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Indiens Regierung annektiert Kaschmir: Weder „unüberlegt“ noch „zufällig“ – nach der inneren faschistoiden Mobilisierung kommt nun wieder die Äußere

RSS-"Demo" in Delhi: Die Mörderbande macht sich in Indien immer breiterBundesdeutsche Medien können es einfach nicht lassen: Die Modi-Regierung „schön“ zu schreiben. Die Preisfrage ist, welchen Prozentsatz Artikel und Berichte haben, die aus Anlass von Modis reaktionären Mobilisierungen die Gefahren für die „größte Demokratie der Welt“ rituell beschwören – anstatt zu fragen, ob sie es denn jemals war, eine Demokratie. Aber dann müsste ja vielleicht das eigene Credo „Demokratie ist, wenn man zwischen Parteien wählen kann“ hinterfragen und das ist bekanntlich zwar nicht verboten – aber, aus guten Gründen, „unangebracht“. Jetzt sind in Indien Pogrome und Lynchjustiz faktisch Alltag geworden – und dies soll mit der Annektion Kaschmirs, und nichts anderes bedeutet die Aufhebung des Sonderstatus in Verbindung mit dem Einmarsch von weiteren 10.000 Soldaten – weiter voran getrieben werden, auch Kashmiris mit der faschistischen Hindutva bedroht. Wer da von Verirrungen oder sonstigem redet und schreibt, der oder die verharmlost. An Indiens Universitäten mobilisiert die BJP ihren Mob gegen kritische Lehrende und Studierende – und setzt Leute in Amt und Würden, die sich qualifiziert haben: Etwa durch die These – und das gilt bei den Modis dieser Welt als Wissenschaft –, die indischen Arier hätten schon vor 4.000 Jahren Flugzeuge geflogen (angetrieben von Esels-Pisse, Tatsache). Dies nur als kleiner Exkurs, der helfen soll, diese Regierung zu verstehen – und ihre Aggression gegen Kashmir, was wir in der aktuellen Materialsammlung „Der Safran-Faschismus greift an: Kashmir annektiert“ vom 07. August 2019 versuchen, etwas besser möglich zu machen.

„Der Safran-Faschismus greift an: Kashmir annektiert“

07. August 2019

„Indien will Sonderstatus aufheben“ am 05. August 2019 in der taz online externer Link meldet: „… Indien will den autonomen Sonderstatus seines Teils der Himalaja-Region Kaschmir aufheben und riskiert damit Unruhen in seinem nördlichsten Bundesstaat. Die Regierung des Hindu-Nationalisten Narendra Modi brachte am Montag eine Initiative ins Parlament ein, mit der die Sonderrechte des Bundesstaates Jammu und Kaschmir gestrichen werden sollen. Artikel 370 der Verfassung solle laut einer Entscheidung der Regierung von Narendra Modi abgeschafft werden, sagte Innenminister Amit Shah Mitgliedern des Oberhauses. Außerdem habe die Regierung entschieden, den Bundesstaat in zwei Teile zu teilen. Kurz zuvor wurden führende Politiker in der Region unter Hausarrest gestellt sowie Internet- und Telefonverbindungen unterbrochen. Dies ist der weitestgehende Vorstoß einer indischen Regierung zur Veränderung des Status quo in der Region in nahezu sieben Jahrzehnten. Er dürfte die Spannungen mit dem Nachbarland Pakistan erhöhen, das wie Indien Anspruch auf die gesamte Region Kaschmir erhebt. (…) Am Montag war in Jammu und Kaschmir eine Ausgangssperre in Kraft getreten. In Srinagar, der größten Stadt der Region, wurden alle Schulen geschlossen. Millionen Menschen saßen in ihren Häusern fest. Behörden kappten die Internetverbindungen von Mobiltelefonen, eine übliche Taktik, um die Organisation von Indien-feindlichen Demonstrationen und die Verbreitung von Nachrichten zu verhindern. Gegen Mitternacht errichteten Regierungskräfte Stahlbarrikaden und Stacheldraht auf Straßen und Kreuzungen, um Viertel in Srinagar abzuschneiden. Etwa sieben Millionen Menschen sind von der Ausgangssperre betroffen…“

