letzte Änderung am 15. August 2003

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"Protest, wie in Zeiten der Diktatur"

Chile: Sozialen Bewegungen schlagen härtere Gangart ein

Im Juli war Iván Saldias von TIE Chile in Europa zu Besuch, wo er auch von 1978 - 1994 im Exil lebte. Seit seiner Rückkehr nach dem Ende der Diktatur wirkte er am Wideraufbau der sozialen Bewegungen des Landes mit. Heute ist er als Gewerkschaftsaktivist und in der Organisation der ehemaligen politischen Gefangenen tätig. Das Interview mit Iván Saldias führte Knut Rauchfuss.

 

Knut Rauchfuss: Als 1990 die Zivilregierung die Diktatur ablöste, haben sich viele erhofft, in Chile würde eine neue Zeit anbrechen, eine wirkliche Veränderung hin zu einer sozial gerechten Demokratie. Die Wirklichkeit der Neunziger Jahre war dann eine große Enttäuschung. Warum?

Iván Saldias: Die Maßnahmen der Zivilregierung basierten auf Verpflichtungen, die die Parteien der "Concertación" gegenüber dem Militär und den rechten Parteien eingegangen sind. Es ging darum,die Hinterlassenschaften der Diktatur nicht anzutasten und ihr Gesellschaftsmodell zu übernehmen. Das hatte harte Konsequenzen für die Bevölkerung und die sozialen Organisationen. So verpflichtete sich die Zivilregierung zur Übernahme der Verfassung der Diktatur, zur Fortführung des neoliberalen Wirtschaftsmodells, sie garantierte die Amnestie für Diktaturverbrechen und den Schutz der Familie Pinochet. Und das haben sie gemacht, mit all den Konsequenzen, die wir dreizehn Jahre lang erleben mussten

Knut Rauchfuss: Wie gehen die sozialen Bewegungen heute mit diesen von Dir genannten Konzessionen der Zivilregierung an die Diktatur um?

Iván Saldias: Die Menschen trauen der Regierung nicht mehr, egal, was in der Verfassung steht. Gut, einige, z.B. die KommunistInnen, versuchen auch die Verfassung zu reformieren. Das Problem ist aber, dass die Mehrheit der Regierung dazu sowieso nicht bereit ist. Und für uns als soziale Organisationen spielt das Thema Verfassung dadurch auch eher eine untergeordnete oder besser nur eine indirekte Rolle. Die Verfassung ist vielmehr eine Frage der Parteien, an die wir sowieso nicht mehr glauben. Wir kämpfen gegen das neoliberale System und seine allumfassenden Auswirkungen. Und gegen die Straflosigkeit, einschließlich der gesellschaftlichen Rehabilitierung unseres Kampfes gegen die Diktatur.

Das neoliberale Modell trifft täglich alle. Von neuen Gesetzen zur Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen; über eine Wohngesetzgebung, die die sozial Schwachen auch geografisch marginalisiert, sie an den Rand der Stadt drängt; bis hin zu einer Gesundheitsreform mittels derer der Staat sich vollends aus der Verantwortung stehlen will. Sozialversicherung gibt es ohnehin nicht und der Staat will sich in Zukunft nur noch für die Behandlung von 45 Krankheiten zuständig fühlen. Heute sind es nach Aussagen von RepräsentantInnen der Gesundheitsgewerkschaften immerhin noch etwa 650. Die restlichen Krankheiten müssen über Privatversicherungen abgedeckt werden. Diese Liste ließe sich noch ewig fortschreiben. Das neoliberale System bedroht die Menschen jeden Tag und überall in ihren Rechten, in ihrer Würde, in ihrer Gesundheit und in ihrem Überleben schlechthin. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Niederlage der sozialen Bewegungen im Ende der Diktatur sehr weitgehend war. Zwar hatten wir den Übergang zur Demokratie erkämpft, aber dann gingen eine Reihe von VertreterInnen der damaligen Oppositionsgruppen, die die Diktatur überlebt hatten, in die neue Regierung.

