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Die israelische Rechtsregierung verteidigt das Massaker am Grenzzaun – und lässt Proteste im eigenen Land niederknüppeln

Demonstration an der Grenze Israels am 30.3.2018Tausende Menschen hatten am gestrigen Tag der Trauer an die Opfer erinnert. Präsident Abbas machte Israel für die Gewalt verantwortlich. Dagegen erklärte Premierminister Netanjahu, Israel habe seine Souveränität und seine Bürger verteidigt. Ein Armeesprecher sagte, mindestens zehn der Getöteten seien militante Palästinenser gewesen. Die EU-Außenbeauftragte Mogherini rief beide Konfliktparteien zur Beendigung der Gewalt auf. Israelis und Palästinenser müssten weitere Eskalationen vermeiden und ihre Friedensgespräche wieder aufnehmen, sagte Mogherini in Brüssel. Eine Zwei-Staaten-Lösung sei der einzige Weg, Seite an Seite in Frieden und Sicherheit zu leben. UNO-Generalsekretär Guterres verlangte eine unabhängige Untersuchung der gestrigen Ereignisse. Dabei waren mindestens 15 Palästinenser getötet worden. Mehr als 1.400 wurden verletzt, die meisten durch Tränengas“ – so der erste Bericht über die Antwort der rechten israelischen Regierung auf die Proteste gegen das mörderische Vorgehen der israelischen Armee am Karfreitag im Gazastreifen – „Vermutlich rund 50 Menschen bei neuen Unruhen verletzt“ am 01. April 2018 im Deutschlandfunk externer Link – wobei sogar die Rechnung des erwähnten Armeesprechers denn doch eine ganze Reihe von Todesopfern „übrig“ lässt, die nicht unter seine – und der Regierung – Definition von Terroristen fallen. Siehe zum Massaker, den Reaktionen und auch Hintergründen eine kleine Sammlung von Beiträgen:

„Tote und Hunderte Verletzte bei Palästinenser-Protesten“ am 30. März 2018 in der Süddeutschen Zeitung externer Link steht hier als Beispiel für die vielen ersten Berichte über das Grenzmassaker, wobei auch hier in üblicher Diktion „fließend“ zur Hamas-Urheberschaft der Demonstrationen übergegangen wird: „Dem israelischen Militär zufolge hatten sich ihre Truppen verteidigen müssen. Die Palästinenser hätten brennende Reifen in Richtung der Soldaten gerollt und Steine auf sie geworfen. Die Truppen hätten darauf mit dem Einsatz von Tränengas reagiert und auf die größten „Anstifter“ geschossen. „Die Hamas-Terrororganisation gefährdet das Leben von Zivilisten“, schrieb die Armee. Sie sei verantwortlich für die gewaltsamen Proteste. „Wir betonen, dass dieser Marsch friedlich ist“, hatte zuvor das führende Hamas-Mitglied Chalil al-Haja gesagt. Deswegen würden auch Frauen und Kinder an den Protesten teilnehmen. Der UN-Sicherheitsrat will sich wegen der Unruhen noch in der Nacht zu Samstag mit der Lage im Gazastreifen befassen“.

„Israeli army opens fire as tens of thousands march in Gaza“ am 30. März 2018 beim  +972 Magazin externer Link war die chronologische Berichterstattung von den Ereignissen des Tages, den ganzen Nachmittag über, bei der auch die dazu gehörende Fotodokumentation keine Hinweise auf eine besonders militante Ausrüstung der DemonstrantInnen geben kann.

„Israel verteidigt Vorgehen – Palästinenser klagen an“ am 31. März 2018 bei Spiegel Online externer Link ist eine Meldung über zwei unterschiedliche Reaktionen, wobei die der israelischen Regierung eine eindeutige Sprache spricht: „Insgesamt hätten an dem „Marsch der Rückkehr“ rund 30.000 Palästinenser teilgenommen, die große Mehrheit davon Frauen und Kinder. Doch nur wenige Tausend seien bis zum Grenzzaun vorgedrungen.  „Der Zaun trennt zwischen einer Armee, die aus Selbstverteidigung und auf gezielte und proportionale Weise Gewalt anwendet, und der Hamas, die seit Jahren – einschließlich gestern – versucht, Millionen von Israelis Schaden zuzufügen und die Mord und Tod verherrlicht“, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums. „Wer den Fehler macht, in dieser mörderischen Demonstration auch nur ein bisschen Meinungsfreiheit zu sehen, ist blind gegenüber den Bedrohungen, mit denen der Staat Israel konfrontiert ist“ – und man muss wahrlich kein Freund der Hamas (von der der Spiegel Beitrag umstandslos kolportiert, sie sei die Verantwortliche für die Protestaktionen) sein, um darin nicht nur Zynismus zu sehen, sondern auch den Versuch, schon mal mögliche Kritiken am Vorgehen zu entkräften.

