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Die neue griechische Rechtsregierung will den Endsieg: Aufmarsch gegen anarchistische Projekte in Athen – Freilassung eines rechtsradikalen Mörders

Polizeiaufmarsch gegen Anarchisten in Athen - Anfang August 2019„… Die neue Regierung in Griechenland leitet eine beispiellose Offensive gegen die libertäre und selbstverwaltete Bewegung ein. Der neu gewählte rechte Premierminister Kyrikas Mitsotakis hat öffentlich versprochen, noch in diesem im Sommer Exarchia „zu säubern“ und die anarchistische Gruppe ‘Rouvikonas’ zu zerschlagen. Über das „berühmt-berüchtigte“ Viertel und die nur schwer fassbaren Gruppe hinaus, wird auch die gesamte linke Szene mit verschiedenen repressiven Maßnahmen ins Visier genommen. Wieder einmal gibt das, was in Griechenland geschieht, Anlass zum Nachdenken. Über das, was in anderen Teilen Europas vorbereitet wird, wie sich der Kapitalismus auf dem ganzen Kontinent immer weiter verpanzert und die Gesellschaften immer autoritärer werden. Diesmal geht es in erster Linie darum, die anarchistische Projekte zu sanktionieren, indem ihre revolutionären politischen Ziele selbst als unmittelbare Bedrohung und damit strafbare Handlung gewertet werden. Oder kurz gesagt: Verboten werden. Nicht anarchistische Projekte als solche, sondern als Kunstgriff die Kreation eines “bedrohlichen Umfeldes”, das eine “Gefahr für die soziale Ordnung und den bürgerlichen Frieden” darstelle. Insbesondere im konkreten Fall von ‘Rouvikonas’ ist es laut der Regierung angebracht, die direkten, aber unblutigen Aktionsformen in die Kategorie der “terroristischen Handlungen” einzustufen (Artikel 187a des griechischen Strafgesetzbuchs), mit schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen für alle Mitglieder der Gruppe. Schlimmer noch, der griechische Staat wird systematisch alle Mitglieder von ‘Rouvikonas’ für alle Maßnahmen verantwortlich machen, die selbst (auch nur) von einem der Mitglieder der Gruppe ergriffen werden. Mit anderen Worten, wenn ein staatliches Büro morgen früh von fünf Mitgliedern der Gruppe zerstört würde, würden die hundert anderen Mitglieder ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden. Das Strafgesetzbuch wird nicht nur geändert, um diese bevorstehende Offensive, die vor einem Monat angekündigt wurde, zu verschärfen, sondern es werden auch die staatlichen Ressourcen verstärkt, um Exarchia und dann das gesamte antiautoritäre Milieu in Griechenland zu treffen. 2000 Polizist*Innen werden abgestellt um Exarchia zu überwachen und zu erobern…“ – aus dem Beitrag „Griechenland: Die Jagd auf die Anarchisten ist eröffnet“ von Resi Lucetti am 01. August 2019 bei non.copyriot externer Link über den Beginn der reaktionären Offensive in Athen. Siehe dazu auch einen Beitrag zur Freilassung des Todesschützen Korkoneas – und den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zur rechten Offensive in Griechenland:

  • „Der Auslöser der Jugendaufstände von 2008 ist frei“ von Wassilis Aswestopoulos am 31. Juli 2019 bei telepolis externer Link: „… Mit einem Urteil des Berufungsgerichts von Lamia endet ein wichtiges Kapitel der jüngsten griechischen Geschichte. Am 6. Dezember 2008 gegen 21 Uhr erschoss der heute 47-jährige Epaminondas Korkoneas, seinerzeit Streifenpolizist im Einsatz, in der Tzavella Straße im Stadtteil Exarchia den damals 15-jährigen Alexis Grigoropoulos. Die zwei Schüsse von Korkoneas fielen, nachdem der ihn begleitende Streifenpolizist Vasilios Saraliotis eine Blendgranate auf ein knappes halbes Dutzend Jugendliche geworfen hatte und diese mit Steinwürfen antworteten. Am Montag verkündete das Berufungsgericht in Lamia, dass Saraliotis, der seit 2012 unter Auflagen auf freiem Fuß war, „mangels an Beweisen“ freigesprochen wird. Das Gericht sah die gesetzlich vorgeschriebene, doppelte Heimtücke, die als Grundlage für die erstinstanzliche Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord diente, als nicht zweifelsfrei erwiesen an. Damit wurde die vorher verhängte Haftstrafe von zehn Jahren Zuchthaus aufgehoben. Im Fall des Todesschützen Korkoneas bestätigte das Gericht die Verurteilung wegen Mordes, die am 11. Oktober 2011 vom Schwurgericht in Amfissa ausgesprochen wurde. Konkret lautet das Urteil in seiner juristischen Schreibweise auf „vorsätzliche, heimtückische Tötung“. Statt der lebenslänglichen Freiheitsstrafe plus 15 Monate Haft, die das Schwurgericht verhängte, beschränkte sich das Gericht von Lamia auf eine Strafe von dreizehn Jahre Zuchthaus. Unter Anrechnung der während der Haft geleisteten Arbeit von Korkoneas gelten diese als bereits verbüßt, so dass Korkoneas Freilassung innerhalb der nächsten Tage nur eine Formsache ist. Saraliotis hatte, das ist heute bekannt, am Tatabend den Jugendlichen zugerufen: „Kommt, wenn ihr es wagt, und wir ficken Euch wie die heilige Jungfrau Maria.“ Gleichzeitig griff er sich demonstrativ in den Schritt. Die Polizisten waren mit den Jugendlichen aneinandergeraten, als beide Gruppen durch das von Autonomen dominierte Viertel Exarchia zogen. Dort werden Polizisten auch heute noch beschimpft, wie damals der Fall war. Es ist zudem bekannt, dass beide Polizisten keine vollständige Polizeiausbildung haben. Sie waren frühere Spezialkräfte des Militärs und wurden als Hilfspolizisten für Bewachungsaufgaben eingestellt. Korkoneas klagte seinerzeit vor der Tat über eine psychische Belastung. Die Nachricht über den erschossenen Jugendlichen verbreitete sich am Tatabend in Windeseile, während die offiziellen Medien von einem Unfall berichteten und Saraliotis und Korkoneas zunächst ihren Dienst weiter erfüllten, als wäre nichts geschehen. Grigoropoulos, dessen Herz und Wirbelsäule durch den gezielten Schuss verletzt worden waren, verstarb noch am Tatort. Die Jugendlichen hatten sich ursprünglich in Exarchia getroffen, um den Namenstag von Nikolaos Romanos, einem Mitschüler von Grigoropoulos zu feiern. Die Jugendlichen gaben zu, mit Steinen und später mit Bierflaschen auf die Polizisten geworfen zu haben. Die beiden Polizisten hingegen sagten zunächst aus, sie wären von einer Gruppe von dreißig Autonomen angegriffen worden. Die Aussage der Polizisten wurde von den Medien als offizielle Version aufgegriffen, bis ein Amateurvideo auftauchte. Dieses war vorübergehend in einer vom Sender Mega TV verfälschten Version im Umlauf. Die Senderverantwortlichen hatten zur Dramatisierung des Bildmaterials vor den Schüssen, Tonaufnahmen von Demonstrationen und klirrenden Fensterscheiben beigefügt. Erst am 10. Dezember 2008 mussten sich die Polizisten vor dem Staatsanwalt verantworten…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152464
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