»
Iran »
»
»
Iran »
»

Die Proteste im Iran sind abgeebbt – die Ursachen bleiben. Der Widerstand unabhängiger Gewerkschaften, trotz Repression, auch

Massenproteste im Iran 2017/2018: Gegen Teuerung. Gegen die neoliberale PolitikDie uneinheitlichen Forderungen und das unorganisierte Auftreten der Bürger_innen nach der rasanten Ausbreitung der jüngsten Proteste im Iran drückt eine generelle Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung aus. Bis auf die Allianz der Reformer um den ehemaligen Präsidenten Mohammad Khatami, die sich recht offen gegen den Protest der Massen positionierte, um den Rücken der moderaten Regierung zu stärken, solidarisierten sich die meisten politischen Fraktionen zumindest formell mit den Demonstrierenden, um um ihre Gunst zu werben. Die systematische Unterdrückung unabhängiger gewerkschaftlicher Organisation und die politische Verfolgung der protestierenden Arbeiterschaft in den letzten Jahren hat kaum Möglichkeiten geboten, legitime sozioökonomische Forderungen zu stellen. Medien schenkten den kleinen, aber häufigen Streiks und Protesten in den letzten Jahren wenig Aufmerksamkeit. Lehrer_innen, Busfahrer oder auch Rentner_innen, die nicht wissen, wie sie von ihrem Lohn oder ihrer mickrigen Rente leben sollen, beteiligten sich an den Aktionen, die systematisch kriminalisiert und unterdrückt wurden. Die soziale Frage, in Kombination mit Faktoren wie hoher Luftverschmutzung, Umweltzerstörung, Jugendarbeitslosigkeit und Alltagskorruption, betrifft einen Großteil der iranischen Bevölkerung, von der zwei Drittel unter vierzig Jahre alt sind. Vielen Jugendlichen fehlen trotz Studienabschluss berufliche Perspektiven. Der offizielle Mindestlohn liegt für das Haushaltsjahr 2017/18 bei umgerechnet 263 US-Dollar und somit weit unter der Armutsgrenze, die man erst überschreitet, wenn man drei Mal so viel verdient“ – aus dem Beitrag „Keine Brioches fürs Volk“ von Kaveh Rostamkhani in analyse&kritik 634 vom 23. Januar 2018 externer Link, der auch nochmals die Unterschiede zu den Protesten 2009 deutlich macht. Siehe zu den gewerkschaftlichen Kämpfen nach den allgemeinen Protesten, sowie dem „Echo“, das die Proteste in der BRD hervor gerufen haben, drei weitere aktuelle Beiträge – darunter ein Exklusivbericht über den Überfall auf einen Aktivisten der Zuckergewerkschaft:

  • Die schwarzen Banden“ am 18. Januar 2018 bei akhbar-rooz.com externer Link ist ein Beitrag über diesen Überfall, in dem auch persönliche Aussagen Bakhshis dokumentiert werden (übersetzt von der IASWI, Internationale Allianz zur Unterstützung der Arbeiterinnen im Iran – Deutschland):
    Brutaler Angriff gegen einen Arbeiteraktivisten!
    Die schwarzen Schlägerbanden, die bisher im Auftrag des Geheimdiensts- und der Sicherheitsorgane der iranischen Regierung Intellektuelle, Schriftsteller und politische  Aktivisten ins Visier nahmen, haben nun Arbeitsaktivisten auf ihre Terrorlisten gesetzt.

