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Nach dem Mord an Pavlos Fyssas: Griechische Behörden gegen „Goldene Morgenröte“ (Chrysi Avgi)

Dossier

Nach dem Mord an Pavlos Fyssas: Griechische Behörden gegen „Goldene Morgenröte“ (Chrysi Avgi) Die Festnahmen von Anführern und Abgeordneten der Morgenrötebande ist grosses Thema der Debatte (nicht nur unter den Linken) über die bisherige und künftige Rolle der Staatsmacht in Griechenland. Warum musste erst Pavlos Fyssas, 34-jähriger Metallgewerkschafter, Antifaschist und Hip-Hop-Künstler (Killah P), in Keratsini, einem Arbeiterviertel in Piräus ermordet werden, erstochen von einem geständigen Nazi der Morgenrötebande? Warum brauchte es erst massiver Proteste dagegen? (Siehe dazu unser Dossier: Griechische Nazis morden weiter – nun auch Linke. Auch Polizeireaktion nach deutschem Muster) und hier Meldungen  speziell zu „Goldene Morgenröte“ (Chrysi Avgi):

  • [Griechenland] Anführer von Goldener Morgenröte nach Verbüßung von weniger als einem Viertel der Strafzeit freigelassen New
    „Das vor einem Jahr zu 10 Jahren und zwei Monaten Haft verurteilte frühere Mitglied der faschistischen Partei Chryssi Avgi (Goldene Morgenröte) Jorgos Patelis, ist nach Verbüßung von 30 Monaten Haft unter Auflagen freigelassen worden. Die 1,5 Jahre, die er Untersuchungshaft war, sind dabei mit in die abgesessene Zeit eingerechnet. Jorgos Patelis war der Anführer der Goldenen Morgenröte im Stadtteil Nikea von Athen. Jorgos Roupakias, der den Rapper Pavlos Fissas 2013 ermordete, war Mitglied der Goldenen Morgenröte in eben diesem Stadtteil. Natürlich wurde diese Entscheidung eines Berufungsgerichtes für Suspendierungen von vielen mit großer Empörung und harscher Kritik aufgenommen. Sie weckt Erinnerungen daran, dass es eine lange Tradition der Straffreiheit von faschistischen Organistaionen in Griechenland gibt. Die frühe Freilassung wurde vom Berufungsgerichtes für Suspendierungen folgendermaßen begründet: 1. Weil der 15-jährige Sohn von Patelis ernsthaft unter der Abwesenheit seines Vaters leide. 2. Wegen der guten Führung des Verurteilten im Gefängnis. 3. Weil keine Fluchtgefahr bestehe und man „das Gefühl habe, dass die Tat (der Mord an Fyssas) aus bestimmten Gründen in Anbetracht bestimmter Umstände begangen wurde und es keine ernsthafte Wahrscheinlichkeit einer neuen Tat gibt“. Besonders das letzte Argument ist äußerst zynisch in Anbetracht der Tatsache, dass in den letzten Wochen gewalttätige Überfälle auf Linke durch Sympathisanten der Goldenen Morgenröte und andere rechtsextreme Kräfte in Thessaloniki und Athen stattgefunden haben. Es wurde sehr deutlich, dass die faschistische Bewegung wieder auflebt…“ Meldung von Georg Brzoska vom 19. Oktober 2021 bei der Griechenlandsolidarität externer Link
  • Nach dem Urteil gegen die Nazi-Mordbande: Sollte damit die Klassenjustiz in Griechenland beendet sein? Der Kampf geht auf jeden Fall weiter 
