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Amazon: „Truly american, very british“ – ein Weltkonzern und seine Jobs

Halloween-Streik bei AmazonWährend in Nordamerika ein Städtewettbewerb stattfindet, wer die neue, zweite, Amazon-Zentrale beherbergen darf und das Unternehmen derweil mit dem US-Kriegsministerium über langjährige Lieferverträge verhandelt; während der „fünfte Kontinent“ nun ebenfalls mit der Netzvariante des Versandhauskatalogs beglückt wird und in verschiedenen Ländern die ersten Kaufhäuser eröffnet werden (ganz, wie einst Neckermann und Quelle hierzulande), tut die ständig wachsende weltweite Belegschaft, was sie zu tun bezahlt wird: Arbeiten, bis der Arzt kommt. Was beinahe 400.000 Menschen betrifft.  Gewerkschaften, gewerkschaftsähnliche selbstorganisierte Gruppen und linke Organisationen verschiedenster Strömungen versuchen einzuwirken mit  Streiks und sonstigen Aktionen. Dennoch stoßen sie dabei auf Schwierigkeiten: In der BRD etwa, weil im (einstigen Wirtschafts- und heutigen) Niedriglohn-Wunderland Amazons Löhne nicht ganz so niedrig sind, wie in vielen anderen Unternehmen des früher bejubelten Dienstleistungsbereichs. Siehe eine aktuelle Umschau mit Material aus Großbritannien und den USA:

„‘Power hour’ or Workers’ power?! – Reports from two Amazon workers, Hemel Hempstead, Winter 2017/18“ am 27. Januar 2018 bei Angry workers oft he World externer Link ist eine Dokumentation zweier Erfahrungsberichte von Beschäftigten der Londoner Amazon Logistikzentrale aus dem Weihnachtsgeschäft 2017, die unter vielem anderen etwa davon handeln, dass Amazon zwar einerseits deutlich über dem Mindestlohn der Einzelhandelsbranche zahle, andrerseits aber (nicht nur bei der Suche nach Aushilfen zu Weihnachten) große Versprechungen mache, die keineswegs immer eingehalten werden. Und während das Versandhaus wohl das einzige Großunternehmen sein dürfte, das ZeitarbeiterInnen einen höheren Lohn bezahlt, als den fest angestellten, tut es andrerseits alles, um sie anschließend wieder los zu werden – inklusive etwa einstellen der eigenen Buslinien zum weit außerhalb liegenden Betrieb.

„Timed toilet breaks, impossible targets and workers falling asleep on feet: Brutal life working in Amazon warehouse“ von Alan Selby am 25. November 2017 im (britischen) Sunday Mirror externer Link ist der Bericht eines Reporters über seine Erfahrungen, die er in 5 Wochen als Amazon-Beschäftigter undercover machte. Im Zentrum Tilbury (dem größten im Land, wo insgesamt 24.000 Menschen beschäftigt werden) wird vor allem mit der (verbreiteten) Vorgabe, jede Minute zwei Einheiten anzuliefern, Druck gemacht – dazu gibt es auch einen genau definierten Zeitrahmen für den Toilettengang. Und zahlreiche Einsätze von Sanitätern. 55 Wochenstunden, permanent unter Computer-Totalkontrolle waren der Kern dieser eigenen Erfahrungen…

„Amazon drivers forced to deliver 200 parcels a day with no time for toilet breaks while earning less than minimum wage“ von Dan Warburton am 09. Dezember 2017 ebenfalls im Sunday Mirror externer Link ist sozusagen der etwas über zwei Wochen später verfasste Nachfolgebericht zum vorherigen Beitrag – über die Amazon Auslieferungsfahrer, die „natürlich“ selbstständig sind und keinesfalls Angestellte. Mit der Vorgabe, 200 Pakete pro Schicht auszuliefern. Was dazu geführt hat, dass sich nun einige Fahrer zusammen getan haben und sich an dieselbe Anwaltskanzlei wendeten, die auch Uber-Fahrer erfolgreich vertreten hatte.

„A new study found that 700 Amazon employees in Ohio are on food stamps“ von Dennis Green am 15. Januar 2018 bei Business Insider externer Link ist ein Bericht über eine Studie aus dem US-Bundesstaat Ohio: Dort beschäftigt Amazon in mehreren Einheiten über 7.000 Menschen. Von denen ziemlich genau 10% darauf angewiesen sind, staatliche Hilfe aus dem Supplemental Nutrition Assistance Program –SNAP – (etwa: Ergänzendes Ernährungsunterstützungsprogramm) zu erhalten, die moderne Form von Essensmarken. Obwohl die im Beitrag zitierte Aussage eines Unternehmenssprechers nicht in Frage gestellt wird, die Stundenlöhne betrügen 15 Dollar, trifft diese Notlage zu – auf jene, die Teilzeit arbeiten vor allem. Was den Autor zum Schluss kommen lässt, dass neben den Hunderten Millionen, die Amazon alleine in diesem Staat an Investitionsförderungen verschiedenster Art bezogen habe, inklusive massive Steuererleichterungen, auch noch monatlich Zehntausende Dollars sozusagen als Lohnergänzung aus dem Staatshaushalt aufgebracht werden müssen.

