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Nach Syriza

Protestdemonstration gegen das 3. Memorandum am 5. September 2015 in ThessalonikiDas Interview „After Syriza“ von Thomas Lemahieu (L’Humanité ) mit Stathis Kouvelakis ist am 31. August 2015 auf englisch im Jacobinmag externer Link erschienen und beinhaltet die Ausführungen eines der bekanntesten Popular Unity Mitglieds darüber, was seine neue, eben gegründete Front (nicht: Partei) anders machen will, als Syriza es getan hat. Wobei er viel Wert auf die Feststellung legt, dass diese Front keineswegs nur aus ehemaligen Syrizamitgliedern besteht, sondern rund ein Dutzend verschiedene Strömungen umfasst. Auch ein knapper Überblick, wer von den bekannten Oppositionellen zum von Syriza unterschriebenen Memorandum nicht dabei ist, wird gegeben. Siehe dazu auch einen Artikel zum Wahlprogramm sowie einige ins Deutsche übersetzte Auszüge aus dem Interview:

  • Auszüge aus dem Interview „After Syriza“ von RT ins Deutsche übersetzt
    Genauso wie in der gleichen Partei die Koexistenz von Strömungen, von unterschiedlichen Standpunkten, einschliesslich der Frage des Euro, möglich war, solange der Sturz der Memoranden als gemeinsames Ziel erhalten blieb, genauso war keine Koexistenz möglich zwischen den Unterzeichnern eines Memorandums und dessen Gegnern. Als Alexis Tsipras beschloss, das Memorandum zu akzeptieren, war dies gleichzeitig der Entschluss, seine Partei aufzulösen (…)“
    „« Unité populaire » ist keine Partei, sondern eine Front, die ein Dutzend Komponenten umfasst. Einige sind aus Syriza ausgetreten, andere waren in der Vergangenheit Teil von Syriza oder arbeiteten zusammen, wieder andere kommen aus der radikalen Linke wie die Strömungen des Zusammenschlusses Antarsya. Im Grunde genommen ist « Unité populaire » etwas ganz ähnlich wie es das Bündnis Syriza bis im Sommer 2013 war, bevor es in einer einzigen Partei aufgelöst wurde. Das ist eine Formulierung, die uns wichtig ist: Wir sind eine politische Front, mit dem Pluralismus, mit dem Respekt vor unterschiedlichen Standpunkten, mit dem Schwerpunkt der Selbstorganisation. Unser Ziel ist es, die politische Struktur des „Nein“ sicherzustellen, das sich anlässlich des Referendums vom 5. Juli in überwältigender Weise bei der Jugend und den Schichten der Arbeiter_innen und des Volkes ausgedrückt hat. Wir wollen breite und offene Komitees von unten aufbauen. (…) Man braucht nicht mit allen Programmpunkten einverstanden zu sein, aber das Herzstück ist ganz klar der Bruch mit den Memoranden. Ein Bruch, der unerlässlich ist und eine Konfrontation mit der EU beinhaltet, auch wenn man bezüglich der Mittel, die in dieser Konfrontation zur Anwendung kommen, unterschiedlicher Auffassungen sein kann. Aber es ist ganz klar, dass wir die Lehren aus der strategischen Niederlage von Syriza ziehen und dass wir eine alternative Herangehensweise haben, um nicht in der gleichen Kapitulation zu enden (…)“
    „Einer der Hauptfehler der Syriza-Regierung bestand darin, die Schulden weiter zu bedienen: 7 Milliarden Euro haben sich auf diese Weise zwischen Januar und Juni in Luft aufgelöst, die öffentlichen Kassen sind vollkommen leer. Und überhaupt, wir machen uns keinerlei Illusionen bezüglich der Verträglichkeit eines Programmes des Bruchs im Rahmen des Euro. Darum werden wir im Falle einer Unnachgiebigkeit der Institutionen – mit den von der EZB beschlossenen Einschränkungen des Zugangs zu den flüssigen Mitteln – zur nationalen Währung zurückkehren. Die Übergangsphase bringt gewisse Schwierigkeiten, aber auch wichtige Chancen für den Aufschwung und für eine Wirtschaftspolitik im Sinn einer sozialen Gerechtigkeit und Umweltverträglichkeit (…)“
    „Wir halten es für unerlässlich, im Rahmen der Wiederherstellung der Demokratie und der Volkssouveränität die monetäre Souveränität wiederzuerlangen, und zwar keineswegs in der Perspektive einer nationalistischen Abschottung. Unsere Herangehensweise ist zutiefst internationalistisch. Wir erzählen keinen Quatsch, wie das Syriza gemacht hat: Wir erzählen nicht, dass wir die andern Europäer überzeugen wollen. Wir haben keine Illusionen darüber, dass Hollande oder Renzi oder ich-weiss-nicht-wer in der EU uns helfen werden. Wir zählen auf die Mobilisierung des griechischen Volkes, auf die Sensibilisierung der öffentlichen Meinung in Europa, auf die internationale Solidarität der sozialen Bewegungen. Dort sind für uns die wirklichen Verbündeten! (…)“
    „Wenn es einen Aspekt von Syriza gibt, den wir beibehalten wollen, dann ist es jener einer verständlichen Sprache für die Bevölkerung, das Ziel zu haben, auf einem einfachen, aber radikalen Programm, das wirklich den dringenden Bedürfnissen entspricht, in der Mehrheit zu sein und fähig zu sein, eine anwendbare Alternative anzubieten. Das war ein grundlegender Punkt von Syriza: Politik für die Massen zu machen, keine Politik der kleinen Gruppen, keine sektiererische Politik, keine auf den Protest beschränkte Politik (…)“
    „Die Memoranden sind wie ein Moloch, der immer grössere Opfer fordert. Vor Syriza hatten die Memoranden zwei Regierungen zerstört. Sie haben die PASOK vernichtet – eine Partei, die weit besser und fester in der griechischen Gesellschaft verankert war als Syriza – und in eine Splittergruppe verwandelt. Sie haben zu einem schönen Teil die ND zerstört. Das dritte Memorandum wird Syriza zerstören. Das geschieht übrigens bereits: Der Rücktritt des Generalsekretärs in den letzten Tagen ist doch ein ganz offensichtliches Symptom. Kurzum, die Leute, die denken, die politische Instabilität in Griechenland sei vorbei, täuschen sich gründlich. (…) Wir wollen in die politische Landschaft hereinstürmen, sie auf den Kopf stellen und im Grunde genommen das tun, was Syriza zwischen 2012 und 2015 getan hat. Ich sehe nicht ein, weshalb wir in einer schlechteren Position sein sollten als sie, um das zu tun. Und das „sie“ sind offensichtlich teilweise auch wir! (…)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=86187
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