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Deliveroo-FahrerInnen in mehreren europäischen Ländern organisieren erfolgreiche Aktionen und Prozesse gegen das Beschäftigungsmodell des Unternehmens

Dossier

Streik der Fahrradkuriere zum Neujahrstag 2018 hier in Amsterdam„… Rund um den Globus haben Hunderte von Fahrer*innen protestiert, um ihre Rechte einzufordern. In mehreren Ländern wurden Gerichtsprozesse angestrengt, um zu klären, welche Beschäftigungsbedingungen ihnen zustehen. Die ITF unterstützt weiterhin all ihre Mitgliedsorganisationen, die sich für bessere Bedingungen der Kuriere engagieren und Arbeitgeber zur Übernahme von Verantwortung bewegen wollen. (…) Da das Fahrpersonal bei Lieferdiensten grenzüberschreitend mit ähnlichen Problemen konfrontiert ist, strebt die ITF die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften an, um eine transnationale Antwortstrategie für die Gig-Ökonomie zu koordinieren…“ – aus der Meldung „Deliveroo-Fahrer*innen in Belgien fordern Gerechtigkeit“ am 24. Juni 2019 bei der ITF externer Link. Siehe dazu auch Meldungen über den Kampf der Deliveroo-Kuriere aus Belgien, Spanien und Großbritannien sowie Italien und nun Frankreich:

  • Der Oberste Gerichtshof in Großbritannien entscheidet, dass Deliveroo-FahrerInnen kein Recht auf gewerkschaftliche Organisierung haben: Weil Selbstständige! New
    In einem für die britische Gig-Economy bedeutsamen Urteil hat das höchste Gericht des Landes entschieden, dass Deliveroo-Fahrer keine Arbeitnehmer sind und daher kein Recht auf Tarifverhandlungen haben. Die Independent Workers Union of Great Britain (IWGB) hatte bereits 2016 versucht, Tarifverhandlungen für ihre Mitglieder bei Deliveroo aufzunehmen. Als der britische Essenslieferdienst dies ablehnte, wandte sich die IWGB an den Zentralen Schlichtungsausschuss (Central Arbitration Committee – CAC), der befugt ist, einen Arbeitgeber anzuweisen, eine Gewerkschaft anzuerkennen und mit ihr zu verhandeln. Der Schlichtungsausschuss wies das Argument der IWGB zurück, dass die Fahrer von Deliveroo gemäß dem Gewerkschaftsgesetz von 1992 ein gesetzliches Recht auf Tarifverhandlungen hätten, und wies auch das Argument zurück, dass Deliveroo gegen Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoße, der die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit garantiert. Die Berufung der IWGB gegen das CAC-Urteil hat den Fall bis zum Obersten Gerichtshof gebracht, der die Klage der Gewerkschaft einstimmig abwies.
