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Frankreichs Steuerpolitik (3): Die Desillusionen des Bernard Arnault in Belgien

Artikel von Bernard Schmid vom 14.01.2013

Entgegen dessen, was wir am vergangenen Donnerstag an dieser Stelle schrieben (in Teil 2), hat – vor Gérard Depardieu – auch der französische Multimilliardär Bernard Arnault die Staatsbürgerschaft Belgiens beantragt. Bei ihm handelte es sich allerdings eher um eine öffentlich vorgeführte Drohung, die politischen Druck entfalten sollte: Anfang September 12 kündigte er an, Belgier werden zu wollen, „aber nicht, um Steuern zu sparen“ – er wolle sogar in Frankreich steuerpflichtig bleiben. Arnault wollte sich wohl im günstigsten Licht präsentieren, um Verhandlungen und Diskussionen auslösen.

Die linksliberale Tageszeitung Libération antwortete damals auf relativ spektakuläre Weise auf ihn. Am 10. September 12 erschien sie mit einem Titelbild, auf dem Bernard Arnault mit einem Koffer (aus eigener Produktion in seiner Luxuswarenfirma) in der Hand zu sehen war. Die Überschrift dazu lautete: Casse-toi, riche ton! Also: „Hau ab, reicher Depp!“ (Vgl. Teil 2)

Unterdessen haben sich die Dinge für Bernard Arnault jedoch kompliziert. Wie die Pariser Abendzeitung ,Le Monde’ in ihrer Ausgabe vom Samstag, den 12. Januar 13 berichtet, schicken sich die belgischen Behörden einerseits an, den Antrag Arnaults auf den Erwerb der Staatsbürgerschaft abzuschmettern. Tatsächlich fehlt es bei ihm an der Erfüllung des gesetzlichen Kriteriums, seit mindestens drei Jahren dauerhaft in Belgien zu leben. Die Ausländerbehörde hat sein Ansinnen (das er offiziell im Juli 2012) abschlägig beschieden. Nun muss eine Kommission, in welcher auch Parlamentarier vertreten sein, die definitive Entscheidung treffen. Arnault baut jedoch noch darauf, sich auf eine Sonderregelung der belgischen Gesetzgebung berufen zu können; diese erlaubt es, ausnahmsweise auch ohne die Voraussetzung des mindestens dreijährigen Hauptwohnsitzes eingebürgert zu werden, wenn jemand sich „besondere Verdienste um Belgien“ erworben hat.

Allerdings droht ihm andererseits auch noch weiteres Ungemach in Belgien. Denn Bernard Arnault hatte in den letzten Jahren dorthin insgesamt rund sieben Milliarden Euro (3,3 Milliarden + 3,75 Milliarden Euro) in zweien seiner Filialen verschoben. Er wollte – wie andere Kapitalisten – dabei Regelungen der belgischen Gesetzgebung ausnutzen, die es erlauben, Eigenkapital von Firmen von der Steuer abzusetzen. Diese Regel dient dazu, Unternehmen, die sich über Eigenkapital „riskant“ finanzieren statt auf Kredite zurückzugreifen, zu ermutigen. Diese dürfen diese Finanzierung (in derselben Weise wie die Zinsraten für entsprechende Kredite) von der Steuer absetzen. Unternehmen und Schwervermögende nutzen diese Abschreibungsregelung nun, um dicke Summen in ihre belgischen Filialen zu verschieben, diese als „Hauptfinanzierungsquelle“ ihrer Firmen zu erklären und dadurch gigantische Abschreibungsmöglichkeiten zu nutzen.

Bernard Arnault (dessen Luxusproduktfirma LVMH dadurch in den Jahren von 2009 bis 2011 nur 03,84 % Steuern auf ihre Profite bezahlt haben soll) hat es jedoch in den Augen der belgischen Behörden zu dick getrieben. Diese untersuchen nun, ob er nicht geltende Steuergesetze illegal umgangen hat – und kündigten sogar an, Arnaults Steuer-Akte den französischen Behörden zur Einsicht zu übermitteln. (Vgl. Artikel externer Link ) Ay ay ay, das hat erst einmal gesessen! Und immer druff, bitte!

Ein anderer französischer Großverdiener, der Brillen–Fabrikant Alain Afflelou, hat nun seinerseits seine Übersiedlung nach London angekündigt. Natürlich auch nicht aus steuerlichen Gründen, nein, nicht doch. Im Vorübergehen kritisiert er allerdings den zu starken Egalitarismus in Frankreich, mit den Worten, man solle nicht ständig „1789 nachspielen“; vgl. Artikel externer Link )

In Wirklichkeit dürfte er 1793 gemeint haben, als die bürgerlich-liberale Revolution in eine Mischung aus sozialer Revolution und nationaler Mobilmachung (im Krieg mit den europäischen Monarchien) hinüber glitt. Seine historische Referenz, also der Wunsch, quasi 1789 beenden zu wollen, ist dennoch bemerkenswert.

Unterdessen geht die Debatte um das Steuer-Exil für eine weitere Gruppe los, die Spitzen-Tennisspieler (vgl. Artikel externer Link )

Bis dann demnächst eine weitere Gruppe von armen geknechteten Reichen & Steuerzahlern aufwacht…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=22196
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