    Diese Banden, die hauptsächlich verdeckte Agenten der Sicherheitsdienste der Regierung sind, haben während des 40-jährigen Bestehens des islamischen Regimes  einefast entscheidende und unverzichtbare Rolle bei der Unterdrückung und Zerschlagung der Opposition gespielt.
    Eines der schrecklichsten Verbrechen, die sie begangen haben, waren die Serienmorde an berühmten Schriftstellern, die sich vor etwa 22 Jahren ereigneten und als „Kettenmorde“ im Iranbezeichnet werden.
    Es scheint, dass diese kriminellen Banden jetzt Arbeitsaktivisten zu ihren „Zielen“ hinzugefügt haben. Ismail Bakhshi, ein Arbeiter der Roh Zucker Plantagen in Haft Tapeh war neulich das Ziel dieser Schlägerbanden.
    Ismail Bakhshi, dessen Video seiner mutigen Rede während einer Protestversammlung der Arbeiterin den vergangenen Tagen in sozialen Netzwerken zu sehen war, hatte in seiner Rede den Geschäftsführern des Unternehmens vorgeworfen, dass sie an den landwirtschaftlichen Zielen des Betriebs nicht interessiert seien, sondern es nur auf die Eignung der Agrarflächen als Privatgrundstücke für sich abgesehen hätten. In einem anderen Teil seiner Rede betonte er, dass das Management des Unternehmens lieber den Betrieb den Arbeitern überlassen solle.Sie selbstwüssten wirklich, wie sie ihren Betrieb verwalten sollten.
    In einem Interview mit der Tageszeitung Schargh sagte er: „Ich habe während der Kundgebung der Protestversammlung im Betrieb Äußerungen getätigt, die die Sorgen undAnliegen aller Beschäftigtenabbilden.
    Nach dem Abschluss dieser Kundgebung fuhr ich mit dem Betriebsbus gegen 17:00 Uhr nach Hause.
    Als ich aus dem Bus ausstieg, hielten plötzlich zwei Autos in meiner Nähe an, und einer der Insassen, dessen Gesicht bedeckt war, griff mich mit einer Machete an. Er traf meinen und Arm und verletzte mich. Ich war verwirrt und hörte nur das Geschrei der Fußgänger, die diese Szene sahen.
    Die anderen Insassen der Autos sind auch ausgestiegen und kamen mit einem Gewehr und einer Machete auf mich zu.
    Ich rannte auf die Straße und suchte Zuflucht in den umgebenden Läden. Die Angreifer warfen Steine auf mich, aber als die Nachbarn meine Hilferufe hörten und aus ihren Läden und Häusern herauskamen, flohen die Angreifer und feuerten in die Luft.
    Die Autokennzeichen der vermummten Männer waren mit Matsch bedeckt und blieben deshalb auch unerkannt.
    Ich wurde ins Krankenhaus gebracht. Da ich eine dicke Jacke trug, konnten die Macheten Hiebe meine Knochen nicht erreichen.“
    Am Dienstag versammelten sich die Arbeiter im Betrieb und protestierten gegen diese brutale Attacke. Sie forderten die Aufklärung dieses Attentats und das Finden der Hintermänner„.
  • „Soldarität mit Protesten im IRAN – Was erwarten wir von “Euch”?“ vom AK Internationalismus am 07. Januar 2018 bei Freie Sicht externer Link ist einer von vielen Beiträgen über die Reaktionen in der BRD auf die Proteste im Iran. Darin wird unter anderem hervor gehoben: „Aber für den Fall, dass internationale Solidarität für einige Menschen in dieser Gesellschaft hier immer noch als wertvoll betrachtet wird, wollen wir als exilierte iranische politische Aktivist*innen einige Erwartungen in Bezug auf die aktuellen Kämpfe im Iran ausdrücken. Natürlich behaupten wir überhaupt nicht, dass wir die Stimme dieser heterogenen Bewegung sind. Aber wir alle haben es von ganzem Herzen erfahren und gespürt: Die Menschen im Iran haben in den letzten Jahrzehnten bei all ihren Protesten, die am Ende unterdrückt wurden, letztlich immer für das Gleiche gekämpft: für Gerechtigkeit und für Freiheit. Ob bei der geklauten, unbeendeten Revolution von 1979, ob bei den Protesten der Studierenden von 1999 oder bei der Grünen Bewegung von 2009 und besonders jetzt bei den aktuellen Straßenprotesten – es geht immer um Gerechtigkeit und Freiheit für alle. Wir sind der Meinung, dass die beste Art von Solidarität der freigeistigen Menschen der Welt mit den fortschrittlichen Kämpfen der Menschen in anderen Ländern darin besteht, dass sie sich aktiv und kritisch an der Politik ihres eigenen Landes beteiligen und dadurch die falschen Politikansätze der eigenen Regierungen herausfordern und bekämpfen; Politiken, die bestimmte Bedingungen in einem bestimmten Land erzwingen und die Kämpfe der Menschen vor Ort zugleich negativ beeinflussen. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Rolle der Bundesregierung während der „Grünen Bewegung“ im Jahr 2009. Der diplomatische und moderate Diskurs der BRD über die „Grüne Bewegung“ und Menschenrechte wurde zugleich vom Verkauf von Überwachungs-Technologie und Unterdrückungs-Ausrüstung vom deutschen Konzern Siemens an die iranische Regierung begleitet. Die Bewegung stand noch auf der Straße und wurde brutal unterdrückt, die Menschen mit der neuen Technologie von Siemens in den Knast und die Folterkammern gesperrt, als deutsche Firmen und Vertreter des Sicherheitsapparates an einer Ausstellung der Sicherheitspolizei in Quatar teilnahmen. Und bereits kurz nach dem Ende der Niederschlagung der „Grünen Bewegung“ wurden die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit der Regierung Ahmadinejad wiederhergestellt“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=127035
nach oben