    Der Oberste Gerichtshof stellte fest, dass Artikel 11 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nur im Falle eines Arbeitsverhältnisses anwendbar ist und dass die CAC zu Recht festgestellt hat, dass sie keine Arbeitnehmer sind. Dies liegt vor allem daran, dass Deliveroo eine Vertretungsklausel verwendet, die einem Fahrer das Recht gibt, sein Konto von einer anderen Person nutzen zu lassen und die Arbeit in seinem Namen auszuführen. „Dieses Recht ist mit dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses völlig unvereinbar“, heißt es in der Pressezusammenfassung des Urteils. „Die CAC stellte fest, dass Deliveroo die Entscheidung eines Fahrers, einen Ersatzfahrer zu benutzen, nicht kontrolliert und die Fahrer dafür nicht kritisiert oder sanktioniert werden.“ Weitere Gründe waren, dass den Fahrern ihre Konten nicht gekündigt wurden, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Bestellungen nicht annahmen, und dass sie gleichzeitig für eine andere Plattform als Deliveroo arbeiten konnten. Das Urteil stellt das Vereinigte Königreich in Widerspruch zu den meisten Gerichten in Europa, die dazu tendieren, Fahrer als Arbeitnehmer zu betrachten, einschließlich des niederländischen Obersten Gerichtshofs im letzten Jahr in Bezug auf Deliveroo. Es eröffnet auch eine Kluft in der britischen Rechtsprechung zwischen Fahrern und Fahrern von Fahrdiensten, da der Oberste Gerichtshof 2021 befand, dass Uber-Fahrer Arbeitnehmer sind. Als Reaktion auf das Urteil erklärte die IWGB, sie erwäge, den Fall vor ein internationales Gericht zu bringen
    …“ engl. Meldung des Gig Economy Project vom 21.11.2023 externer Link („UK Supreme Court finds Deliveroo riders have no rights to collective bargaining because they aren’t workers“, maschinenübersetzt)

    • Die Gewerkschaft IWGB erklärt, dass sie nach der „enttäuschenden“ Niederlage ihre Möglichkeiten „nach internationalem Recht“ prüft – siehe ihr Statement vom 21.11.23 externer Link
  • Deliveroo in Frankreich verurteilt wegen Scheinselbständigkeit – 116 ZustellerInnen und mehrere mit klagende Gewerkschaften begrüßen diesen Sieg gegen Uberisierung 
    Die Lieferplattform DELIVEROO wurde am Dienstag vom Pariser Strafgericht zu einer Geldstrafe von 375.000 € sowie zwei ihrer ehemaligen Geschäftsführer zu 12 Monaten Gefängnis und 5 Jahren Verbot, ein Unternehmen zu führen, alles auf Bewährung, verurteilt, weil sie von 2015 bis 2017 fast 3.000 Zusteller/innen als Selbstständige arbeiten ließen, obwohl sie Arbeitnehmer/innen hätten sein müssen. Die Union syndicale Solidaires und der Verband SUD Commerce, die zusammen mit 116 Zustellern und anderen Gewerkschaften [CNT und CLAP, Syndicat national des transports légers] als Nebenkläger auftraten, begrüßen diesen Sieg, auch wenn die finanzielle Verurteilung im Vergleich zu den Gewinnen der Plattform (219 Millionen Euro in Frankreich im Jahr 2021) und der Anzahl der Kuriere, die regelmäßig verletzt oder sogar getötet werden, wenn sie für die Plattform ausliefern, verschwindend gering ist. Diese bahnbrechende Verurteilung bestraft ein Modell, das auf der Ausbeutung prekärer oder sogar undokumentierter Arbeitnehmer/innen beruht: Es ist an der Zeit, dass Frankreich der Uberisierung ein Ende setzt und die europäische Richtlinie unterstützt, damit sie als mutmaßliche Arbeitnehmer/innen betrachtet werden!...“ (fr.) Pressemitteilung der Solidaires vom 20.4.2022 externer Link

    • Lt der Meldung in Libération vom 19.4.22 externer Link erwägt die Plattform, Berufung einzulegen, so ein Sprecher von Deliveroo
    • In der (fr.) Agenturmeldung vom 20.4.22 in Le Monde externer Link heiß es zudem (maschinenübersetzt): „… Das Gericht stellt fest, dass es nicht darum geht, ob der Status des Selbständigen ein zufriedenstellender Rechtsstatus ist oder nicht, sondern darum, festzustellen, dass es sich im vorliegenden Fall für Deliveroo um eine fiktive rechtliche Einkleidung handelte, die nicht der Realität der Berufsausübung der Lieferer entsprach“, erklärte die Vorsitzende des Gerichts bei der Verkündung der Entscheidung.
