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Bossnapping bei Goodyear in Amiens

Artikel von Bernard Schmid vom 08.01.2014

Der französische Arbeitgeberpräsident Medef spricht von einer „gewalttätigen Aktion, die total dem Geist von Dialog und Verhandlungen“ widerspricht (hihi). Maurice Taylor, der Chef des US-amerikanischen Reifenkonzerns Titan, tönt: „Mein Gott, sie spinnen! Man müsste hineingehen und diese Piraten festnehmen. Aber sie werden es nicht machen, denn so geht es in Frankreich zu.“

Dreißig Stunden lang wurden, vom Sonntag Abend bis zum Dienstag früh um 07 Uhr, zwei Führungskräfte des Reifenherstellers Goodyear im nordfranzösischen Amiens durch Lohnabhängige festgehalten. Diese protestieren gegen die drohende Massenentlassung von 1.173 Arbeitern und Angestellten. Ein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen den „Sozialplan“ war am 20. Dezember 13 gescheitert.

Die Niederlassung von Goodyear in Amiens schreibt rote Zahlen, doch dies stellt eine Inszenierung des Konzerns dar, der selbst Gewinne einfährt. Es geht seit Jahren darum, den „Standort“ in Amiens zu bestrafen, weil die Lohnabhängigen dort – zusammen mit der CGT – vor nunmehr über sechs Jahren die Einführung eines extrem gesundheitsschädlichen Vier-Schicht-Systems in der Produktion verweigert hatten (im Gegensatz zur Fabrik direkt gegenüber). Investitionen wurden abgezogen, notwendiges Produktionsmaterial wurde dem Standort vorenthalten, um die Situation systematisch „an die Wand zu fahren“. Nunmehr wird Maurice Taylor von Titan als „Übernahmekandidat“ für den Aufkauf des Standorts gehandelt – doch er behandelt die dort Beschäftigten schon seit zwei Jahren als „Verrückte“ und „Faulenzer“ und erklärt, nur dann vor Ort investieren zu wollen, wenn er die Beschäftigten nicht übernehmen muss.

Derzeit bietet die Unternehmensleitung pro (künftig) Entlassenem Abfindungszahlungen in Höhe von 20.000 bis 40.000 Euro, je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die CGT fordert 80.000 bis 180.000 Euro pro Kopf.

Derzeit laufen wieder Verhandlungen. Aus diesem Grund waren die beiden Führungskräfte am Dienstag früh freigelassen worden, da die Direktion sich weigerte, Gespräche wieder aufzunehmen, so lange sie festgehalten würden. Als Antwort darauf besetzt die CGT nunmehr seit dem gestrigen Dienstag Abend die Fabrik. Die dort gelagerten Reifenbestände dienen ihnen als Verhandlungsmasse.

Fortsetzung folgt alsbald an dieser Stelle…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=50773
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