„Living in cars, working for Amazon: meet America’s new nomads“ von Jessica Bruder am 02. Dezember 2017 beim Guardian externer Link ist ein Bericht über Beschäftigte, einen ganz „besonderen“ Status haben. Im Gegensatz zu früheren Meldungen über Beschäftigte in England, die sich mit ihren Bezügen keine Wohnung leisten konnten, handelt es sich hier um ganz offiziell als „Nomadenkräfte“  angeheuerte Menschen, die in der Vorweihnachtszeit per Caravan ihre Einsätze in diversen Logistikzentren ausführen. Es ist bei weitem nicht nur Amazon, das in den USA dieses „Camper-Programm“ anwendet, aber die Autorin (des Buches Nomadland, aus dem dies ein Auszug ist) schätzt, dass es etwa im Bundesstaat Arizona etwa 1.400 Amazon-Beschäftigte sind, die unter diesen Bedingungen leben müssen.

„Amazon workers sue, claiming denied overtime pay, rest breaks“ von Mark Glover am 30. November 2017 in der Sacramento Bee externer Link über das neueste Auslieferungslager in Kalifornien, wo einige der rund 1.500 Beschäftigten Klage erhoben haben: Weil ihnen bei 10 Stundenschichten die gesetzlich vorgeschriebene dritte Pause ebenso verweigert wurde, wie die korrekte Bezahlung von Überstunden.

„It’s the most exhausting time of the year: Amazon, UPS workers denounce grueling holiday conditions“ am 30. Dezember 2017 bei wsws externer Link ist ein Beitrag über die Erfahrungen der „Saison-Arbeitskräfte“  in den USA, wo  Amazon rund 120.000 Menschen rekrutiert hat, UPS etwa 95.000 und Fedex rund 50.000. Einige von ihnen kommen mit ihren Erfahrungen in Rahmen dieses Beitrags ausführlich zu Wort.

„Luxemburg will Brüssel verklagen“ am 16. Dezember 2017 in neues deutschland externer Link ist eine Meldung über den Steuerstreit wegen Luxemburgs Geschenke an Amazon: „Luxemburg wehrt sich gegen die Aufforderung der EU-Kommission, 250 Millionen Euro an unzulässigen Steuervergünstigungen von Amazon zurückzuverlangen. Das Großherzogtum werde gegen die Entscheidung der Kommission vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) klagen, erklärte das Finanzministerium am Freitag. Der Vorwurf, Luxemburg habe Amazon einen »selektiven Vorteil« gewährt, treffe nicht zu“.

„Trudeau courts Amazon CEO to locate its second headquarters in Canada“ von Laurent Lafrance am 27. Oktober 2017 bei wsws externer Link war ein Beitrag über einen Brief des kanadischen Mibisterpräsidenten an den Amazon-Eigner Bezos, er solle sein zweites Hauptquartier in Kanada aufschlagen. Um die laut Amazon zu erwartenden etwa 50.000 hochbezahlten Jobs bewerben sich nicht weniger als 230 Orte in Nordamerika, die sich gegenseitig mit Vorteilen für das Unternehmen überbieten wollen…

„Radical Municipalism: The Only Solution to Amazon’s Extortion of Cities“ von James Wilt am 07. November 2017 bei Portside externer Link ist die Dokumentation eines Beitrags aus Canadian Dimension über mögliche Gegenstrategien zur Politik des Diktats, wie sie Amazon auch gegenüber Städten zur Anwendung bringt – New Jersey mit zusammengezählt 7 Milliarden Begünstigungen machte das „beste Angebot“ – bisher…

„House to vote on giving Amazon $53 billion deal to become main Pentagon supplier“ von Evan Blake am 11. November 2017 bei wsws externer Link war ein Beitrag über die konkrete Ausgestaltung des gerade verabschiedeten Us-Militärhaushalts (700 Milliarden Dollar). Es geht dabei um einen Vertrag mit Amazon über die Lieferung zahlreicher (nichtmilitärischer) Güter ans Pentagon – in der bescheidenen Höhe von anvisierten 53 Milliarden Dollar….

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=127351
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