      Im März, am Ende einer einwöchigen Anhörung – dem ersten Strafprozess über die Uberisierung in Frankreich – bedauerte die Staatsanwältin, dass der Amerikaner William Shu, Mitbegründer und Geschäftsführer des britischen Unternehmens, nicht auf der Anklagebank saß. Deliveroo sei verantwortlich für eine „Instrumentalisierung und Umgehung der Arbeitsgesetzgebung“, um eine „systemische Verschleierung“ von Lieferdiensten zu organisieren, die angestellt und nicht selbstständig hätten sein sollen, sagte Céline Ducournau. Es spiele keine Rolle, ob einige von ihnen mit diesem Status „zufrieden“ seien oder sich „frei fühlen“, betonte sie in Bezug auf eines der Argumente, mit denen Deliveroo den Status des Mikrounternehmers rechtfertigte. (…)
      Ein Dutzend Fahrrad- und Rollerfahrer, von denen sich viele inzwischen gegen das „System“ engagieren, waren in den Zeugenstand getreten und berichteten von ihrer Ankunft bei Deliveroo. Sie waren von den Versprechungen von „Freiheit“ und „Flexibilität“ angezogen worden, hatten aber den „Krieg“ um die besten „Zeitfenster“, den „Druck“, die „Überwachung“ und die Schelte von Deliveroo kennengelernt. Mehr als 100 Lieferdienste sind Nebenkläger in dem Verfahren. Das Unternehmen hatte behauptet, dass es lediglich Kunden, Restaurantbesitzer und Lieferdienste „zusammenbringe“, und bestritt „jegliches Unterordnungsverhältnis“. Der Status der Selbstständigkeit von Uber-Fahrern oder Deliveroo-Kurieren ist sehr umstritten und wird in vielen Ländern von der Justiz oder seltener von Gesetzen in Frage gestellt, was einige Branchenriesen dazu veranlasst hat, Kompromisse anzubieten…“
  • LieferfahrerInnen in Großbritannien nehmen es mit den Plattform-Goliaths auf – Kampf der IWGB zur Unterstützung der Plattformbeschäftigten als Vorbild für die nächsten Jahre 
    Gigworker galten als „unorganisierbar“ – aber die Fahrer von Deliveroo im Vereinigten Königreich haben gezeigt, dass Arbeitnehmer immer noch die Macht haben, die Welt zu verändern.
    Am 7. April 2021 trafen sich Deliveroo-Fahrer auf den Straßen Londons: Fahnen und Transparente wurden entrollt, Megaphone erhoben und Sprechchöre angestimmt. Die Fahrer machten sich auf den Weg zum Londoner Hauptsitz des Plattformriesen und blockierten den Verkehr auf dem Weg dorthin. Vor dem Hauptsitz wuchs der Protest mit Musik und roten Fackeln, die die Streikaktion unterstützten. Die Deliveroo-Fahrer forderten Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen und Löhne und sprachen sich gegen plötzliche „Deaktivierungen“ aus, bei denen Fahrer ohne die Möglichkeit eines Einspruchs entlassen werden.
    Diese Arbeitnehmer sind zum Symbol der Gig-Economy im Vereinigten Königreich geworden, die sich durch instabile, flüchtige Jobs auf freiberuflicher oder kurzfristiger Vertragsbasis auszeichnet – weit entfernt von der lebenslangen Vorhersehbarkeit traditioneller bezahlter Beschäftigung. Die Gig-Economy hat in den letzten zehn Jahren im Gefolge der Finanzkrise von 2008 rasant zugenommen, wobei viele Arten von Arbeit immer prekärer werden. Da sichere Arbeitsplätze immer seltener werden, gibt es in der gesamten Wirtschaft einen massiven Anstieg neuartiger Formen der Selbstständigkeit. Im Mittelpunkt steht dabei der dramatische Aufstieg von Plattformunternehmen, die digitale Tools nutzen, um Arbeitnehmer mit Kunden zu verbinden, z. B. Lieferfahrer mit Kunden und Restaurants. Der Transportsektor ist ein Schwerpunkt dieser neuen Plattformen, mit Unternehmen wie DoorDash und GrubHub neben Deliveroo im Bereich der Lebensmittellieferung oder Uber und Lyft im Bereich des privaten Mietwagens.
