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Einen Monat nach dem historischen Streik in Indien: Neue Kraft, neue Zugeständnisse. Neue Ideen?

Der letzte Generalstreik in Indien am 2.September 2015 war der bisher grösste der Geschichte - ein Jahr später soll er noch grösser werdenNun sind über 90 Prozent der Arbeiter_innen in Indien im informellen Sektor tätig, und nur vier Prozent sind überhaupt gewerkschaftlich organisiert. Außerdem werden die zentralen Gewerkschaftsverbände (Central Trade Unions) von sozialen Bewegungen als prokapitalistisch kritisiert: Zum einen sind sie an etablierte Parteien gebunden und haben in den vergangenen Jahren Privatisierungen, Deregulierungen und Sozialkürzungen mitgetragen. Zum anderen unterstützten Fabrikgewerkschaften in den letzten 20 Jahren Umstrukturierungsmaßnahmen, die auch zu Massenentlassungen fest angestellter Arbeiter_innen führten. Doch neben den traditionellen Gewerkschaften beteiligten sich in diesem Jahr auch zahlreiche unabhängige Basisinitiativen und autonome Gewerkschaften an den landesweiten Protesten. Das Workers Solidarity Center erklärte in seinem Aufruf, dass bereits im vergangenen Jahr beinahe 150 Millionen Arbeiter_innen dem Aufruf der Central Trade Unions (CTUs) folgten: Dies wären zigmal mehr als die Mitglieder aller Gewerkschaften zusammengenommen. Obwohl das Workers Solidarity Center sowohl die Absicht als auch die Fähigkeit der zentralen Gewerkschaftsverbände bezweifelt, einen militanten Kampf der Arbeiter_innen anzuführen oder zu unterstützen, hoffte es dennoch auf die Chance, mit dem Streik die Aktivitäten der Arbeiter_innen zu erhöhen“ – aus dem Beitrag „Am 2. September protestierten 180 Millionen Arbeiter_innen gegen die Politik der rechtsnationalistischen Modi-Regierung“ von Nina Kullrich im ak vom 20. September 2016 externer Link, worin recht ausführlich über das Wachstum alternativer Gewerkschaften berichtet wird. Siehe dazu drei weitere Beiträge zu den Entwicklungen, die durch den Streik ausgelöst beziehungsweise verstärkt wurden:

  • „When mass strikes become predictable : Critical Look at National Strike 2016“ am 06. Oktober 2016 im Tamil Nadu Labour Blog externer Link ist ein Beitrag, der sich mit einer der Kernfragen befasst, die mit solchen, regelmäßig wiederholten faktisch eintägigen Warnstreiks verbunden sind. Dabei werden einerseits grundsätzliche Kritiken argumentativ untermauert, wie etwa, dass die ganze Aktion voll in den Händen des jeweiligen Gewerkschaftsapparates bleibe, was nicht nur dazu führt, dass die Belegschaften nur kommen, wenn sie gerufen werden, sondern auch, dass etwa die Textilarbeiterinnen von Bangalore, im Frühjahr zu Hunderttausenden trotz Polizieterror auf den Straßen, sich nur „bescheiden“ am Generalstreik beteiligten. Und die Kritik an der Parteigebundenheit der Gewerkschaften ist massiv verbreitet, und wird auch hier erneuert…
  • „India on Strike“ von Kunal Chattopadhyay und Soma Marik am 04. Oktober 2016 im Jacobinmag externer Link ist ein Beitrag der eine Bilanz zieht, seit der Verkündung der „Liberalisierung“ durch die indische Regierung 1991 – also vor 25 Jahren – bis heute und die Rolle der Gewerkschaften in dieser Zeit, eine ausgesprochen problematische Rolle. Die, wie ihre „Mutterparteien“ oft genug neoliberale Reformen mit getragen haben – und auch den damit verbundenen Niedergang der politischen Linken, die oft genug, als Landesregierungen, eine durchaus ähnliche Politik betrieben haben, wie die jeweilige Zentralregierung.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=105341
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