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Der Streik in Foggia war total: Gegen die Todesopfer im italienischen Agrarkapitalismus seit 2011 – 7 Jahre, 6 Regierungen, 0 Veränderung.

Streikdemo der afrikanischen Erntehelfer am 8.8.2018 in FoggiaIm süditalienischen Foggia haben am Mittwoch hunderte ausländische Landarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt und sich an einer Protestkundgebung beteiligt. Die Demonstration wurde von den Gewerkschaften unterstützt. Die Demonstranten versammelten sich vor der Siedlung San Severo, in der hunderte afrikanische Erntehelfer in miserablen Zuständen leben. „Arbeit, Rechte und Würde“, lautete der Slogan der Demonstranten. „Schluss mit Ausbeutung, wir wollen in Sicherheit arbeiten“, war auf einem Spruchband zu lesen. Eine Schweigeminute wurde für die 16 afrikanischen Erntehelfer eingehalten, die bei zwei Verkehrsunfällen in der Nähe von Foggia am Montag und am vergangenen Samstag tödlich verunglückt waren. Die Lieferwagen, in denen sie von der Feldarbeit zurückkehrten, waren mit Lastwagen zusammengestoßen. „Heute ist ein Tag der Trauer. Erstmals organisieren sich Erntehelfer und kämpfen für ihre Rechte, das ist sehr wichtig“, betonte Michele Emiliano, Präsident der Region Apulien, zu der Foggia gehört. Landwirtschaftsminister Gian Marco Centinaio erklärte, er wolle nicht in einem Land leben, wo Sklaverei noch herrsche. „Ich werde alles Mögliche tun, um diese Plage zu bekämpfen“, sagte der Minister…“ – aus der Meldung „Streik der Erntehelfer in Süditalien: Protest gegen Ausbeutung“ am 08. August 2018 beim (Wiener) Kurier externer Link – die, im Unterschied zur bundesdeutschen Medien wenigstens mehrere Agenturmeldungen berücksichtigte (und nicht nur kommentarlos die – sachlich „bedingt richtige“ – dpa Meldung wiedergab). Weswegen hier auch der Streik erwähnt wird – nicht aber, dass die zitierten Politiker nicht auf der Streikkundgebung der USB sprachen, sondern auf der Demonstration, zu der die größeren Verbände separat aufgerufen hatten. Und das Gegeifer des “Herrn“ Salvini bleibt hier ebenfalls augeblendet… Zum Streik und den Protesten nach den erneuten Todesfällen sowie dem rassistischen Rettungsversuch Salvinis für das Ausbeutungssystem in der Landwirtschaft Italiens eine kleine aktuelle Materialsammlung vom 09. August 2018:

„Marcia dei berretti rossi, adesione totale allo sciopero dei braccianti USB. Il ministro Centinaio: il 22 settembre sarò al vostro convegno nazionale“ am 08. August 2018 beim Gewerkschaftsbund USB externer Link ist ein Bericht vom Tage über Streik und Demonstration (der „Rotmützen“) in San Severo bei Foggia, wo Unfallort und Felder nahe liegen. Die Gewerkschaft unterstreicht darin, dass die Forderungen, die sich aus diesen jüngsten Ereignissen – mit 16 Todesopfern binnen weniger Tage – ergeben, dieselben sind, wie sie von der USB bereits vor einem Monat dem Arbeitsministerium übergeben worden waren, woraus sich aber, trotz anderer Zusagen, bisher nichts ergeben habe – der Arbeitsminister hat nun im Fernsehen zugesagt, beim nationalen Landarbeiterkongress der USB am 22. September 2018 anwesend zu sein.

„“Berretti rossi” in marcia . La diretta“ am 08. August 2018 bei Contropiano externer Link ist die kommentierte Dokumentation des obigen Berichts der USB – ergänzt um eine ganze Reihe von Fotos und Videos von den Aktionen des Tages.

„Da Foggia una grande risposta: basta caporalato“ am 08. August 2018 bei Rassegna Sindacale externer Link ist ein Bericht auf der CGIL-nahen Webseite, worin über die Demonstration der größeren Verbände berichtet wird, dass die Sekretärin der CGIL-Landarbeitergewerkschaft FLAI die Anwendung des Gesetzes 199 fordert, das die Arbeitsbeziehungen in der Landwirtschaft regeln soll – und in dessen Nicht-Durchsetzung der Gewerkschaftsbund die wesentliche Ursache der katastrophalen Arbeitssituation in der Landwirtschaft sieht.

