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Der erste Protest-Generalstreik seit Syrizas Regierungsantritt: Und die EU fordert immer mehr Armut für die Bevölkerung

Generalstreik Athen 12.11.2015Seit dem Morgen hat ein landesweiter Streik gegen die griechische Sparpolitik das öffentliche Leben weitgehend lahm gelegt. Der „Generalstreik“, wie ihn die Gewerkschaften nannten, sollte 24 Stunden dauern. An ihm beteiligen sich etwa staatliche Schulen, Ministerien und Museen. In Krankenhäusern sollen nur Notfälle behandelt werden, auch die meisten Apotheken schließen ihre Türen. In Radio und Fernsehen werden während des Ausstandes keine Nachrichten gesendet. Zudem sorgt der Streik für Stillstand im Verkehr. In Athen wurde der öffentliche Nahverkehr ausgesetzt, landesweit wurden Zug- und Fährverbindungen gestrichen, ebenso wie fast alle Inlandsverbindungen an den Flughäfen“ – so beginnt der Kurzbericht „Generalstreik in Griechenland“ am 12. November 2015 bei tagesschau.de externer Link – ein Beitrag, der aus verschiedenen Gründen exemplarisch für die Berichterstattung bunsdesdeutscher Medien stehen kann: 1. Weil er eigentlich ganz anders beginnt, nämlich mit einem „dramatischen“ Aufmacher über Auseinandersetzungen (am Rande der Demonstration). 2. Weil er elegant an der (nicht nur) deutschen Beteiligung vorbei formuliert, es sei ein Streik „gegen die griechische Sparpolitik“ und 3. Weil er die Beteiligung der in den letzten Jahren rasch angewachsenen unabhängigen Basisgewerkschaften keiner Erwähnung wert findet, obwohl diese eine der drei Athener Kundgebungen organisierten. Siehe dazu auch weitere aktuelle Beiträge:

  • „Widerstand gegen Syriza“ von Heike Schrader am 13. November 2015 in der jungen welt externer Link, worin es unter anderem heißt: „Die Zeit, in der viele sich Illusionen über Veränderungen durch eine linke Regierung gemacht hätten, sei vorbei, meinte Kostas, Mitglied in einer der zahlreichen von den Dachverbänden unabhängigen Basisgewerkschaften, die sich in den Krisenjahren gegründet haben. Insbesondere für seine Generation, so der junge Mann gegenüber junge Welt, hätten fünf Jahre Austeritätspolitik eine Gesellschaft »ohne Gegenwart und Zukunft« hervorgebracht. An der Kundgebung vor dem Athener Polytechnikum nahmen neben den unabhängigen Gewerkschaften zahlreiche anarchistische und linke außerparlamentarische Organisationen, darunter auch die von ehemaligen Syriza-Parlamentariern gegründete Volkseinheit (LAE), teil
  • „Verlorene Illusionen“ von Anke Stefan am 13. November 2015 in neues deutschland externer Link, worin berichtet wird: „Die Rentenproblematik spielte eine wichtige Rolle auf allen drei Streikkundgebungen, die in der griechischen Hauptstadt stattfanden. Dazu aufgerufen hatten neben den Gewerkschaftsdachverbänden ADEDY (öffentlicher Dienst) und GSEE (private Wirtschaft) die starke kommunistische Gewerkschaftsfront PAME der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) sowie zahlreiche unabhängige Basisgewerkschaften und Organisationen der außerparlamentarischen Linken. Insgesamt gingen am Donnerstag allein in Athen mehrere zehntausend Menschen auf die Straße“ und abschliessend auch noch ein anderes großes Problem für die Menschen in Griechenland berichtet – „Nach ganzen fünf Monaten Arbeit für 495 Euro netto im Monat werden in Kürze zum Beispiel Zehntausende von in mit EU-Mitteln bezahlten Programmen im öffentlichen Dienst beschäftigten Zeitarbeitern in die Arbeitslosigkeit entlassen. »Wir haben dann nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld«, erklärte Giannis, der mit den Kollegen Vassilis, Nikos und Stavroula an der Kundgebung der Basisgewerkschaften teilnahm. Sie kämpfen für generelle Abschaffung solcher Zeitverträge für Arbeitsplätze, die ebenso gut als Vollzeitstellen vergeben werden könnten
  • „Grèce : A l’arrière-plan de la grève du 12 novembre“ Beitrag am 11. November 2015 bei Europe Solidaire externer Link, worin die Gründe zusammengefasst werden, warum die Mobilisierung für diesen Streik so massiv gelungen ist: Die massiven Rentenkürzungen, die die EU weiterhin fordert und mit allen Mitteln erpresst, die weiterhin wachsende Erwerbslosigkeit sowohl durch Privatisierungen als auch Haushaltskürzungen und – was die EU unbedingt will – möglicher massenhafter Zwangsräumungen von Wohnraum wegen Kreditschulden (wie auch durch die generelle Krise, die von der EU Politik weiter verschärft wird – deren unglaublich guten Fachleute Prognosen in die Welt gesetzt hatten, es werde dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum in Griechenland geben, es ist aber nicht vorgesehen ein Sparprogramm mit Entlassungen wegen Unfähigkeit aufzulegen)
  • „Griechenland: Generalstreik gegen das Sparen“ von Wassilis Aswestopoulos am 12. November 2015 bei telepolis externer Link der, wie viele andere auch, den Aufruf von Syriza zur Beteiligung am Streik nur noch ironisch kommentieren kann und noch auf ein weiteres drängendes Alltagsproblem made in Berlin und Brüssel und Athen hinweist: „Die Schulden der Bürger bei der staatlichen Stromgesellschaft belaufen sich auf zwei Milliarden Euro. 100.000 Haushalte sind betroffen. In den ersten zehn Tagen nach Verabschiedung des Gesetzes wurden bereits 15.000 Leitungen abgeklemmt. Wie auch unter Samaras wurde der Strom nicht nur bei denen abgestellt, die eventuell mit Sparsamkeit in anderen Dingen ihre Rechnung hätten begleichen können. Die Maßnahme traf Krebskranke im Endstadium ebenso wie Menschen, die an einem elektrisch betriebenen Atmungsgerät hingen und natürlich zahlreiche Rentner, deren Renten nach zahlreichen Kürzungen kaum für die Medikamente reichen. Zum Glück gibt es bis dato noch keine Todesopfer, wie sie unter Samaras zu beklagen waren
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=89070
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