    Als Deliveroo 2013 in London an den Start ging, wiesen viele Kommentatoren auf die großen Hindernisse hin, mit denen diese Beschäftigten konfrontiert waren, wenn es um die Organisierung ging – die Pessimisten behaupteten, sie seien „nicht organisierbar“ externer Link. Die Independent Workers‘ Union of Great Britain (IWGB) hat sie eines Besseren belehrt und organisiert seit 2016 Deliveroo-Fahrer und andere Gigworker und hat dabei eine Reihe von Erfolgen erzielt.
    Der Kampf der IWGB zur Unterstützung der Plattformbeschäftigten kann als Vorbild dafür dienen, wie unsere Bewegungen die Herausforderungen der nächsten zehn Jahre angehen können. Wie die Gewerkschaft feststellt externer Link, „sind wir nur ein David und es gibt viele Goliaths da draußen“. In Vorbereitung auf die kommenden Kämpfe hat die Gewerkschaft in ihrer Geschichte der Kampagnenarbeit mit Lieferfahrern, Fahrradkurieren, ausgelagerten Reinigungskräften und anderen prekär Beschäftigten ein wichtiges Übungsfeld geschaffen, um die Art von kreativen Taktiken zu testen, die notwendig sind, um es in den kommenden Jahren mit den neuen Goliaths der multinationalen Unternehmen aufzunehmen. Der Aufstieg der Organisierung in der Gig-Economy: In den letzten zehn Jahren hat die Organisierung von Arbeitnehmern in der Gig-Economy zugenommen, und Streiks und Proteste werden immer häufiger. (…)
    Deliveroo ist nur eine Stimme in dem Chor, der behauptet, dass sich die Arbeit in der „On-Demand-Wirtschaft“ grundlegend verändert hat. Die traditionellen Rollen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind durch eine glänzende technologische Schnittstelle ersetzt worden, die Menschen, die ihre Arbeitskraft anbieten, mit denen verbindet, die eine Dienstleistung wünschen. Dies ist ein Versuch, das Arbeitsverhältnis hinter dem Tech-Optimismus des Silicon Valley, der Werbung und der umfangreichen politischen Lobbyarbeit zu verstecken…“ Maschinenübersetzung aus dem (engl.) Artikel von Alex Marshall und Jamie Woodcock im Roar Magazine Nr 11 externer Link „Mobilize!“ vom Herbst 2021 – im Weiteren mit Ausführungen u.a. zu Scheinselbstständigkeit  und dem Kampf dagegen
  • Großbritannien: IWGB verliert Berufungsverfahren gegen Deliveroo – der Kampf um Arbeitnehmerstatus und gewerkschaftliche Organisierung geht weiter
    • Erlaubnis unnötig. Gericht stuft Deliveroo-Lieferanten als Selbständige ein. Zusammenschluss als Lohnabhängige nun formal unmöglich. Gewerkschaft zeigt sich unbeeindruckt
      Mit »Erleichterung« hätten Anleger auf das Urteil eines Londoner Revisionsgerichts reagiert, das für den Deliveroo-Konzern arbeitenden Essenslieferanten eine Einstufung als »Arbeiter« verweigert. Deren Gewerkschaft, die syndikalistische IWGB, liefert sich seit 2017 einen Rechtsstreit mit Deliveroo über genau diese Frage. Das Urteil des Revisionsgerichts vom 24. Juni ist das vierte in Folge, welches die Essenslieferanten als »Selbständige« einstuft. Die Londoner Börse reagierte mit einem Kurssprung von neun Prozent für die Deliveroo-Aktie. Damit verweigert das Gericht den mit Motor- und Fahrrädern ausliefernden Fahrern gleichzeitig das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung. Zwar gebe es für die Fahrerinnen und Fahrer grundsätzlich das Recht, sich zusammenzuschließen, aber eben nicht in einer Arbeiterorganisation. Denn es handele sich hier um Selbständige, so das Richtergremium in der Urteilsbegründung. Der Deliveroo-Konzern hat im Verlauf der Jahre einige Tricksereien angewendet, um die Selbständigenklassifizierung aufrechtzuerhalten. (…) Die IWGB hat in den vergangenen Jahren eine andere