazu:

    • Exportstopp mit Schlupflöchern – Wie Rheinmetall weiter Geschäfte mit den Saudis macht
      „Nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi verkündete die Bundeskanzlerin einen Exportstopp für Waffen nach Saudi-Arabien. Doch gerade aufgrund der immensen Nachfrage der Saudis baut Deutschlands Rüstungsriese Rheinmetall genau jetzt seine Produktionskapazitäten für Bomben aus, wie gemeinsame Recherchen von report München und Stern zeigen. An einem Standort in Italien, für den deutsches Exportrecht nicht greift. Möglich wird all dies durch Schlupflöcher in deutschen Gesetzen, die der Bundesregierung seit langem bekannt sind.“ Video des Beitrags von Report München in der ARD vom 04.12.2018 externer Link
  • „Business as usual“ am 20. November 2018 bei German Foreign Policy externer Link zum Thema „Waffenfabriken statt Waffenverkauf“ unter anderem einleitend: „Der saudi-arabische Rüstungskonzern SAMI (Saudi Arabian Military Industries) ist unter der Leitung von Ex-Rheinmetall-Manager Andreas Schwer bereits seit geraumer Zeit bemüht, Anteile an dem in Finanznot geratenen südafrikanischen Rüstungskonzern Denel zu erwerben. Ursache ist, dass SAMI laut den Plänen der Regierung in Riad so rasch wie möglich zu einer der 25 größten Waffenschmieden weltweit aufsteigen soll. Dazu sind umfangreiche Kooperationen mit anderen Rüstungsunternehmen erforderlich. Zuletzt hat SAMI ein Joint Venture mit dem in Staatsbesitz befindlichen spanischen Marinekonzern Navantia geschlossen; beide werden gemeinsam ab Ende dieses Jahres Korvetten des Typs AVANTE 2200 bauen, wobei die Produktion zu gut 60 Prozent in Saudi-Arabien stattfinden soll. Von einem Einstieg bei Denel wiederum erhofft sich SAMI eine engere Zusammenarbeit nicht zuletzt bei der Herstellung von Raketen und Präzisionslenkwaffen. Umgekehrt will SAMI für Denel Absatzchancen auf den Rüstungsmärkten der arabischen Welt schaffen. Das Vorhaben des saudischen Rüstungskonglomerats hat in Südafrika heftige Debatten ausgelöst – insbesondere auch wegen der saudischen Kriegsverbrechen im Jemen sowie wegen des Mordes an dem Regierungskritiker Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul. (…) Teil des geplanten Deals ist der Einstieg von SAMI bei Rheinmetall Denel Munition (RDM), dem südafrikanischen Ableger der Düsseldorfer Waffenschmiede Rheinmetall, an dem Denel 49 Prozent hält. RDM hat bereits eine Munitionsfabrik für die staatseigene saudische MIC (Military Industries Corporation) gebaut, in der seit März 2016 Mörser- und Artilleriemunition sowie 500- bis 2.000-Pfund-Bomben für die saudische Luftwaffe gefertigt werden. Berichten zufolge betreut RDM die Fabrik weiterhin…“
  • „Neue Kämpfe in Jemen beenden kurzzeitigen Waffenstillstand“ am 20. November 2018 bei der NZZ externer Link ist eine Reuters-Meldung zu den ausgestreuten Gerüchten, es werde eventuell Waffenstillstandsverhandlungen geben: „In Jemen dämpfen neue Kämpfe die Hoffnungen auf Frieden. Die von Saudiarabien geführte Militärallianz attackierte am Montagabend mit mehr als zehn Luftangriffen Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen in der Hafenstadt Hudeida, wie Einwohner berichteten. Zuvor hatte Jemens Informationsminister Moammar al-Erjani mitgeteilt, dass die Huthis eine Rakete in Richtung Saudiarabien abgefeuert hätten, die aber noch in Jemen niedergegangen sei. Eine Stellungnahme der Rebellen dazu war nicht zu erhalten. (…)Die Vereinten Nationen hoffen auf Friedensgespräche noch in diesem Jahr…“
  • „Kaeser muss Reise nach Saudi-Arabien absagen“ am 20. November 2018 von Reporter ohne Grenzen externer Link zur zunächst angeblich abgesagten, in Wirklichkeit aber nur verschobenen Reise eines Groß-Geschäftemachers zum saudischen Regime: „Angesichts des noch immer nicht aufgeklärten Mordes am Journalisten Jamal Khashoggi fordert Reporter ohne Grenzen (ROG) Siemens-Chef Joe Kaeser auf, seine geplante Reise zu einer Konferenz in Saudi-Arabien abzusagen. Kaeser will Medienberichten zufolge am 26. November an einer Konferenz des staatlichen Ölkonzerns Saudi-Aramco teilnehmen. Im Oktober hatte er nach der Absage anderer Industrievertreter und Kritik unter anderem von ROG die Teilnahme an einer Investorenkonferenz in Riad abgesagt (…) Der grausame Mord an dem kritischen Journalisten Jamal Kashoggi am 2. Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul hat die Weltöffentlichkeit aufgerüttelt. Es ist jedoch nicht der einzige Fall, in dem das Regime erbarmungslos gegen Journalisten vorgegangen ist: In den zwölf Monaten vor dem Tod Khashoggis verschwanden in Saudi-Arabien mindestens 15 Journalisten Bei vielen von ihnen wurde erst nach Monaten bekannt, dass sie inhaftiert und teilweise zu langen Haftstrafen verurteilt wurden…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=140339
nach oben