    „… Der Athener Areopag, der oberste Gerichtshof Griechenlands, hat am Mittwoch die Strafanträge der Staatsanwaltschaft vom Vortag im Prozess gegen Mitglieder der faschistischen Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgendämmerung) weitgehend bestätigt. Gegen den 62jährigen Gründer der Partei Nikos Michaloliakos und seine sechs Stellvertreter verhängte das Gericht unter der Vorsitzenden Richterin Maria Lepenioti Gefängnisstrafen von jeweils dreizehn Jahren. Giorgos Roupakias, der Mörder des Rapmusikers Pavlos Fyssas, wurde zu lebenslangem Freiheitsentzug verurteilt. Die seit 1993 als politische Partei auftretende Chrysi Avgi, die zwischen 2012 und 2019 zeitweise mit 18 Abgeordneten im griechischen Parlament saß, war am Freitag vom Areopag zur »kriminellen Organisation« erklärt worden. Roupakis, ein Täter von schlichtem Gemüt, den sich die Organisation offenbar als eine Art Kettenhund hielt, hatte am 18. September 2013 den 34jährigen Fyssas erstochen. Seine 15 Kumpane, die mit Messern und Knüppeln in ein Kaffeehaus in Athen eingedrungen waren, wurden zu Freiheitsstrafen von sieben und acht Jahren verurteilt. Über die Strafanträge der Staatsanwältin Adamantia Oikonomou hinaus ging das Gericht im Rahmen der Anklage gegen vier Schläger der Chrysi Avgi, die am 12. September 2013 eine Gruppe Gewerkschafter der kommunistischen PAME angegriffen und zum Teil schwer verletzt hatten. Statt nur für zehn Monate müssen sie für jeweils zwei Jahre ins Gefängnis. Keine mildernden Umstände gab es auch für eine Gruppe von fünf der im Volksmund »Chrysavgites« genannten Faschisten, die im Juni 2012 in Piräus ägyptische Fischer mit Baseballschlägern schwer zusammengeschlagen hatten. Wegen versuchten Mordes wurden sie mit acht Jahren Freiheitsentzug bestraft. Als Hintermänner und Organisatoren schwerer Gewalttaten und Mitglieder einer »kriminellen Organisation« wurden elf ehemalige Parlamentsabgeordnete zu Gefängnisstrafen von fünf bis sieben Jahren verdonnert…“ – aus dem Bericht „Keine mildernden Umstände“ von Hansgeorg Hermann am 15. Oktober 2020 in der jungen welt externer Link zu den strammen Urteilen gegen die Nazi-Mordbande. Zur Bedeutung dieses Urteils und der Debatte darum vier weitere aktuelle Beiträge:

    • „Sieg für antifaschistische Bewegung: Griechische Neonazis der „Goldenen Morgenröte“ verurteilt!“ am 08. Oktober 2020 beim Sozialismus.info externer Link bewertete das Urteil – vor der nunmehr erfolgten Verkündung des jeweiligen Strafmaßes – so: „… Dies ist ein historischer Tag, nicht nur wegen des Urteils gegen Chrisi Avgi, was seine Führer ins Gefängnis verwiesen hat. Sondern auch wegen der beeindruckenden Aktionen der Antifaschist*innen in Griechenland. In Athen standen mindestens 20.000 Demonstrant*innen vor dem Gerichtsgebäude, in Thessaloniki waren über 5000 und in Patras 2000 auf der Straße; weitere kleinere Aktionen kommen hinzu. Eine Ikone der Bewegung, Pavlos Fyssas‘ Mutter Magda, rief, als sie den Hof verließ: „Wir haben gewonnen, mein Sohn!“ Genau dasselbe empfanden viele Antifaschist*innen bei der Verkündung des Urteils. Es hallte durch die Straßen von Athen: „Pavlos lebt, vernichtet die Nazis“. Doch wenige Sekunden nach der Bekanntgabe der Verurteilung von Golden Dawn als kriminelle Organisation griff die Polizei die Demonstrant*innen mit Tränengas und Wasserwerfern an. Dies zeigt sehr deutlich, dass es in der griechischen Polizei immer noch Anhänger*innen von Chrisi Avgi und des Faschismus gibt, rechtsextreme Polizist*innen, die offenbar nicht mit dem Gerichtsurteil in Verbindung gebracht worden waren. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die antifaschistische Bewegung heute einen Sieg errungen hat, den wir alle genießen können. Gleichzeitig müssen wir aber erkennen, dass der Kampf nicht vorbei ist...“