Rechtsauffassung ins Feld geführt. Sie forderte eine Einstufung der Essenslieferanten als »Limb (B) workers«. Diese Besonderheit des britischen Arbeitsrechts bezeichnet Selbständige, die Dienstleistungen für einen anderen Betrieb oder Konzern verrichten. Im Gegensatz zu »echten« Selbständigen, sogenannten »Independent contractors«, haben »Limb (B) workers« Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, Urlaubsgeld, eine Rente und rechtliche Absicherung gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Laut einer Recherche des »Bureau of Investigative Journalism« verdienen britische Deliveroo-Fahrer teilweise weniger als zwei Pfund pro Stunde. Für über 23jährige liegt der gesetzliche Mindestlohn derzeit bei 8,91 Pfund. Hier verbirgt sich wohl der Kern des Widerstands des Deliveroo-Konzerns gegen die IWGB. Selbst die Zahlung des doch sehr mickrigen gesetzlichen Mindestlohns würde das Deliveroo-Geschäftsmodell schlagartig drastisch verteuern. Interessant ist, dass das Revisionsgericht der IWGB den Gang zum britischen Höchstgericht, dem Supreme Court, verweigert und somit verunmöglicht hat. Denn der Oberste Gerichtshof hat im Februar eine Entscheidung gefällt, wonach für die Onlineplattform Uber fahrende Taxifahrer als »Workers« und nicht als Selbständige einzustufen sind. Uber hat laut Medienberichten seitdem begonnen, alle für den Konzern tätigen Fahrerinnen und Fahrer entsprechend umzukategorisieren. Das Urteil sorgte seinerzeit für Spekulationen, dass nun die Möglichkeit für eine Umstrukturierung der als »Gig-Economy« bezeichneten modernen Dienstbotenbranche im Sinne der Lohnabhängigen kommen könnte. Mit seinem Deliveroo-Urteil hat das Londoner Revisionsgericht dafür gesorgt, dass das nicht geschieht…“ Artikel von Christian Bunke in der jungen Welt vom 28.06.2021 externer Link
    • Deliveroo Riders RooVolt sagt dazu auf Twitter externer Link: „Today we lost our court of appeal case against deliveroo & the right to trade union recognition. We don’t permission from any judge, politician or millionaire boss to challenge low pay & unjust work. Their army of Lawyers & PR firms won’t stop these workers from organising.“ – IWGB Couriers externer Link äußern sich ähnlich
    • Siehe zum juristischen Hintergrund den Tweet von alex marshall vom 24. Juni 2021 externer Link: „What many people do not know is there are two categories of self employment. The majority of employers are desperate to keep workers bogusly classed as independent contractors. The IWGB is fighting for workers to keep working flexibly and be correctly classed as limb b workers“ samt einer erläuternden Grafik
  • [Großbritannien /London] Deliveroo-Fahrer streiken für besseren Lohn 
    In London haben Hunderte Fahrer des Online-Lieferdienstes Deliveroo vor der Firmenzentrale für bessere Bezahlung protestiert. Der britische Lieferdienst war in der vergangenen Woche an die Börse gegangen.“ Video vom 08.04.2021 beim Handelsblatt online externer Link , siehe dazu:

  • [Großbritannien] Biker gegen Broker. Börsengang von Deliveroo fällt wegen Protesten von Mitarbeitern kleiner aus 
