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BVerfG: Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Abschiebung nach Griechenland aufgrund von unzureichender Sachaufklärung im Einzelfall

Residenzpflicht abschaffen - Lagerpflicht abschaffen - Abschiebungen stoppen„Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die sich gegen die Versagung von Eilrechtsschutz im gerichtlichen Verfahren gegen die Ablehnung eines Asylantrags und die Androhung der Abschiebung nach Griechenland richtete. Die fachgerichtliche Beurteilung der Aufnahmebedingungen in einem Drittstaat muss, jedenfalls wenn Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegen und damit der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens erschüttert ist, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen. Soweit entsprechende Informationen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht vorliegen und nicht eingeholt werden können, ist es zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes geboten, Eilrechtsschutz zu gewähren…“ BVerfG-Pressemitteilung vom 23. Mai 2017 zum Beschluss 2 BvR 157/17 vom 8. Mai 2017 externer Link

  • Wichtig darin: „… Das Verwaltungsgericht setzt sich jedoch nicht damit auseinander, dass die in Griechenland verfügbaren Sozialleistungen – nach den vom Beschwerdeführer vorgelegten Erkenntnissen – an einen bis zu zwanzigjährigen legalen Aufenthalt anknüpfen, weshalb anerkannt Schutzberechtigte von der Inanspruchnahme dieser Leistungen faktisch ausgeschlossen sind. Zudem bedarf es einer Auseinandersetzung mit der Einschätzung, bei anerkannt Schutzberechtigten ebenso wie bei Asylbewerbern treffe die Annahme des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu, dass es sich hierbei um eine besonders verletzliche Gruppe handelt, die zumindest für eine Übergangszeit auf staatliche Hilfe bei der Integration in den Aufnahmestaat angewiesen ist. Es hätte daher im vorliegenden Einzelfall weiterer Feststellungen dazu bedurft, ob und wie für nach Griechenland zurückgeführte anerkannt Schutzberechtigte zumindest in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft der Zugang zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen sichergestellt wird. Eine Zusicherung seitens der griechischen Behörde, den Beschwerdeführer zumindest für eine Übergangszeit unterzubringen, ist im vorliegenden Verfahren nicht abgegeben und von Bundesamt oder Bundesregierung – soweit ersichtlich – auch nicht angefordert worden. Vielmehr hat das Bundesamt in seinem Bescheid lediglich ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass Griechenland die einschlägigen Regelungen des EU-Rechts einhalte…“
  • Wichtig ist auch die Festellung des BVerfG: „Die Verfahrensgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gibt dem Bürger einen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle“, was bezüglich der Rechtsweggarantie ein Gleichstellung von Asylbewerber und „Bürger“ beinhaltet
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