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Der massive Streik der indischen Textilarbeiterinnen ist erfolgreich: Regierung zieht Veränderung der Rentengesetze zurück!

Fraeunstreik Bangalore 19.4.2016Die indische Bundesregierung hat ihren Entwurf zur Veränderung der Rentenversicherung zurück gezogen – zurück ziehen müssen: Der massive Kampf der Textilarbeiterinnen, vor allem – aber nicht nur – in Bangalore (Bengaluru), der die drittgrößte Stadt Indiens trotz brutaler Polizeirepression tagelang zum faktischen Stillstand gebracht hatte, zwang sie dazu. An diesem erfolgreichen Kampf sind eine ganze Reihe von Dingen bemerkenswert: Die rapide Ausbreitung des Streiks, der zunächst von rund 10.000 Beschäftigten einiger Betriebe ausging und innerhalb von zwei Tagen über 100.000 mobilisierte – sowie die dazu gehörende Tatsache, dass die meisten Streikenden unorganisiert waren. Und die Tatsache, dass etwa ¾ aller Streikenden Arbeiterinnen waren (was nach dem einigermaßen erfolgreichen Kampf der Erntearbeiterinnen auf den Teeplantagen schon den zweiten erfolgreichen Frauenstreik in kurzer Zeit bedeutet). Siehe dazu drei aktuelle Beiträge – sowie neu:

  • Modi ge dikkara: Textilarbeiterinnen gegen Regierung
    Im Hintergrundbericht zu den Textilarbeiterinnen-Protesten in Indien bei tnlabour vom 26. April 2016 externer Link wird deutlich: Einige der landesweiten Gewerkschaften waren gar nicht unbedingt gegen die Regierungspläne zur Rentenverschärfung – mussten sich im Zuge der massiven, vor allem weiblichen Proteste aber anpassen. Während von offizieller Seite nun die (bisher nicht ausgemachten) Drahtzieher(innen?) gesucht werden, muss, so der Text, zur Erklärung der Schärfe der Proteste schlicht die Tragweite der geplant gewesenen Eingriffe in Betracht gezogen werden: Wenn man weder auf lebenslange Anstellung, noch auf Absicherung im Fall von Arbeitslosigkeit zählen kann, sind die Rentenfonds letztlich die einzige Möglichkeit, das pure Überleben zu finanzieren – bis zum nächsten miesen Job.

  • „EPFO Amendments: Govt Should Learn the Lessons“ am 24. April 2016 in People’s Democracy externer Link ist die Stellungnahme des Gewerkschaftsbundes CITU zur Niederlage der Regierung – darin wird zwar vor allem darauf verwiesen, dass die Regierung sich geweigert hatte im Verwaltungsrat der Employees‘ Provident Fund Organisation (EPFO) – also der betreffenden Rentenversicherung – auf die Einwände der Zentralvorstände der Gewerkschaften zu hören (und ihr nahe legt, das künftig zu tun). Wesentlicher daran erscheint die dabei mitschwingende Information, wie entschlossen die Regierung war, diese „Rentenreform“ durchzusetzen – bis der Streik kam…
  • „Bengaluru protests represent a new wave of militant worker expression, say union leaders“ von Anumeha Yadav am 22. April 2016 bei Scroll.in externer Link berichtet die Reaktionen der Gewerkschaften auf diesen erfolgreichen Streik: allesamt waren überrascht über Teilnahme und Entschlossenheit des Streiks – und verweisen darauf, dass sie kaum Mitglieder in diesen Fabriken haben, deren Belegschaften (oft 100-300 Menschen) zumeist aus der ländlichen Migration kommen. Besonders interessant an dieser Dokumentation der Gewerkschaftsstellungnahmen ist die von Virjesh Upadhayay, Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes BMS ( Bhartiya Mazdoor Sangh, ein Flügel der faschistoiden Massenbewegung RSS – Rashtriya Swayamsevak Sangh, die Basis der Regierungspartei BJP ist): Der gute Mann meint mit besonders scharfer Denkweise, es wäre eh alles ein politisches Komplott – Ärger und Wut der Frauen über ihre allgemeine Arbeitssituation seien missbraucht worden. Wenn er da mal nicht Recht behält…
  • „Garment workers demand withdrawal of cases“ am 24. April 2016 in The Hindu externer Link ist die Meldung über die Forderung der Garment and Textile Workers Union (der einzigen Gewerkschaft, die in dieser Region mehrere Tausend Mitglieder hat – siehe auch die Materialsammlung, auf die unten verwiesen wird) dass alle juristische Verfolgung von Streikenden eingestellt werden sollte: Es wird gegen zahlreiche Aktivistinnen ermittelt, weil einige Busse in Brand geraten sind
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=97168
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