    • „„Ein Moment der Gerechtigkeit““ von Maria Oshana am 13. Oktober 2020 im Freitag online externer Link ebenfalls zur grundsätzlichen Bedeutung des Urteils (eine Übersetzung eines Gesprächs mit Ioanna Meitani von Golden Dawn Watch): „… In den griechischen Medien ist die Stimmung nach dem Urteil plötzlich gekippt: dieselben Journalist*innen, die vor ein paar Jahren der Goldenen Morgenröte viel Raum gegeben haben, ihre Abgeordneten interviewten, mit ihnen scherzten, von einer „seriösen“ Partei sprachen und die Nazi-Tätowierungen als Lifestyle banalisiert haben, haben am 7. Oktober plötzlich deren Verurteilung gefeiert. Als sich die Organisation während des langen Prozesses intern zerlegte, Hunderte von Mitgliedern verlor, viele ihrer Büros zugemacht hat, verloren die Massenmedien das Interesse und berichteten zwischenzeitlich gar nicht mehr über die Goldene Morgenröte. Wir sind also froh darüber, dass die Medien in Griechenland über diese Terrorgruppe endlich als solche berichten, auch wenn wir wissen, dass diese Stimmung genauso leicht wieder in die andere Richtung kippen kann. Aber für eine kurze Weile dürfen wir uns freuen! Leider haben viele Politker*innen aus allen Parteien die Gelegenheit benutzt, um sich selbst als „Antifaschist*innen“ hervorzuheben und ihren politischen Gegnern die Verantwortung dafür zuzuschreiben, warum es „so lange“ gedauert hat, bis wir zu diesem Urteil gekommen sind. Diese Haltung, egal aus welchem politischen Raum, ist sehr enttäuschend und offenbart das niedrige Niveau der politischen Auseinandersetzung in Griechenland. Die Politiker*innen sollten sich spätestens jetzt für eine ernsthafte Politik gegen Rechts zusammentun. Denn die Gefahr ist ja nicht vorbei; mit dem rechtsextremen Gedankengut sind wir nicht fertig. Die Ideologie existiert weiter und ihre Anhänger werden nicht verschwinden; und die griechische Gesellschaft ist immer noch zum großen Teil rassistisch, nationalistisch, sexistisch. Antisemitismus, Antiziganismus und Antifeminismus sind weit verbreitet. Sie werden zwar in der nahen Zukunft nicht von einer Terrorgruppe im Kostüm einer Partei vertreten, diese Ideologien finden sich aber schon längst selbst in den etablierten Parteien wieder. Das Urteil vom vergangenen Mittwoch ist sicher ein großer Gewinn, der Kampf aber geht weiter…“
    • „Urteil gegen griechische Faschisten: Pseudolinke schüren gefährliche Illusionen“ von Peter Schwarz am 15. Oktober 2020 bei wsws externer Link zum Echo auf das Urteil: „… Nachdem angeblich linke wie rechte Regierungen die griechische Bevölkerung jahrelang ausgeplündert haben, um die internationalen Banken und einheimischen Oligarchen zu bereichern, steckt das Land in der tiefsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, die durch die Corona-Pandemie dramatisch verschärft wird. Die Regierung antwortet darauf mit den Methoden von Chrysi Avgi: Sie schürt Nationalismus, misshandelt Flüchtlinge und bereitet einen Krieg gegen den „Erzfeind“ Türkei vor, der das Leben von tausenden jungen Soldaten gefährdet. Das Anwachsen faschistischer Bewegungen auf der ganzen Welt – von den USA über Brasilien, die Philippinen, Deutschland, Italien, Ungarn usw. – zeigt, dass die Klassengegensätze ein Ausmaß angenommen haben, das sich nicht mehr mit demokratischen Mitteln überbrücken lässt. Konfrontiert mit wachsendem Widerstand gegen Armut, Militarismus und die katastrophalen Folgen ihrer