„A Foggia la doppia protesta contro lo sfruttamento“ von Gianmario Leone am 09. August 2018 bei Il Manifesto externer Link ist eine Reportage (und eben kein Agenturbericht) vom Tage – über den „zweifachen Protest“ der in Foggia stattgefunden habe (als einziger Beitrag, über beide Aktionen). Eine Reportage, die dann auch mit dem Demonstrationsbeginn der – von verschiedenen Quellen auf etwa 800 geschätzten – Streikenden und ihrer UnterstützerInnen um 8 Uhr beginnt, im „Ghetto di Rignano, in San Severo“. Später am Tag beteiligt sich der Reporter auch an der Demonstration der Gewerkschaftsverbände Cgil, Cisl und Uil, an der sich über 2.000 Menschen beteiligen. Immer wieder werden in dem Bericht auch die Ansprachen von Betroffenen wieder gegeben, die die Arbeits- und Lebensbedingungen sehr eindeutig und eindrücklich schildern: Etwa, dass bei einem Stundenlohn von etwa 3 Euro auch noch 5 Euro (täglich) für den (manchmal tödlichen) Transport bezahlt werden muss.

„Foggia, “il caporalato non va ridotto a un problema di mafia. Nulla è cambiato dal 2011, sfruttato oltre 1/3 dei braccianti”“ von Marco Pasciuti am o8. August 2018 bei Il Fatto Quotidiano externer Link  ist ein Gespräch mit Yvan Sagnet, der in Nardo im Jahr 2011 einer der Organisatoren des ersten Streiks migrantischer Erntehelfer in Süditalien war. Darin wird vor allem die Aussage des rechtsradikalen Innenministers Salvini kritisiert, das ganze sei ein Problem der Mafia. (Muss er eigentlich am besten Wissen, oder?) Eben das sei es keinesfalls, sondern ein Problem (steuerlicher) Förderung eines Systems, das in den sieben Jahren seit dem ersten Erntehelfer-Streik durch sechs verschiedene Regierungen Null Veränderungen erfahren habe.

„La genialata di Salvini“ am 08. August 2018 bei Operai Contro externer Link ist eine Korrespondenz, in der die Hetze Salvinis erst richtig deutlich wird: Wenn dieser Ziehvater aller schießwütigen italienischen Rassisten sagt, es ist ein Problem der Mafia, dann ist das für ihn nur ein erneuter Grund – und willkommener Anlass – zur Hasspropaganda: Gerade in den Baracken der Migranten fände die Mafia ihren Nährboden, weswegen diese Siedlungen geschleift werden müssten. (Wenn da in den nächsten Tagen Brände entstehen sollten, hätte er natürlich gar nichts damit zu tun…). Nun weiß jeder, dass es die Mafia schon gab, als die Migration noch aus Italien weg stattfand – und auch, dass sie ihre Baugeschäfte keineswegs mit Barackensiedlungen gemacht hat und macht, aber Fakten tun ja nichts zur Sache, beziehungsweise: Zur Hetze.

„Nominala invano: la mafia secondo Salvini“ von Giulio Cavalli am 08. August 2018 bei Left externer Link, der linken italienischen Web-Illustrierten, ist ebenfalls ein Beitrag über Salvinis Rettungsprogramm für das spezielle Ausbeutungssystem in Italiens Landwirtschaft. Seine Hetze gegen die Barackensiedlungen wird in dem Artikel den allgemein bekannten Tatsachen der Zusammenarbeit der verschiedenen Clans mit den Spitzen von Kapital und Politik gegenüber gestellt.

„“Da Marcinelle a Foggia, la striscia di sangue dello sfruttamento“ von Franco Astengo am 08. August 2018 bei Contro la Crisi externer Link ist ein Beitrag, in dem die Kontinuität, Brutalität und Normalität der kapitalistischen Ausbeutung nachgezeichnet wird: Der 8. August ist exakt der 62. Jahrestag der Katastrophe von Marcinelle in Belgien, als in der Kohlegrube über 260 Bergarbeiter den Tod fanden – und von denen über 130 italienische Migranten waren, die bereits seit Anfang der 50er Jahre nach Belgien auswanderten – und in jenen Baracken lebten, in denen zuvor Kriegsgefangene aus dem Deutschen Reich gehalten wurden…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=135816
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