    Am Mittwoch will der britische Lieferservice Deliveroo an der Börse in London einsteigen. Die Independent Workers’ Union of Great Britain (IWGB) hat für diesen Tag einen Streik der Fahrer angekündigt. Sie wollen mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Deliveroo dämpfte Anfang der Woche deshalb die Erwartungen der Anleger. Die IPO-Bewertung könnte um bis zu 1,1 Milliarden Euro sinken. »In Deliveroo zu investieren bedeutet, sich mit dem ausbeuterischen und instabilen Geschäftsmodell zu verbinden«, zitierte Reuters am Sonntag den IWGB-Vorsitzenden Alex Marshall. Das sehen einige große Vermögensverwalter in London offenbar genauso und wollen die Deliveroo-Aktie links liegen lassen. Die Investmentfirma »Eden Tree« gab am Montag bekannt, das sie den Börsengang boykottieren werde. Deliveroo behandele die Mitarbeiter »hauptsächlich als verfügbares Vermögen – was genau das Gegenteil eines nachhaltigen Geschäftsmodells ist«, sagte ein Sprecher am Montag dem britischen Guardian. (…) Ein britisches Gericht hatte die Selbständigkeit der Fahrer bestätigt. In einem Prozess hatten die Richter 2018 mit dieser Begründung die Forderung der IWGB zurückgewiesen, den Deliveroo-Fahrern den britischen Mindestlohn zu zahlen. Im Moment erhalten die Fahrer unterm Strich deutlich weniger, wie eine gemeinsame Recherche der Gewerkschaft und des Bureau of Investigative Journalism ergab. Es sind im Schnitt nur rund 2,30 Euro pro Stunde. Das machten die Fahrer am Sonntag bei einer ersten Protestaktion deutlich, wie der Guardian am Montag berichtete. Das 2018 gefällte Urteil ist allerdings nicht in Stein gemeißelt (…) Deliveroo ist der Ansicht, die IWGB repräsentiere nicht die überwiegende Mehrheit der Fahrer. Das Unternehmen sei bei den Fahrern in Großbritannien so beliebt wie nie zuvor. »Tausende bewerben sich jede Woche um eine Zusammenarbeit mit uns, was die starke Nachfrage nach unserem On-Demand-Modell widerspiegelt«, sagte eine Unternehmenssprecherin gegenüber Reuters. Das dürfte aber auch an den wenigen Möglichkeiten liegen, die zum Beispiel Studierende während der Pandemie noch haben, um Geld zu verdienen, jetzt wo die üblichen Jobs in Pubs und Restaurants wegfallen. Deliveroo profitiert also nicht nur – wie alle Lieferdienste – davon, dass die Restaurants seit vielen Wochen geschlossen haben, sondern greift teilweise auch noch deren ehemalige Beschäftigten ab…“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 31.03.2021 externer Link – siehe dazu:

    • Börsenflop des Tages: Deliveroo
      Das ging aber gründlich in die Hose. Beim Börsendebüt von Deliveroo am Mittwoch stürzten die Aktien des britischen Essenslieferanten in den Keller. Der schon im Vorfeld auf 3,90 Pfund (4,58 Euro) pro Wertpapier gesenkte Ausgabepreis fiel zeitweise um satte 30 Prozent. Der Grund für dieses Debakel? Eine Einheitsfront von Spekulanten und Arbeitern. Klingt absurd, ist aber so. Denn wie mehrere Medien bereits Anfang der Woche berichteten, wollten Investmentfonds und einige der größten Vermögensverwalter Großbritanniens beim Börsengang von Deliveroo nicht mitmachen. Warum? »Weil der Umgang des Unternehmens mit seinen Kurieren nicht ihren verantwortungsvollen Investmentgepflogenheiten entspreche«, schrieb dpa. Und tatsächlich: Die Grenzen zwischen Großkapital und Gewerkschaften verschwimmen – zumindest rhetorisch. Deliveroo behandele die Mitarbeiter »hauptsächlich als verfügbares Vermögen – was genau das Gegenteil eines nachhaltigen Geschäftsmodells ist«, sagte beispielsweise ein Sprecher des sich als »verantwortlich« bezeichnenden Investmentfonds »Eden Tree« am Montag gegenüber dem Guardian…“ Artikel von Raphaël Schmeller in der jungen Welt vom 01.04.2021 externer Link, siehe auch ähnlich Handelsblatt externer Link
    • bei IWGB den Streikaufruf für den 7. April vom 28.3.21 externer Link: Deliveroo riders to strike and investor briefing exposes further risk as major investment firms shun Deliveroo over exploitation of key workers
  • Kurz nach einem entsprechenden Urteil in Italien: Erfolgreicher Massenprozess gegen Deliveroo in Spanien: 748 Kuriere sind Angestellte! 