Viele vertrauten dieser Regierung und begannen erst dann zu begreifen, was passiert, was Neoliberalismus bedeutet, als sie schon gezwungen waren ihre Rechte zu verteidigen, z.B. BewohnerInnen eines bestimmten Viertels, oder die ArbeiterInnenbewegung. Sie alle kämpften zunächst nur gegen jeweils die neuen Gesetze, die direkt in ihr eigenes Leben eingriffen.

Knut Rauchfuss: Und heute?

Iván Saldias: Heute hat sich eine neue Qualität der Kämpfe entwickelt. Wir bitten nicht mehr. Wir stellen das System infrage. In Chile ist der Neoliberalismus komplett. Einen Sozialstaat gibt es nicht. Alles Staatseigentum ist verkauft und privatisiert, Strom, Wasser, Telekommunikation, Wohnungswesen, Strassen, Autobahnen, Renten- und Krankenversicherung, alles. Wer heute aktiv ist glaubt daher nicht mehr, einen Sozialstaat verteidigen zu müssen, denn es gibt ihn nicht mehr. Stattdessen kommt es in dieser Situation zu neuen Formen der Selbstorganisation. Wir vertrauen nicht länger auf die repräsentative Demokratie und auch nicht auf irgendwelche politischen Avantgarden der Linken. Wir brauchen keine Stellvertreter mehr. Wir machen das selbst. Heute sind es horizontale Organisationsformen, die die Leute suchen, direkte Demokratie.

Die Menschen begannen mit der Verteidigung ihrer eigenen Rechte und machten mit der Zeit die Erfahrung, dass die Regierung sie nicht hörte, wenn sie beispielsweise vor dem Parlament demonstrierten. Die neuen Gesetze kamen trotzdem. Also ändern sie heutzutage ihre Methoden, nehmen die Dinge selbst in die Hand und greifen beispielsweise zu Streiks, Haus- oder Landbesetzungen. Es gibt in Chile z. B. eine Gruppe von Leuten, die wir "allegados" nennen. Das sind Menschen, die bei Familienangehörigen ein Zimmer oder auch nur ein Bett bewohnen. Viele erwachsene Menschen können sich einfach keine eigene Wohnung leisten, weil Wohnraum in den Städten so knapp ist. Sie sind gezwungen in ihrer Familie weiter zu wohnen, alle zusammen auf ein paar Quadratmetern. Diese Leute haben sich mittlerweile in Komitees und Kooperativen zusammengeschlossen und manche von ihnen besetzen ein Haus andere gleich ein ganzes Brachgelände irgendwo in der Stadt um dort ein neues Viertel zu errichten, z.B. in Peñalolen im Südosten von Santiago. Auch die Mapuche besetzen Land, aber nicht um dort zu bleiben sondern als symbolische Besetzung gegen ihre systematische Enteignung oder gegen Repression.

Unter den ArbeiterInnen bewegt sich ebenfalls einiges. Seit der Diktatur gibt es ja unzählige kleine Einzelgewerkschaften mit durchschnittlich 49 Mitgliedern, oft mehrere in einem Betrieb. Und sie alle hatten keine Kampfkraft. Uns ist es jetzt gelungen, einen Teil dieser Gewerkschaften zusammenzuführen. Das ist illegal, es richtet sich gegen die geltende Arbeitsgesetzbewegung. Innerhalb bestimmter Holdings oder Branchen haben wie als GewerkschaftsaktivistInnen zusammen mit Betriebsräten sogenannte Coordinadoras gegründet, z.B. in der Telekommunikation, um bei Tarifverhandlungen zu kooperieren. Oder die "Coordinadora Luksik". Die Familie Luksik kontrolliert 20 bis 25% des Bruttosozialproduktes in Chile. Sie haben Betriebe in allen möglichen Branchen: Kupfer, Aluminium, Telekommunikation, 95% des Brauereimarktes, Transport, Banken, etc. Die Coordinadora organisiert heute 80% der Gewerkschaften dieser Holding. Entsprechend heftig sind die Reaktionen von Luksik. Mittlerweile darf kein Gewerkschaftsfunktionär eines Teilzweiges mehr eine andere Fabrik der Holding betreten. Die Verteilung der Zeitschrift der Coordinadora wird ebenfalls unterbunden und vieles mehr.

