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Wie Italiens Kapitalisten aus der Krise wollen: Und Gewerkschaften nicht eben eine Gegenkraft sind

Fiat in Pomigliano - das antigewerkschaftliche Labor des italienischen KapitalismusIn diesem Sinne setzt die Regierung Renzi eine Änderung des politisch jahrelang umkämpften, legendären articolo 18 des Arbeiterstatuts durch, die in der Substanz auf seine Abschaffung hinausläuft. Der Artikel hatte einst Schranken gegen die Entlassungswillkür eingezogen und wurde in Unternehmerkreisen immer als Inbegriff sozialistischer Wirtschaftsfeindlichkeit, als ein einziges Geschäftshindernis geschmäht, so gering seine praktische Relevanz in der betrieblichen Realität auch sein mochte. Dass es mit der Schlachtung dieser „heiligen Kuh“ der Gewerkschaften in erster Linie um eine politische Demonstration geht, haben alle Seiten gut verstanden, sie ist nicht zuletzt auch auf den Beifall der auswärtigen Freunde des freien Arbeitsmarktes berechnet: Die italienische Regierung stellt damit ihre politische Souveränität und Durchsetzungsmacht vor den Augen der deutsch-europäischen Öffentlichkeit unter Beweis. Indem er tut, was einem Berlusconi nicht gelungen ist, also eine gleichsam symbolische Bastion der Gewerkschaften abräumt, stellt Renzi klar, dass er seine staatliche Handlungsfreiheit keinesfalls von irgendwelchen Gewerkschaften beschränken lässt. Diese sieht und behandelt er als Lobby überholter und sozial schädlicher Interessen, die nur jenen „Klassengegensatz“ verwaltet, den er abschaffen will; vertritt sie doch bloß die „privilegierten“ Arbeiter und schadet so einem großen Teil des Volkes, das ganz schlicht Arbeit um jeden Preis braucht“ – aus dem Artikel „Von den Fortschritten der Gewerkschaftsbewegung im Zeitalter des Kampfes um Arbeitsplätze“ in der Ausgabe 1 von 2017 der Zeitschrift Gegenstandpunkt (wir danken der Redaktion für die Überlassung des Artikels), worin auch zum antigewerkschaftlichen „Modell“ Fiat einleitend geschrieben wird: „So zeigt sich auch am Fall Fiat, welch leichtes Spiel das Kapital mit einer Gegenseite hat, die sich selbst zerlegt und schwächt: Wenn all die Zumutungen des Konzernherrn von den Metallabteilungen der Cisl und Uil – wie verlangt: ohne Wenn und Aber – mitgetragen werden, dann ist die Fiom mit der Verweigerung der Unterschrift von vorneherein isoliert. Ihr Streikaufruf trifft bei der Basis auf keine Gefolgschaft, sondern nur auf besagte Hetze aus den Reihen der gewerkschaftlichen Konkurrenz.19) Diese Ohnmacht bzw. die eigene Übermacht ermuntert wiederum die Werksführung, die Fiom als das einzige widerspenstige Relikt aus alten Gewerkschaftszeiten ganz aus dem Fiat-Werk zu verbannen

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