Corona-Politik fördert und ermutigt die herrschende Klasse überall faschistische Banden, um diktatorische Herrschaftsformen zu errichten. Wenn der Hitler-Verehrer Michaloliakos und seine engsten Kumpane vorübergehend hinter Gitter müssen, nachdem sie jahrelang mit staatlicher Unterstützung ungestört Migranten verprügeln, Arbeiter terrorisieren und linke Aktivisten ermorden konnten, hat das vor allem taktische Gründe. Die Regierung fürchtet, dass die wachsende Opposition gegen die Nazis zu einer Gefahr für die bürgerliche Herrschaft werden könnte. Die Frage, ob sie ihre faschistischen Kampfhunde auf Arbeiter und Migranten loshetzt, sie zu deren Einschüchterung an der Leine hält oder sie vorübergehend einsperrt, war für die Bourgeoisie schon immer eine Frage der taktischen Zweckmäßigkeit. In Deutschland wurde die SA, der bewaffnete Arm der Nazis, noch im April 1932 verboten, weil die Gefahr bestand, dass eine bewaffnete Konfrontation mit einem Sieg der Arbeiterklasse enden würde. Nur neun Monate später betraute die herrschende Klasse Hitler mit der Führung der Regierung und stattete ihn mit diktatorischen Vollmachten aus. Alle historischen Erfahrungen zeigen, dass der Faschismus in der griechischen Politik tiefe Wurzeln hat. Von den Kollaborateuren mit der Nazi-Besetzung, über die Diktatur der Obristen der Jahre 1967 bis 1974 bis zur Einbeziehung der völkisch-nationalistischen L.A.O.S. in die von der EU eingesetzten Technokratenregierung 2011 haben rechtsextreme Gruppen immer wieder eine führende Rolle gespielt...“
  • Die Hilfestellung der Staatsanwaltschaft hat nichts genutzt: Griechische Nazi-Bande „Goldene Morgenröte“ als kriminelle Organisation verurteilt – Zehntausende jubeln in den Strassen Athens
    „… Von den ursprünglich 69 Angeklagten – einer starb während des Prozesses – wurden mehr als 40 verurteilt. 18 Führungskader wurden der Bildung einer kriminellen Vereinigung für schuldig befunden. Michaloliakos und sechs weitere wurden zudem wegen Führung einer solchen Vereinigung verurteilt. Unter den Verurteilten ist auch der im vergangenen Jahr aus der Partei ausgetretene Giannis Lagos, der als fraktionsloser Abgeordneter im Europaparlament sitzt. Weitere Urteile gab es in Zusammenhang mit dem Tod des Rappers Pavlos Fyssas, der 2013 von einem Parteianhänger erstochen wurde. Der Täter wurde wegen Totschlags verurteilt, weitere 15 Parteimitglieder als Mittäter. Schon vor dem Urteil hatten sich viele Demonstranten seit dem frühen Mittwochmorgen auf Athens Straßen versammelt, um gegen Faschismus zu protestieren. Die Polizei sprach von rund 15 000 Menschen. Als das Urteil bekannt wurde, brandete Applaus auf. Am Rande der Versammlung kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, Feuerwerkskörper flogen, die Beamten setzten Tränengas und Wasserwerfer ein...“ – aus der dpa-Meldung „Morgenröte verurteilt“ vom 08. Oktober 2020 externer Link (hier beim nd online) zum Ausgang des Prozesses und den Revanchegelüsten der uniformierten Partner der Verurteilten. Siehe dazu vier weitere aktuelle Beiträge – auch zur Demonstration vor dem Gericht, der Rolle der Polizei und eine Stellungnahme der Mutter des Mordopfers Pavlos Fyssas:

    • „Faschisten verurteilt“ von Hansgeorg Hermann am 08. Oktober 2020 in der jungen welt externer Link berichtet unter anderem: „… Der Athener Areopag, der oberste Gerichtshof des Landes, hat am Mittwoch vormittag die gesamte Führung der faschistischen Partei Chrysi Avgi (CA – Goldene Morgendämmerung) wegen Mitgliedschaft in einer »kriminellen Organisation« verurteilt. Das Strafmaß soll zu einem späteren Zeitpunkt verkündet werden. Aber klar ist, dass CA der Status einer politischen Partei entzogen ist. Ihr Vorsitzender Nikos Michaloliakos, der sich selbst als »Führer« bezeichnet und Adolf Hitler sein Vorbild nennt, saß zwischen 2012 und 2019 zeitweise mit bis zu 17 Gleichgesinnten im 300 Abgeordnete zählenden griechischen Parlament. Vor dem Gerichtsgebäude im Zentrum der Hauptstadt hatten sich gegen elf Uhr mehr als 20.000 Menschen versammelt, um auf das Urteil zu warten. Als die Entscheidung der Richterinnen und Richter kurz vor zwölf über Lautsprecher verkündet wurde, brach die Menge in frenetischen Jubel aus. Während die griechischen Medien die Urteile gegen die Führung der Organisation und ihre wegen Mord und schwerer Körperverletzung schuldig gesprochenen Schläger in Eilmeldungen als »historische Entscheidung« und »Stunde der Demokratie« feierten, gingen Polizei und schwer bewaffnete Polizisten der Spezialeinheit MAT sofort zum Angriff auf die versammelten Menschen über. Mit Wasserwerfern, Tränengas und Knüppeln trieben sie friedliche Demonstranten auseinander, die im Chor hohe Gefängnisstrafen für die Angeklagten verlangt hatten. Die Staatsanwaltschaft hatte seit mehr als fünf Jahren ermittelt. Im vergangenen Dezember überraschte sie mit der Behauptung, der im September 2013 an dem Rapper Pavlos Fyssas auf offener Straße begangene Mord – einer der Anklagepunkte – sei nicht im Rahmen verschiedener, »zentral von der Partei organisierter« Gewaltaktionen zu beurteilen. Dem folgte der Areopag nicht. Er sprach nahezu alle der insgesamt 68 Angeklagten wegen Mordes, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Waffenbesitz schuldig. Nicht zur Diskussion standen vor Gericht die offensichtlichen politischen und sozialen Beziehungen zwischen den staatlichen »Ordnungskräften« und den Faschisten der CA...“
    • „Historic Court Verdict Against the Fascists: GUILTY“ am 07. Oktober 2020 beim Gewerkschaftsbund PAME externer Link meldet sowohl das Urteil und skizziert seine Bedeutung, als auch die (nicht nur eigene) Athener Demonstration zur Urteilsverkündung ausführlich mit Fotos und Videoberichten dokumentiert wird. Weitere Videos des Jubels von Zehntausenden gibt es auch bei Twitter unter #GoldenDawn
    • „Magda Fyssa is right: “Pavlos did it!” He brought down the Golden Dawn“ am 07. Oktober 2020 bei Keep Talking Greece externer Link ist ein Beitrag über die Stellungnahme der Mutter von Pavlos Fyssas, dessen Ermordung durch die Nazis zentraler Anklagepunkt war – „Er hat es geschafft“ unterstrich Magda Fyssas – sein Ziel, die faschistische Partei zu zerschlagen, ist erreicht…
    • Das Urteil gegen die Goldene Morgenröte
      „… Am Mittwoch, den 7. Oktober 2020, wurde in Griechenland zum ersten Mal in der Geschichte des modernen griechischen Staats eine politische Partei aus dem nationalsozialistischen Lager als „verbrecherische Organisation“ verurteilt. Die juristische Einstufung entspricht dem, was im deutschen Sprachgebrauch allgemeinhin als „kriminelle Vereinigung“ eingestuft wird. Bei der Urteilsverkündung war keiner der 68 Angeklagten anwesend. Sie ließen sich durch ihre Anwälte vertreten. Alle Angeklagten waren auf freiem