„West Bank Palestinians observe general strike, day of mourning for 16 killed in Gaza“ am 31. März 2018 bei der Ma’an News Agency externer Link ist ein Bericht über den Protest-Generalstreik an der Westbank nach dem Massaker, der von der palästinensischen Regierung ausgerufen worden war – und über die nach wie vor stattfindende Fortsetzung der Proteste bis zum 15. Mai.

„Israeli activists plan protest in solidarity with Gaza return march“ von Yael Marom am 30. März 2018 beim +972 Magazin externer Link ist ein Beitrag zur Reaktion der „Women for Peace“ in Israel, die für den Folgetag zu eben jenen Protesten an der Grenze aufriefen, deren Repression eingangs berichtet wurde.

„Jewish Voice for Peace Horrified By Israeli Response to the #GreatReturnMarch“ am 30. März 2018 bei Jewish Voice for Peace externer Link ist eine kurze Erklärung der US-Friedensorganisation vom Tag des Massakers, in der das Vorgehen und die Medienberichterstattung kritisiert werden und auch zu Protesten am Folgetag aufgerufen wurde.

„Répression sanglante de la Journée de la terre : plaçons la fête de Pessah sous le signe de la solidarité avec les Palestiniens“ am 30. März 2018 bei der UJFP externer Link ist die Erklärung der Union juive française pour la paix zum Grenzmassaker am Tage, die zu Protesten während des Pessachfestes aufruft und unterstreicht „Nicht in unserem Namen“.

„Wir werden keinen Zentimeter von Gaza aufgeben“ von Arnold Hottinger am 31. März 2018 im Journal 21 externer Link zu den aktuellen politischen Hintergründen aus konservativer Sicht: „Nach israelischer Darstellung ist die „terroristische  Hamas-Bewegung“ die Urheberin und Organisatorin der „Provokation“. Es trifft jedenfalls zu, dass Hamas das Vorhaben billigt und befürwortet. Offizieller Träger ist jedoch eine Kommission, in der Hamas zusammen mit vielen anderen Organisationen und Gruppierungen aus Gaza vertreten ist. Nach den israelischen Darstellungen soll Hamas auch Demonstrationen an anderen Grenzen Israels planen, etwa in Libanon und in Syrien. Selbst an der weitaus längsten Grenze, jener nach Jordanien, sowie im Westjordanland soll demonstriert werden. Der politische Hintergrund spricht in der Tat dafür, dass Hamas die Massenkundgebungen massgeblich fördert oder sogar selbst ausgelöst hat. Die „Innenpolitik“ von Gaza war im vergangenen Jahr durch die Versöhnungsversuche zwischen Hamas und der PLO-Führung gekennzeichnet. Nach dem Wahlsieg der Hamas im Jahr 2006 war die PLO aus Gaza vertrieben worden. Hamas hatte 2007 die Macht im Gaza-Streifen übernommen. Viele Palästinenser hofften im vergangenen Jahr nun, dass sich Hamas und die PLO erneut vereinigen könnten“.

„Besuchsverbot für Christen aus Gaza“ von Tania Krämer am 31. März 2018 bei der Deutschen Welle externer Link ist ein Beitrag zu den Osterfeiern, der deutlich macht, dass die Repression der rechten israelischen Regierung keineswegs nur irgendwelchen islamischen Fundamentalisten gilt: „Doch eine Gemeinschaft fehlt in diesem Jahr: die christlichen Palästinenser aus dem Gazastreifen. In dem von der Hamas kontrollierten Gebiet leben rund 1000 Christen, die meisten Mitglieder der griechisch-orthodoxen Kirche. Kurz vor Beginn der Osterfeiertage warteten sie immer noch auf Reisegenehmigungen der israelischen Militärbehörden, um Ostern in Jerusalem oder dem besetzten Westjordanland zu feiern. Der Gazastreifen ist seit mehr als zehn Jahren von Israel und Ägypten abgeriegelt, die Bewegungsfreiheit der Menschen stark eingeschränkt. „Wir warten immer noch, obwohl es leider nicht so aussieht, als würden wir diesmal eine Genehmigung bekommen“, sagt Mazen, ein Christ aus Gaza, der seinen richtigen Namen nicht erwähnt sehen möchte, weil er noch auf eine Genehmigung wartet“.

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