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Freitag, der 13. auch in Frankreich: Streikbewegung gegen die erneute Gegenreform der Rentenversicherung – zum Auftakt im Pariser Nahverkehr, ab Montag Anwälte, Pflegekräfte, Stromwerker und Finanzbeamte…

Streikplakat Paris RATP 13.9.2019„… Der Grund für das Transportchaos: Die Angestellten der Pariser Verkehrsbetriebe (RATP) streikten gegen Emmanuel Macrons Rentenreform. Der Präsident will damit das wichtigste Sozialprojekt seiner bis 2022 laufenden Amtszeit umsetzen. Der Ruhestand der 65 Millionen Franzosen ist von 2028 an nicht mehr voll finanziert. „Wir müssen mehr arbeiten“, bekräftigte Premierminister Edouard Philippe am Donnerstag. Das Rentenalter von derzeit 62 Jahren zu erhöhen, wagt Macron nicht. Dafür schraubt er an der Zahl der Beitragsjahre, die es für eine Vollrente braucht. Dem Präsidenten schwebt ein Punktesystem vor, danach soll ein einbezahlter Euro später genau einen Euro an Pensionsgeld ergeben. Anlass für den massivsten Streik seit mehr als zehn Jahren in Paris war allerdings noch ein anderer, nicht minder gewichtiger Reformpunkt: Macron will die 42 Sonderstatute einzelner Berufe abschaffen. Die Angestellten der RATP gehen zum Beispiel heute mit durchschnittlich 55,7 Jahren in Ruhestand, die Schaffner sogar schon ab 52. Ihre Pensionen werden zudem großzügiger berechnet als im Privatsektor. Die Gewerkschaften sehen darin eine Kompensation für die harte Arbeit mit Frühschichten und Feiertagsdiensten. Sie kritisieren auch, dass die Macron-Reform die Bezieher mehrere Hundert Euro im Monat kosten würde. Und das gelte nicht nur bei Beamten, sondern für alle Berufe. Deshalb wollen in den nächsten zehn Tagen noch andere Berufsgruppen in den Ausstand treten. Am Montag beginnen die Anwälte, dann folgen Pflegekräfte, Stromwerker und Finanzbeamte. Die Regierung versucht, einen Schulterschluss aller potenziellen Gegner – also einen Generalstreik – mit allen Mitteln zu verhindern, indem sie einzelnen Gewerkschaften Konzessionen macht. Indem Macron auf die Erhöhung des nominellen Rentenalters verzichtet, hält er die gemäßigte CFDT vorläufig im Reformlager…“ – aus dem Bericht „Arbeitskampf in Frankreich: massiver Streik legt Paris lahm – immer mehr machen mit“ von Stefan Brändle am 13. September 2019 in der FR online externer Link über den ersten Streiktag im Kampf gegen die nunmehr 6. „Rentenreform“ der letzten 30 Jahre, die einmal mehr Unterstützung sogenannter gemäßigter Gewerkschafter findet, zumindest in deren Führungsetage… Zum ersten Streiktag gegen die Rentenreform vier weitere aktuelle Beiträge, darunter eine gewerkschaftliche Auswertung, ein Videobericht von der Besetzungsaktion bei der RATP-Verwaltung und eine Meldung über politische Reaktionen, die aus neuen Drohungen gegen das Streikrecht bestehen:

  • „Réseau RATP à l’arrêt: une première réussite“ am 13. September 2019 beim Gewerkschaftsbund SUD Solidaires externer Link ist eine Stellungnahme der SUD Gewerkschaft bei den Nahverkehrsbetrieben RATP, in der dieser erste Aktionstag als wichtiger Erfolg bewertet wird. SOLIDAIRES RATP weist in dieser Zusammenfassung darauf hin, dass der von der Regierung Macron angekündigte „Deckel“ für staatliche Rentenausgaben jede Diskussion überflüssig mache und deutlicher Beweis dafür sei, dass es um Kürzungen gehe. Deswegen auch, so die Gewerkschaft weiter, die enorme Streikbeteiligung, die bei der Metro und den RER-Zügen rund 95% betragen habe, bei Bussen etwa 60%. Zustande gekommen sei dieser erste starke Streiktag durch die „Intersindicale“ im Juli 2019, die ihn beschlossen hatte, nachdem SOLIDAIRES RATP lange für ihr Zustandekommen gearbeitet habe. Jetzt komme es darauf an, daraus eine Streikbewegung zu machen, die auch auf andere Branchen ausgeweitet werden müsse – und könne.
  • „France: grève à la RATP sans service minimum aux heures de pointe“ am 13. September 2019 bei RFI externer Link ist eine Meldung, die einerseits deutlich macht, wie sehr die massive Streikbeteiligung die zuständigen Politiker und Behörden überrascht hat – und andererseits aber auch von Drohungen gegen das Streikrecht berichtet: Weil die RATP nicht in der Lage gewesen sei, eine Mindestversorgung zu organisieren, weil die regionale Politik eine neue gesetzliche Bestimmung speziell für den Nahverkehr – in der „rush hour“ sollen dies 100% werden.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154442
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