Knut Rauchfuss: Ivan, am 13. August findet in Chile ein landesweiter Protesttag der sozialen Organisationen statt. Kannst Du erzählen wie es dazu gekommen ist?

Iván Saldias: Auf der Demonstration am 1. Mai kam es zu tumultartigen Auseinandersetzungen anlässlich der Rede von Arturo Martinez, dem Präsidenten des Gewerkschaftsdachverbandes CUT. Zahlreiche DemonstrantInnen waren die Kollaboration zwischen dem Gewerkschaftsdachverband und der Regierung leid. Der CUT wurde 1988 als Bündnis aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und Kommunisten gegründet, um die Opposition gegen die Diktatur zu einen. Das war gut. Heute ist die Situation jedoch anders. Diese damalige Opposition ist heute Regierung. Und die enge Anbindung der CUT an die Regierung der Concertación hat einen wirklichen Kampf gegen die herrschende Arbeitsgesetzgebung bislang verhindert.

Die Arbeitsgesetze der Diktatur sind nach wie vor in Kraft und werden auch in Reformen dem Sinn nach weiter fort geschrieben. Mit Hilfe eines neuen Gesetzespaketes, das z.Z. im Parlament verhandelt wird, soll z. B. noch stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeiten durchgesetzt werden. Die Leute haben davon die Schnauze voll und wandten sich daher am 1. Mai in ihrem Protest gegen den Präsidenten des CUT. Die Menge beschimpfte Martinez und drohte die Bühne zu stürmen. In dieser Situation hat dieser spontan und ohne Rücksprache mit dem CUT einen Generalstreik für den 13. August angekündigt. Danach drehte ihm die Menge den Strom ab. Die Polizei verhinderte zwar die Erstürmung der Bühne aber der Rest der Veranstaltung ging in Straßenschlachten und Tränengas unter.

Knut Rauchfuss: Der Streikaufruf wurde nicht innerhalb des CUT abgesprochen?

Iván Saldias: Nein, daher gab es danach auch viel Streit innerhalb des CUT. Niemand war vorher informiert. Das führte zu ziemlicher Verwirrung.

Knut Rauchfuss: Wer also wird sich am Streik beteiligen?

Iván Saldias: Nachdem der CUT-Präsident den Streiktag ausgerufen hatte, gab es viele Diskussionen innerhalb der Gewerkschaften, ob sie den Aufruf unterstützen sollten, z. B. die KommunistInnen innerhalb des CUT wollen streiken, wieder andere Teilgewerkschaften sehen das eher skeptisch, weil sie sich einen erfolgreichen Streik von der Kampfkraft her nicht zutrauen. Einige, z.B. der Dachverband der ÄrztInnen oder die LehrerInnengewerkschaften unterstützen den Generalstreik und andere Einzelgewerkschaften auch. In Prozent lässt sich das schlecht sagen, da ja nur gerade mal 10% der Arbeit gewerkschaftlich organisiert sind. Einige Basisgewerkschaften wollten dem Aufruf auch zunächst gar nicht folgen, weil er vom CUT kam. Es ist daher schwer zu sagen, wer sich an den Aktivitäten am 13. August beteiligen wird. Wichtiger aber ist, dass diejenigen, die vielleicht auch nicht streiken werden, auf einen landesweiten Protesttag hin mobilisieren.

Knut Rauchfuss: Was für ein Protest wird das sein?