„Indien hebt Kaschmirs Autonomie auf „ von Paul-Anton Krüger am 05. August 2019 in der SZ online externer Link zu den weiteren Plänen auf dem fundamentalistischen Kurs: „… Die Regierung plant, die Region Ladakh, ein an Pakistan und China grenzendes Hochplateau, von Jammu und Kaschmir abzutrennen und der Zentralregierung zu unterstellen. Aufgehoben werden sollen Vorschriften, die es Indern aus anderen Teilen des Landes verbieten, Land in Kaschmir zu kaufen. Viele der etwa zwölf Millionen Bewohner des bisherigen Bundesstaates fürchten, dass die Regierung auf diese Weise die von einer muslimischen Mehrheit geprägte Demografie ändern will. Mehbooba Mufti, bis Juni 2018 Regierungschefin von Jammu und Kaschmir, sagte der BBC, die Regierung wolle „unser Land okkupieren“, die Muslime zur Minderheit machen und sie „total entmachten“…

„Indien: Sonderstatus von Jamu und Kashmir aufgehoben „ am 06. August 2019 bei Dem Volke dienen externer Link zu historischen Hintergründen: „… Sowohl Indien als auch Pakistan erheben seit 1947 Anspruch auf die Region Kashmir, was bis heute zwei Kriege zur Folge hatte. Der zum indische Bundesstaat Jammu und Kashmir gehört zu dieser Region und beheimatet ca. 13 Mio Einwohner. Bis zum 05. August 2019 hatte Jammu und Kashmir eine Sonderstellung mit weitreichender innerer Autonomie, welche in der indischen Verfassung verankert war. Dieser Artikel wurde nun per Dekret gestrichen und der Bundesstaat soll in zwei Unionsterritorien geteilt werden, welche direkt der Zentralregierung unterstehen. Zuvor durften nur Kashmiris in der Region dauerhaft leben, Häuser bauen oder Land kaufen. In anderen Teilen des indischen Staates sind Muslime eine unterdrückte Minderheit und werden regelmäßig zu Opfern von Folter und Genoziden und auch in Jamu und Kashmir selbst verübt der indische Staat immer wieder Verbrechen an der muslimischen Mehrheitsbevölkerung. Trotz formeller Autonomie ist Jammu und Kashmir Teil einer unterdrückten Nation und faktisch seit dem Einmarsch indischer Truppen vor 62 Jahren besetzt, weshalb es mehrere Organisationen gibt, welche für ein unabhängiges Kashmir kämpfen…“

„Die eigene Demokratie ausgehebelt“ von Philip Malzahn am 05. August 2019 in neues deutschland online externer Link: „… Die Menschen in Kaschmir sowie die restliche indische Opposition sind zu Recht völlig entsetzt. Viele fürchten, dass die Abschaffung der Sonderrechte für Kaschmir Indien noch teuer zu stehen kommen wird. Denn die rechtsnationalistische Regierung ist nicht nur bereit, die von der Verfassung garantierten Rechte der Kaschmiren einzuschränken, sondern dafür auch die eigene Demokratie auszuhebeln. In dem multiethnischen und -religiösen Staat ist das kein gutes Omen für die unzähligen Minderheiten, die auf einen verfassungsrechtlichen Schutz angewiesen sind…“

„Indien verspricht Demokratie – demütigt jedoch die Muslime in Kaschmir“ von Samuel Misteli am 06. August 2019 ind er NZZ online externer Link kommentiert diese Vorgehensweise: „… Der Bevölkerung Kaschmirs verspricht die Regierung, die Aufhebung des Sonderstatus werde ihr mehr wirtschaftliche Entwicklung und Demokratie bringen. Modis Regierung scheint jedoch nicht allzu viel Vertrauen zu haben, dass die Bewohner Kaschmirs das auch so sehen. Sie sandte Zehntausende zusätzliche Soldaten in die ohnehin stark militarisierte Region, sie blockierte Internet- und Telefonverbindungen und rief Tausende Touristen und Pilger dazu auf, Kaschmir zu verlassen. Schulen bleiben bis auf weiteres geschlossen, führende Lokalpolitiker wurden vorsorglich verhaftet. Diese Repression lässt die Rhetorik leer erscheinen. Die Massnahme, welche die Regierung als Umarmung darstellte, dürfte von vielen vor Ort als Erstickungsversuch wahrgenommen werden. Tatsächlich hat die Regierung nicht das Wohl der kaschmirischen Bevölkerung im Blick, sondern die eigene, überwiegend gar nicht in Kaschmir lebende Wählerschaft. Kein Thema jagt den Blutdruck der Hindu-nationalistischen Rechten zuverlässiger in die Höhe als der Kaschmir-Konflikt. Seit Jahrzehnten fordern die religiösen Nationalisten, dass der Sonderstatus beendet werde. Sie sehen in der nun erfolgten Aufhebung eine Kampfansage an den Erzfeind Pakistan, der ebenfalls Anspruch auf die umstrittene Region erhebt, und an die muslimischen Separatisten...“