Fuß, weil die maximale Untersuchungshaftdauer von achtzehn Monaten überschritten wurde. Die Verkündung der Strafmaße wird für den späten Donnerstag oder den Freitag erwartet. Das Gericht tagte am Mittwoch bis kurz vor Mitternacht. (…) Das Urteil hat für Griechenland historische Ausmaße. Das Verfahren gegen die Partei begann Ende September 2013, nachdem in der Nacht vom 17. auf den 18. September 2013 in Keratsini der Musiker Pavlos Fyssas, zusammen mit seinen Freunden, von einem Schlägertrupp der Goldenen Morgenröte überfallen und vom Neonazi Giorgos Roupakias erstochen wurde. Ein formales Parteiverbotsverfahren für eine im Parlament vertretene Partei ist in Griechenland nicht möglich. Die Justiz wählte daher den Umweg über die Anklage als „verbrecherische Organisation“. Über extra erlassene Gesetze wurde zudem seit 2013 festgelegt, dass eine unter derartiger Anklage stehende Partei keine staatliche Parteifinanzierung erhalten kann. Der Mord an Fyssas wirkte wie eine Initialzündung. Plötzlich fand die griechische Justiz zahlreiche Vergehen, welche der Partei und den führenden Mitgliedern angelastet wurden. Wäre die Partei hinsichtlich des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung freigesprochen worden, dann hätte der Parteiführer Nikolaos Michaloliakos eine Summe von mehr als zehn Millionen Euro der entgangenen Parteifinanzierung einklagen können. Die GM war die erste offen nationalsozialistische Partei, die 2012 im Zuge der Eurokrise in ein nationales Parlament eines EU-Staats einzog. (…) „Der Moment der Ankündigung der Verurteilung der Goldenen Morgenröte der Nazis war für alle Demokraten ein Moment unbeschreiblicher Freude“, kommentierte die Partei von Yanis Varoufakis, MEPA25. Sie betonte aber auch, dass „es offensichtlich ist, dass die nationalsozialistischen Brutstätten, immer noch in der Polizei nisten.“ Dass diese Polizisten der Partei „exorbitante Prozentsätze gaben“ und sie während der Amtszeit des aktuellen Bürgerschutzministers Chrysochoidis „gestärkt, ermutigt und entmutigt wurden, es nicht einmal für einen Moment ertragen, ihre wahren Ideale, und sei es nur zum Schein zu verbergen.“ Bei der Versammlung vor dem Berufungsgericht wurde auch Varoufakis Opfer der Polizeigewalt. Sein Verweis auf seinen Status als Parlamentarier brachte den Einsatzpolizisten nur noch mehr in Rage. Der Zentralrat der Juden in Griechenland „begrüßt die historische Entscheidung der griechischen Justiz, welche die Neonazi-Formationen kriminalisiert und die Republik in unserem Land schützt. Das heutige Gerichtsurteil besiegelt eine große Wahrheit: Wie gefährlich die Neonazi-Organisationen sind, die unter dem Deckmantel des Patriotismus vorgehen, um Hass zu verbreiten und Obskurantismus zu verhängen…“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 8. Oktober 2020 bei Telepolis externer Link
  • Fünf Jahre nach dem Mord an Pavlos Fyssas – die Faschisten als Teil des Systems in Griechenland 