Iván Saldias: Innerhalb der ArbeiterInnenbewegung gab es die erwähnten Diskussionen. Sie spitzten sich zu auf die Frage: Organisieren wir einen Generalstreik oder einen sozialen Protesttag? Eine Einigung hat es nicht gegeben, also wird es beides geben. Das führt zu dem Bündnis mit außergewerkschaftlichen sozialen Organisationen gegen alle Gesetze die die Menschen in Chile treffen. Mittlerweile gibt es auch eine Koordination für den 13. August, aber nicht auf der Basis eines gemeinsamen Programms. Menschenrechtsgruppen, Frauenorganisationen, StudentInnen, Stadtteilkomitees, HausbesetzerInnen, Ökogruppen, die Mapuche und viele mehr orientieren jetzt auf diesen Tag als ihren Protesttag, der in der Summe der Forderungen die Systemfrage stellt. Die Leute haben der Zivilregierung lange vertraut. Heute haben sie die Schnauze voll. Es wird Streiks, Demonstrationen und vieles mehr geben, denn die Regierung regiert nicht für das Volk sondern nur für die Unternehmen. "Protest mit Hoffnung, Protest wie in Zeiten der Diktatur" lautet das qualitativ durchaus neue Motto. So etwas hat es in den Neunziger Jahren nicht gegeben. Das ist das erste mal seit dem Ende der Diktatur. Und unter den Einzelforderungen findet sich so ziemlich alles, was in Chile im Argen liegt. Wir fordern Arbeit in Würde, gerechte Gehälter, Sozialversicherung für alle, das Recht auf Gesundheit, kostenlose Bildung, eine partizipative Demokratie, menschenwürdigen Wohnraum, Respekt vor den Minderheiten, die Einhaltung der Menschenrechte und ein Ende der Straflosigkeit für die Verbrechen der Diktatur. Kurzum, ein solidarisches und gerechtes Chile, das die Würde seiner Bevölkerung achtet.

Dies kann durchaus zu Protesten führen, die qualitativ wie quantitativ an die argentinische Situation heranreichten. Die Richterskala der gesellschaftlichen Erschütterung ist nach oben offen. Wir wollen an diesem Tag die Kraft der Bevölkerung reaktivieren, ihre eigenen Rechte und ihre Würde zu erkämpfen.

Knut Rauchfuss: Ist das Ziel dieses Protestes tatsächlich die Systemfrage?

Iván Saldias: Die Regierung muss begreifen, dass es heute eine organisierte Bevölkerung gibt, die die staatlichen Maßnahmen einfach nicht mehr akzeptiert. Und auch nicht die Gesetze, die im Rahmen einer großen Koalition zwischen Regierung und rechter Opposition abgekartet werden und sich gegen die Bedürfnisse, Wünsche und Interessen der Bevölkerung richten. Und darüber hinaus wird sich am 13. August zeigen, welche Mobilisierungskraft wir als soziale Organisationen wirklich heute besitzen.

Knut Rauchfuss: Auf welche Weise werdet Ihr in Chile den 11. September begehen? Dieses Jahr ist es ja ein besonderes Datum, weil es genau 30 Jahre seit dem Militärputsch sind.

Iván Saldias: Der 11. September 1973 ist immer ein Datum, das für uns sehr wichtig ist. Für viele hat sich das Leben damals völlig geändert. Zumindest für Leute in meinem Alter. Das Datum ruft die Leute zum demonstrieren auf, einfach das Datum. Das muss man den Leuten gar nicht sagen, es ist einfach klar, dass am 11. September demonstriert wird. Die Menschen gehen jedes Jahr am 11. September auf die Strasse um zu demonstrieren und zu kämpfen. Das kriegt man in Deutschland nicht so mit, aber es ist immer der Fall. Niemand muss die Leute mobilisieren. Die zivile Regierung hat aus dem Feiertag der Diktatur wieder einen ganz normalen Werktag gemacht. Aber trotzdem gibt es immer zahlreiche Aktionen. Dieses Jahr aber soll die Mobilisierung noch etwas organisierter erfolgen. Und dafür ist erst mal auch der 13. August ganz wesentlich. Ansonsten soll es am 11. September eine Veranstaltung der Regierung geben, die den Schlussstrich unter die Aufarbeitung der Vergangenheit ziehen will.

Sie feiern den Übergang zur Demokratie und wollen im Nationalstadion, welches wegen seiner damaligen Nutzung als Lager und Folterzentrum ein Symbol für die Menschenrechtsverletzungen der Diktatur darstellt, in diesem Nationalstadion planen sie ihre Feier. Und zur Versöhnung soll wohl auch das Militär eingeladen werden. Wir aber wollen diese Versöhnung nicht. Auch wenn wir in unseren Kämpfen nach vorne schauen und gegen die derzeitigen Zustände angehen, dürfen wir die Vergangenheit nicht vergessen.