    Es war sage und schreibe der 41. Prozess, den Angestellte von Digital-App-Unternehmen in Spanien gegen den ihnen diktierten Status von „Selbstständigen“ geführt haben – und der 41. Erfolg vor Gericht – diesmal in Barcelona, wobei es in Spanien auch bereits ein entsprechendes Urteil (gegen das noch Revisionsrecht besteht) des Obersten Gerichtshofes gibt. Und der größte Einzelprozess, denn nicht weniger als 748 für Deliveroo arbeitende Kuriere hatten diese Klage geführt. In dem aus Italien stammenden) Bericht „Dopo l’Italia, la Spagna: i rider sono dipendenti“ von Carlo de Marchis Gòmez am 18. Januar 2021 bei Collettiva externer Link wird einerseits hervorgehoben, dass dies einem wenige Tage zuvor in Italien gefällten Urteil eines Arbeitsgerichts in Bologna entspreche und auch unterstrichen, dass in beiden Ländern die Gerichte entsprechenden Verfügungen der jeweiligen Arbeitsinspektion folgten. „Schlechte Karten“ für dieses Modell extremer Ausbeutung, meint der Autor auf der gewerkschaftsnahen (CGIL) Seite. Siehe dazu auch den Originalbericht aus Spanien und die Erinnerung an das dortige Urteil des Obersten Gerichtshofes:

    • „Acabamos de ganar el macrojuicio de Barcelona. El juzgado de lo social 24, sentencia que 748 riders somos trabajadores y no autónomos“ am 12. Januar 2021 im Twitter-Kanal von RidersxDerechos externer Link ist die Meldung über das Urteil aus Barcelona des dortigen selbstorganisierten Netzwerkes der Kuriere nicht nur von Deliveroo – und in dem darauf folgenden Thread sind nicht nur zahlreiche Glückwünsche vor allem von alternativen Gewerkschaften und gewerkschaftsähnlichen Vereinigungen aus mehreren Ländern, sondern auch immer wieder die Ankündigung, dass dies auch andere solcherart Unternehmen treffen werde – und die Fragen, warum eigentlich die Regierung Spaniens nichts unternehme, die Arbeitsinspektion zu stärken…
    • „Spanish Supreme Court rules food-delivery riders are employees, not self-employed“ von Manuel Gomez am 24. September 2020 bei El Pais externer Link (englische Ausgabe) war die Meldung über das Urteil des Obersten Gerichtshofes in Spanien. Dabei handelte es sich um ein Verfahren, das ein früherer Angestellter von Glovo (in Spanien die wichtigste Konkurrenz zu Deliveroo) angestrengt hatte, dessen Prozess zuerst in Madrid zugunsten des Unternehmens ausgegangen war. Das Urteil, so wird in dem Bericht unterstrichen, sei offensichtlich (der gesamte Text war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt) so gehalten, dass es alle „App-Unternehmen“ betreffen könne, denn es werde festgehalten, dass es sich bei Glovo eben um ein Unternehmen handele und nicht eine bloße Vermittlung zwischen Restaurants und Kunden…
  • Von China und Korea bis Frankreich und Italien: Fahrrad-Kuriere im Kampf gegen gesteigerte Ausbeutung in Zeiten der Epidemie
  • Der Kampf der Kuriere von Deliveroo in Spanien ist erfolgreich