    Indes kamen neue aufschlussreiche Beweise dafür ans Licht, was genau am dramatischen Abend des 17. September 2013 geschah. Die Forensic Architecture Research Group wurde von der Familie Fyssas und ihren gesetzlichen Vertreter_innen beauftragt, die Ereignisse der Nacht anhand des dem Gericht zur Verfügung gestellten Audio- und Videomaterials zu rekonstruieren. Die daraus resultierende Videountersuchung und der begleitende Bericht wurden am 10. und 11. September 2018 vor dem Gericht in Athen präsentiert und brachten CCTV-Aufnahmen, Aufzeichnungen der Kommunikation zwischen Polizei und Rettungsdiensten, sowie Zeugenaussagen zusammen. Das Ergebnis der Forschung erwies sich als ein Boomerang für die griechische Polizei. Die Untersuchung ergab nämlich, dass Angehörige der Goldenen Morgenröte, einschließlich hochrangiger Beamter, in Bezug auf den Mord koordiniert vorgingen. Das Material zeigte, dass Mitglieder der Elite-Spezialeinheit der Polizei, bekannt als DIAS, vor, während und nach dem tödlichen Angriff vor Ort waren – und nicht eingriffen. (…) Mehr noch: die Auswertung der Kamera-Daten legt nahe, dass spezielle Polizeikräfte am Tatort anwesend waren, bevor die verstärkte Golden Dawn Gang überhaupt ankam. Pavlos wurde etwa fünf Minuten nach Mitternacht ermordet. Das heißt acht vollbewaffnete Polizist_innen waren sechs Minuten vor dem Angriff vor Ort – und haben nichts unternommen. Im Gegenteil entschlossen sie sich laut den Kameradaten dazu, mit ihren Motorrädern eine Runde um den Block zu machen – eine Tatsache, die sie ebenfalls in ihren Aussagen verheimlichten. Um 00:05:20 Uhr informierte einer von ihnen schließlich das Polizeipräsidium, dass Pavlos Fyssas mit einem Messer verletzt worden sei. Wenige Minuten später war Pavlos tot …“ – aus dem Beitrag „Antifaschistischer Kampf ist nur gegen das System möglich“ von Yannis Elafros am 28. September 2018 im re:volt Magazin externer Link mit den neuesten Erkenntnissen über die Beteiligung der Polizei an dem faschistischen Mordanschlag
  • Konservative im Morgenrot…
    Ministerpräsident Samaras hat auf seiner Washingtonreise in öffentlicher Debatte das Vorgehen seiner Regierung gegen die faschistische Morgenröte-Bande erklärt – auf die Frage, warum so lange nichts geschehen sei, antwortete er nicht. Dafür kündigte er Verurteilungen an, als sei der die Justiz – und unterstrich, man werde gegen jeglichen Extremismus vorgehen. Diese drei Kernpunkte seiner Rede werden hervorgehoben – und nach weiteren Leichen im Keller gefragt, speziell nach Verbindungen seiner Konservativen Partei Neue Demokratie mit den Morgenrötlern – in dem Artikel Greek PM should explain his party’s links with fascism externer Link von Dimitris Dalakoglou am 09. Oktober 2013 im Roar Magazine
  • Griechenland: Lauschangriff auf die Opposition? externer Link von Wassilis Aswestopoulos am 11. Oktober 2013 bei telepolis, das so beginnt: “Das plötzliche scharfe Vorgehen gegen die rechte „Goldene Morgenröte“ könnte zum Bumerang werden, erstmals wurde mit der Verurteilung eines Politikers das Amnestiegesetz ausgehebelt”
  • Verhaftet? – Gut. Und weiter?
    Die Festnahmen von Anführern und Abgeordneten der Morgenrötebande ist weiter grosses Thema der Debatte (nicht nur unter den Linken) über die bisherige und künftige Rolle der Staatsmacht in Griechenland. Dazu der Beitrag Greece: The arrest of Golden Dawn leaders – what does it really mean? externer Link von Stamatis Karagiannopoulos (Communist Tendency in SYRIZA, Mitglied deren ZK) am 02. Oktober 2013 bei In Defence of Marxism
  • Michaloliakos bleibt in Haft externer Link von Anke Stephan am 04. Oktober 2013 in neues deutschland – der Chef muss bis zum Prozess im Gefängnis bleiben
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=45655
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