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Französische Bahngesellschaft: Und wieder einmal ein Stop-and-Go-Streik beschlossen – Wozu soll das gut sein? – Dieses Mal soll er sich allerdings über bis zu drei Monate hinziehen

CGT Plakat gegen SNCF Privatisierung Februar 2018Die Regierung unter Staatspräsident Emmanuel Macron und Premierminister Edouard Philippe legt in Kürze die Entwürfe für ordonnances – Rechtsverordnungen der Exekutive mit Gesetzeskraft – zur Zukunft der bislang staatlichen, französischen Eisenbahngesellschaft SNCF (Société nationale des chemins de fer) vor. Einmal mehr, wie mit den vorausgehenden ordonnances zur „Reform“ des Arbeitsrechts, welche Präsident Macron am 22. September 17 unterschrieb, will die Regierung dabei am Parlament vorbei „Reform“inhalte im Eilverfahren durchdrücken und dabei die inhaltliche Aussprache im Parlament umgehen, insbesondere die Oppositionsrechte aushebeln. Dazu ist allerdings im Vorfeld die Verabschiedung einer Loi d’habilitation, also eines „Befähigungsgesetzes“ oder „Ermächtigungsgesetzes“ (natürlich nicht im Sinne von 1933 und Adolf Hitler), erforderlich. Diese steckt den thematischen Rahmen ab, innerhalb dessen die Regierung „befähigt“ sein wird, neue Regeln zu verabschieden. Den Entwurf für dieses Gesetz verabschiedete das Kabinett an diesem Mittwoch, den 14. März 18….“ Artikel von Bernard Schmid vom 16.3.2018 – wir danken!

Französische Bahngesellschaft: Und wieder einmal ein Stop-and-Go-Streik beschlossen – Wozu soll das gut sein? – Dieses Mal soll er sich allerdings über bis zu drei Monate hinziehen

Die Regierung unter Staatspräsident Emmanuel Macron und Premierminister Edouard Philippe legt in Kürze die Entwürfe für ordonnances – Rechtsverordnungen der Exekutive mit Gesetzeskraft – zur Zukunft der bislang staatlichen, französischen Eisenbahngesellschaft SNCF (Société nationale des chemins de fer) vor. Einmal mehr, wie mit den vorausgehenden ordonnances zur „Reform“ des Arbeitsrechts, welche Präsident Macron am 22. September 17 unterschrieb, will die Regierung dabei am Parlament vorbei „Reform“inhalte im Eilverfahren durchdrücken und dabei die inhaltliche Aussprache im Parlament umgehen, insbesondere die Oppositionsrechte aushebeln. Dazu ist allerdings im Vorfeld die Verabschiedung einer Loi d’habilitation, also eines „Befähigungsgesetzes“ oder „Ermächtigungsgesetzes“ (natürlich nicht im Sinne von 1933 und Adolf Hitler), erforderlich. Diese steckt den thematischen Rahmen ab, innerhalb dessen die Regierung „befähigt“ sein wird, neue Regeln zu verabschieden. Den Entwurf für dieses Gesetz verabschiedete das Kabinett an diesem Mittwoch, den 14. März 18.

Inhaltlich geht es bei der geplanten „Reform“ insbesondere:

  • um die Umwandlung des bisherigen Staatsunternehmens SNCF in eine Aktiengesellschaft (Société d’anonyme), allerdings vordergründig nicht zum seine Privatisierung, da vorerst die Anteile an der Gesellschaft in öffentlicher Hand bleiben sollen – was freilich wandelbar ist;
  • um die Abschaffung des statut de cheminot, also des Personalstatuts, das etwa Karriere- und Versetzungsregeln enthält, und seine automatische Ersetzung durch privatrechtliche Verträge (mit Kündigungsmöglichkeit, welche für Eisenbahner/innen bislang kaum existiert) für alle in Zukunft Eingestellten;
  • und um die Öffnung des Schienentransports für private Konkurrenzunternehmen, neben der SNCF.

Offiziell ausgeklammert bleibt von der nunmehr in Angriff genommenen „Reform“ der Plan, 9.000 Streckenkilometer Bahnstrecke als „unrentabel“ wegzusparen. (Der mit seiner „Reform“ schmählich gescheiterte Premierminister Alain Juppé, welcher 1995 gegen einen dreiwöchigen Streik auf Granit biss, plante damals: 11.000 Kilometer.) Dieser Bestandteil der „Reform“ wurde zwar im Januar d.J. – als erste Testballons in Form von Ankündigungen seitens der Regierung aufstiegen, um die öffentliche Meinung auszutesten – ebenfalls angekündigt. Doch aufgrund der heftigen Reaktionen gegen diesen Teil in weiten Bereichen der öffentlichen Meinung, auch in konservativen Kreisen, wurde er Mitte Februar d.J. vorläufig vom Tisch genommen. Jedoch ist er sehr wohl, nach wie vor, Bestandteil der Planungen (vgl. dazu externer Link).