„India revokes Kashmir’s special status as a prelude to change demography“ von Abdus Sattar Ghazali am 06. August 2019 bei Countercurrents externer Link ist ein Beitrag, in dem diese faktische Annexion in Beziehung gesetzt wird zu der auch in anderen Regionen praktizierten Politik der Besiedlung mit hinduistischen Siedlern, um das Projekt „Mutter Indien“ weiter voran zu treiben – die Säuberung Indiens von allem, was dem hinduistischen Fundamentalismus entgegen steht.

„Statements and reactions to the move by Indian government to revoke Article 370 on J&K special status“ am 05. August 2019 bei Europe Solidaire externer Link dokumentiert, ist eine Sammlung von Stellungnahmen zu diesem Akt der indischen Rechtsregierung: Amnesty International, AWP, HRCP, Peoples Union for Democratic Rights (PUDR), Scroll Staff – neben amnesty allessamt linke und demokratische Gruppierungen, teilweise auch aus Pakistan, die den Schritt Modis scharf kritisieren.

„India: Modi Govt. Makes a Mockery of Law, Liberty and Morality in Kashmir – Move to revoke Article 370“ am 05. August 2019 bei South Asia Citizens Web externer Link ist ebenfalls eine – wesentlich größere – Dokumentation mit zahlreichen Medienbeiträgen, die sich kritisch mit der indischen Aggression befassen. Darunter auch „Left Parties Statement on Dismantling the State of Jammu & Kashmir Assault on India’s Constitution, Democracy & Federalism“, ein gemeinsames Kommuniqué verschiedener linker Parteien, die diesen Akt einmütig verurteilen.

„Constitution Torn to Shreds as RSS Indulges Article 370 Fantasy in Kashmir“ von Siddharth Varadarajan am 06. August 2019 in The Wire externer Link ist ein Beitrag, der den Modi-Schritt als ein „schreddern“ der indischen Verfassung bewertet – womit er als Beispiel steht, für sehr viele Beiträge in den beiden letzten Tagen, die denselben Standpunkt einnehmen.

„First 370, then 371? North Eastern states are anxious about losing their special protections“ von Arunabh Saikia am 07. August 2019 bei Scroll.India externer Link ist ein Beitrag über die Befürchtungen anderer Bundesstaaten, die ebenfalls per Verfassung unter besonderer Gesetzgebung stehen – hier insbesondere der nordöstlichen Staaten, deren § 371 ja nun ebenso abgeschafft werden könnte, wie gerade der § 370 für Kaschmir – vor allem aus Nagaland wird hier berichtet.

„We stand with Kashmir“ am 07. August 2019 bei der New Democratic Labour Front externer Link (Facebook) ist eine Stellungnahme der (seltenen parteiunabhängigen) Gewerkschaftsföderation, in der die Annexion durch die Zentralregierung verurteilt wird.

„The Trade Unions and the Kashmir Question“ am 10. Juni 2006 bei Revolutionary Democracy externer Link ist die prinzipielle Stellungnahme des (damals neuen) Gewerkschaftsbundes NTUI (des ersten parteiunabhängigen Gewerkschaftsbundes in Indien) zur Kashmir-Frage – worin vor allem zwei grundlegende Positionen vertreten werden: Erstens könne eine dauerhafte Lösung nur auf dem Verhandlungswege erreicht werden, der aber neben den Regierungen von Indien und Pakistan auch die andere Akteure der Region einbeziehen müsse. Und zweitens wird die Gründung mehrerer neuer Gewerkschaften in Kashmir begrüßt – in der Region, die weltweit die meiste informelle Beschäftigung hat – und dabei unterstrichen, dass diese Gewerkschaften ebenfalls ein Akteur bei Verhandlungen sein könnten – und müssten…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152691
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