    Gewerkschaftsversammlung bei Deliveroo in Spanien im November 2016Die Betriebsgruppe der „Riders“ der CNT bei Deliveroo sind mit Erfolg gegen Scheinselbstständigkeit vorgegangen. Vor einigen Wochen urteilte ein Gericht in Madrid und gab der CNT recht. Bei der von Deliveroo angewandten Art von Tätigkeit handelt es sich um Selbständigkeit und somit ein Arbeitsverhältnis mit hohem Grad an Prekarisierung und damit zusammengehörenden Betrug gegenüber der Sozialversicherung. —- Dies ist nur ein weiterer Schritt im Kampf gegen diese neue Art von Ausbeutung. Eingehüllt in scheinbar friedliche Arbeitsverhältnissen, verbirgt sich das wahre Gesicht des Unternehmens. Deliveroo hatte sich von Beginn an grundsätzlich geweigert mit Gewerkschaften zu verhandeln. Dies stellt eine eindeutige Verletzung der Grundrechte dar. Dieses Verhalten mündete in der Entlassung mehrerer Rider, u. a. der Gewerkschaftsdelegierten der CNT. Das Unternehmen hat zudem eine eigene gelbe Gewerkschaft gegründet „Asoriders“, um die Argumente des Unternehmens gegenüber dem Gericht zu verteidigen. Zudem bietet diese scheinbare Gewerkschaft Vorteile denjenigen Riders, die ihr beitreten und sich nicht schlecht über das Unternehmen äußern. Dieses Urteil bestätigt den Riders bei der CNT, dass es nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig ist, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Ihre Gewerkschaft CNT ist ein effektives Werkzeug, um diesen neuen Arten der Ausbeutung entgegenzutreten. Deliveroo wird mir großer Wahrscheinlichkeit Berufung einlegen. Die CNT jedoch hat und wird weiterhin diesen Riesen des Kapitalismus den Kampf ansagen und für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen…“ – aus der Zusammenfassung „Erfolg auf ganzer Linie für die Riders in Spanien“ am 11. August 2019 bei den a-infos externer Link über einen weiteren Erfolg im weltweiten Kampf der Fahrad-Kuriere.  Siehe dazu auch den Originalbericht aus Spanien:

  • „La mayor sentencia colectiva contra Deliveroo considera a 97 ‘riders’ empleados y no autónomos“ von Sergi Pitarch und Lucas Marco am 28. Juni 2019 bei kaosenlared externer Link dokumentiert (ursprünglich in El Diario) ist ein Bericht über einen Prozess in Valencia: Dort hatten, auf Initiative der selbstorganisierten Riders por derechos de Valencia und der Intersindical Valenciana rund 40 der 97 Beschäftigten am Ort Klage geführt gegen den Status der autonomen Vertragspartnerschaft – die, wie überall auf der Welt, dem Unternehmen die Zahlung von Sozialabgaben ersparen, die wie auch die Ausrüstung auf Kosten der Fahrer gehen sollen. Die Klage hatte sich direkt gegen die Nichtbezahlung der Sozialabgaben gerichtet – und ihr wurde volles Recht gesprochen, das Gericht urteilte, das Unternehmen müsse alle 97 Betroffenen mit normalen Arbeitsverträgen anstellen – wogegen Deliveroo allerdings noch Revision beantragen kann (und alle gehen davon aus, dass dies auch geschieht), dennoch so die Sprecher der beiden beteiligten Gruppierungen, sei dieses Urteil ein weiterer bedeutender Erfolg im Kampf gegen das besondere Ausbeutungsmodell Deliveroo: Zumal das Gerichtsurteil der „bisher größte Fall“ einer erfolgreichen Klage gewesen sei.
  • „IWW Deliveroo riders strike and blockade in London“ bereits am 26. Mai 2019 bei libcom.org externer Link ist ein Streikbericht über eine spontane Aktion nach aktuelle aufgetretenen Problemen, wobei die dabei vertretenen Forderungen sich sowohl auf bessere Bezahlung für die Arbeit beziehen, als auch für mehr Sicherheit, denn die Fahrer und Fahrerinnen erleben zunehmend öfter gefährliche Situationen vor allem im Verkehr, wofür sie die Organisation der Arbeit durch das Unternehmen verantwortlich machen, die sie entsprechend geändert haben wollen.

Siehe zum Thema im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=150990
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