Infolge der offiziellen Ankündigung der „Reform“inhalte (mit Ausnahme des ausgeklammerten Teils) am 20. Februar 18 beschlossen die Gewerkschaften – insgesamt vier Organisationen sind bei der SNCF „repräsentativ“ (entspricht ungefähr: „tariffähig“ im deutschen Recht): CGT, Sud-Rail, CFDT und UNSA – erst einmal, sich zu vertagen. Fest steht allerdings seit diesem Zeitpunkt, dass die Eisenbahn am Donnerstag, den 22. März streiken wird, also zeitgleich zu den öffentlichen Diensten, die aus anderen Gründen (Einfrieren der Gehälter, Wiedereinführung eines „Karenztags“ oder unbezahlten Krankheitstags, Stellenstreichungen..) die Arbeit niederlegen werden. Seit dem Mittwoch, 14. März 18 schlossen sich dem Aufruf nunmehr auch drei Gewerkschaften bei den Pariser Nahverkehrsbetrieben (RATP) an. Offen blieb jedoch noch, was die Gewerkschaften bei der SNCF über den Tag hinaus zu unternehmen gedächten.

Am gestrigen Donnerstag, den 15. März 18 trafen sie erneut zusammen, um nunmehr ihr Vorgehen zu beschließen. Dazu gab es unterschiedliche Vorstellungen. Die linke Basisgewerkschaft SUD Rail forderte einen Aufruf zur grève reconductible (ungefähr: „fortführbarer Streik“); so bezeichnet man einen unbefristeten und ohne Unterbrechung durchgeführten Streik, über dessen Fortführung – oder Abbruch – alle 24 Stunden, vor Ort an den Arbeitsplätzen, durch Basisvotum der Streikteilnehmer/innen entschieden wird. Diese Streikform wird seitens der Regierenden am stärksten gefürchtet, mit ihr war Alain Juppé im Spätherbst 1995 zum Aufgeben gezwungen worden.

Auch Teile der CGT begannen, über diese Streikform im aktuellen Kontext zu diskutierten, auch die Commission exécutive (der erweiterte Vorstand des Dachverbands). Doch der Branchenverband der CGT bei der SNCF steht auf einer weitaus „moderateren“ Position – aus Regierungssicht – , wie er bereits beim Arbeitskampf ab dem 06. Juni 2016 gegen das „Arbeitsgesetz“ (und gegen branchenspezifische Regelungen im Schienenverkehr, die parallel dazu liefen) bewiesen hat. Damals lief die CGT-Branchengewerkschaft den Streik kaputt, indem sie ihn auf 48-Stunden-Streiks einmal wöchentlich einschränkte, die für die Gegenseite von vornherein vorherberechenbar blieben.

Die eher sozialdemokratisch respektive (im zweiteren Falle) vordergründig „unpolitisch“ geprägten Gewerkschaften CFDT und UNSA sprechen sich ihrerseits für eine „Mobilisierung der Eisenbahner“ aus, blieben jedoch in konkreten Forderungen zu Streikformen stets relativ vage.

Nunmehr kam am gestrigen Donnerstag Abend folgende Entscheidung heraus:

  • Es gibt derzeit keinen Aufruf zur grève reconductible (wohl u.a. aus Furcht vor Reaktionen der öffentlichen Meinung, und auch aufgrund der Apparatskalküle der CGT bei der Eisenbahn);
  • Ab dem 03. April soll wöchentlich für je drei Tage gestreikt werden, voraussichtlich von Dienstag früh bis Donnerstag Abend, aber in Form eines stetigen Stop-and-Go-Streiks (ohne die Unvorhersehbarkeit und Eigendynamik einer grève reconductible jedoch, und mit wöchentlicher Wiederaufnahme des Schienentransports);
  • Dafür wird ein Streikkalender über drei Monate, von April bis Juni, festgelegt.

Nähere Auswirkungen sind abzuwarten, es sei jedoch schon in diesem Stadium die Frage erlaubt, welchen Sinn ein erneuter Beschluss zum Stop-and-Go-Arbeitskampf haben soll, wo doch andere Streikformen ihre Durchsetzungsfähigkeit gegen eine französische Regierung bewiesen haben. Über Alles werden wir unsere Leser/innen je zeitnahe auf dem laufenden halten..

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=129405
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