Knut Rauchfuss: Welches sind die Anstrengungen der Menschenrechtsorganisationen gegen das Vergessen und besonders gegen die Straflosigkeit?

Iván Saldias: Die Regierung hat oft versucht, die Akten über die Menschenrechtsverbrechen, die von der Diktatur begangen wurden, zu schließen, sie unter runde Tische der Versöhnung zu kehren. Dort saßen in der Tat Angehörige von Verschwundenen, MenschenrechtsanwältInnen, KirchenvertreterInnen und Militärs am selben Tisch und unterhielten sich über das Thema Verschwundene. Aber die Militärs haben keine der versprochenen Informationen preisgegeben. Nur Fragmente und Lügen. Die Reste der Informationen, die die Militärs im Rahmen des runden Tisches zusammengetragen haben, haben sie vernichtet statt sie am Dialogtisch offen zu legen. Stattdessen gaben sie eine Liste heraus, dass zahlreiche Verhaftete und Entführte ins Meer geworfen worden seien. Einige dieser Leichen wurden jedoch später in geheimen Gräbern gefunden. Der ganze Dialog sollte nur in die Irre führen.

Über das ganze Thema Folter sollte am Dialogtisch und in der Öffentlichkeit gar nicht geredet werden. Da wollte sich diese Regierung nicht heranwagen. Wir aber kämpfen für unsere Rechte als ehemalige politische Gefangene, als Überlebende dieser Zeit, bringen das Thema in die Öffentlichkeit und verlangen Entschädigung und soziale Rehabilitierung. Nun besteht mit den kommenden Wahlen erneut die Gefahr, dass, wenn die Rechte gewinnt, was sehr wahrscheinlich ist, dass dann ein Schlussstrich unter die Menschenrechtsdebatte gezogen werden soll. Die derzeitige Regierung Lagos hat daher in der Tat noch einige neue Richter eingesetzt, um Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Es gibt immer mehr Prozesse, trotz der Amnestie. Das hat damit zu tun, dass die Frage der Verschwundenen nicht amnestiert werden kann, weil die Opfer formal noch heute als entführt gelten, solange die Leichen nicht gefunden wurden. Das Verbrechen dauert daher juristisch gesehen bis heute an - also über den Amnestiestichtag hinaus. Auch Folter fällt nicht unter die Amnestie, weil Chile zur Diktaturzeit schon die internationale Anti-Folter Konvention ratifiziert hatte.

Wir haben vor zwei Jahren die "Ethische Kommission gegen Folter" gegründet, die eine sehr gute öffentliche Resonanz hat. Auch wenn noch keine Folterer verurteilt wurden, so gibt es doch einige Täter die im Knast sitzen. Eben wegen Verschwindenlassen bzw. Entführung und wegen Menschenrechtsverletzungen an ausländischen Staatsbürgern, so z.B. die Verbrecher Manuel Contreras, Alvaro Corvalan, Marcelo Moren, Osvaldo Romos u.a. - die Mehrheit von ihnen Militärs oder Geheimdienstler. Die "Ethische Kommission gegen Folter" trifft sich wöchentlich, recherchiert über Folterzentren, gibt Namenslisten von TäterInnenn heraus und organisiert jedes Jahr am 26. Juli, am internationalen Tag gegen die Folter Aktionen. Sie hat eine neue Qualität, weil sich in ihr nicht nur selbst Betroffene organisieren können, wie dies bei der Gruppe der ehemaligen politischen Gefangenen oder die Angehörigen der Verschwundenen der Fall ist. Jeder Mensch der oder die sich gegen Menschenrechtsverbrechen einsetzen möchte, kann bei der Kommission mitmachen. Und sie ist nicht parteipolitisch gebunden. Das macht ihren großen Einfluss aus.

Knut Rauchfuss: Ivan, ich danke Dir für dieses Gespräch.

Das Interview ist erschienen in in ak - analyse + kritik - Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 475 vom 15.08.2003
www.akweb.de

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