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Klassenkampf im Hyatt-Paris: Schlaglichter eines Streiks in Pariser Luxushotel

Streiks in Pariser Luxushotel HyattNicht nur die »gilets jaunes« führen aktuell Kämpfe gegen das Kapital in Frankreich. Auch im Pariser Luxushotel Hyatt Paris-Vendôme widersetzen sich Beschäftigte seit Jahren den Schikanen gegen ihre gewerkschaftliche Organsierung und fordern im aktuellen Streik weit mehr als nur reine Lohnerhöhungen. Eine Reportage über den anhaltenden Kampf einer Hotelbelegschaft und über die hier gelebte Solidarität zwischen fest angestellten Arbeiter*innen und Leiharbeiter*innen. Am 25. September 2018 wurde in der prestigeträchtigen rue de la Paix im Zentrum von Paris der soziale Frieden bis auf Weiteres aufgekündigt. In der französischen Version des Spieleklassikers Monopoly ist sie die teuerste aller Straßen. Im realen Gesellschaftsspiel des kapitalistischen Alltags kostet hier, im nun bestreikten Luxushotel Hyatt Paris-Vendôme, das günstigste Zimmer 1200 Euro und die teuerste Suite 18.000 Euro pro Nacht. Doch ca. 50 Streikende, darunter ein nur geringer Teil der festangestellten Stammbelegschaft sowie ein größerer Teil von ausgelagerten Reinigungskräften, sind nun in den Ausstand getreten und spielen das Spiel vorerst nicht mehr mit. Bereits seit Ende September errichten die Streikenden täglich von mindestens 9 bis15 Uhr einen Streikposten vor dem Hotel. In der Anfangsphase wurden die zahlreichen Eingänge bereits am frühen Morgen blockiert, um dem zusätzlich mobilisierten streikbrechenden Personal den Weg zu versperren. (…) Unter Androhung einer Geldstrafe von 500 Euro pro Person wurden die Blockaden der Eingänge nun verboten, im Gegenzug können sich jedoch die gewählten Interessenvertreter*innen wieder im Hotel frei bewegen…“ Reportage vom 8. Dezember 2018 von und bei Lower Class Magazine externer Link, sie beinhaltet am Ende auch einen Spendenaufruf für die Streikenden

  • Aus dem Text: „… Bei Hyatt steht die Stammbelegschaft des Hotels in einem ungewöhnlichen Verhältnis zu den Leiharbeiter*innen. Die erste Gruppe erhält in der Regel den Tariflohn bei einem stabilen Normalarbeitsverhältnis. Letztere Gruppe arbeitet unter prekären Bedingungen bei instabiler bis nicht vorhandener Interessenvertretung. Doch bei Hyatt haben die erfolgreichen Streiks seit 2013 dazu geführt, dass die Leiharbeiter*innen mit einem Stundenlohn von 14 Euro bei Weitem das Lohnniveau der Stammbelegschaft überschritten haben, die den Mindestlohn erhält. Die Nichtstreikenden der Stammbelegschaft fürchten sich vor Repression durch die Hotelleitung, sympathisieren jedoch in Teilen mit dem Streik. (…) Dass auch in weiteren Pariser Hotels in letzter Zeit Konflikte ausgetragen wurden, wie in dem Holliday Inn, wo nach vier Monaten partielle Festanstellungen und Lohnerhöhungen errungen wurden, zeigt, wie sich die ausgelagerte Gebäudereinigung zunehmend zu einem strategischen Feld des Klassenkampfes in Frankreich entwickelt hat. (…) Im Hyatt ist eine der größten gewerkschaftlichen Betriebsgruppen der CGT-HPE angesiedelt. Achtzig Prozent der Leiharbeiter*innen, die im Hotel arbeiten, sind gewerkschaftlich organisiert. Dies liegt vor allem an den positiven Kampferfahrungen, den frühzeitigen Organisierungsbemühungen sowie der gewerkschaftlichen Transparenz. (…) Die zentrale Forderung des Streiks, die bereits während der ersten Auseinandersetzung im Jahre 2013 formuliert wurde, betrifft die Integration der outgesourcten Leiharbeiter*innen, also vor allem der femmes de chambre (Zimmerservice) und Haushälterinnen, in die Stammbelegschaft des Hotels. Die Hotelleitung forciert gezielt die Spaltungen zwischen Stamm- und Randbelegschaft: es gibt beispielsweise keine gemeinsamen Pausenräume und Mittagspausen. (…) Die Leiharbeiter*innen erheben nicht ausschließlich monetäre Forderungen, sondern wollen sich vor allem gegen die Missachtung und den Ausschluss am Arbeitsplatz wehren. Die erfahrene symbolische Gewalt in diesem Luxushotel mit Palaststatus, wobei es sich um ein 2011 eingeführtes Exzellenzlabel handelt, das die fünf Sterne noch übersteigt, ist ein strukturierendes Element im Arbeitsalltag. (…) Eine letzte Forderung betrifft die neuen Bedingungen der betrieblichen Interessenvertretung und des Gewerkschaftskampfes in Folge der Reformagenda Macrons. Die insgesamt fünf Exekutivverordnungen (ordonnances) zur neoliberalen Umgestaltung des Arbeitsmarktes vom 22. September 2017 wurden schließlich am 23. November 2018 (?) vom Parlament ratifiziert. (…) Derzeit tritt der Streik auf der Stelle, was vor allem mit der Radikalität der Forderungen zusammenhängt. Streiks mit ausschließlich monetären Forderungen endeten in der Vergangenheit schneller. Die Streikenden stellen sich jetzt auf mehrere Monate des Kampfes ein. Die beiden Unternehmen Hyatt und STN haben bis jetzt nur schlechte Angebote gemacht, die vor allem als Spaltungsversuche unter den Streikenden zu verstehen sind: von Hyatt wurden 15 Festanstellungen, jedoch in einem anderen Hotel, angeboten und STN bietet ein auf drei Jahre garantiertes Arbeitsverhältnis an – mit den Streikforderungen hat dies nichts zu tun…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=141295
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