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Weiterer Leiharbeiter bei VW China festgenommen: Dem ersten inhaftierten Kollegen soll der Prozess gemacht werden – wegen Störung der öffentlichen Ordnung

Solidarität mit VW-Leiharbeitern in China am Rande von G20 in HamburgWährend sich die KP Chinas (Anteil der Arbeiter an den rund 80 Millionen Mitgliedern: rund 10%) zu ihrem 19. Parteitag versammelt, um ihre weitere Politik zu vereinbaren, kommt die Meldung, wie dieser Verein auf Versammlungen von Arbeitern reagiert: Mit Justiz und Polizei. Getreu dem nur leicht veränderten traditionellen Motto der KP Chinas „Rebellion ist – niemals – gerechtfertigt“ wird nun der seit längerem inhaftierte Kollege Fu Tianbo angeklagt, die öffentliche Ordnung gestört zu haben. Zur selben Zeit wird ein weiterer Kollege der aktiven VW Leiharbeiter aus Changchun von der Polizei festgenommen, Fu Taibao soll wegen eines kritischen Post auf dem Portal Weibo verfolgt werden. Und VW weigert sich weiterhin, mit den Kollegen auch nur zu sprechen, auch nicht mit dem China Labour Bulletin (CLB), dessen Aktive sich anstrengen, einen Dialog zustande zu bringen. Die Nachricht per Email „Arrest of the FAW-Volkswagen workers case in Changchun, China“ vom 20. Oktober 2017 dokumentieren wir (mit einigen kurzen deutschen Übersetzungsanmerkungen und Kommentaren) im folgenden, darin auch Informationen des CLB zum Verhalten von VW:

Arrest of the FAW-Volkswagen workers case in Changchun, China

Just noticed that FAW-WV Chang Chun worker Fu Taibao was arrested yesterday because he posted something in Weibo. I will send you update if I have.

Here is the message copy from CLB’s colleague:

I would like provide you with an important update on the situation of the FAW-Volkswagen workers case in Changchun, China. We have just received word that worker representative Fu Tianbo will be prosecuted for his activism, charged with “assembling a crowd to disturb public order”.

In an ongoing dialogue between China Labour Bulletin and Volkswagen’s international office via Business and Human Rights, Volkswagen has refused to respond to CLB’s latest rejoinder, which points out that Volkswagen never acknowledged that the company has targeted worker activists at the Changchun plant, and that Volkswagen has refused to acknowledge that the worker representatives have been arrested, and now prosecuted, by the police.

International trade union representatives, and activists around the world, have called for the unconditional release of Fu Tianbo, and for Volkswagen to sit down at the bargaining table with the over 3000 agency workers at FAW-VW Changchun and address their demands for equal pay.

We will be following the matter closely, and we hope you will as well. We hope that global trade union activists call for the unconditional release of Fu Tianbo, and for Volkswagen to respond to the fact that worker representatives have been targeted at their Chinese plants for defending their rights.

Thank you for your continued attention to this case.

Auf Deutsch die zentralen Aussagen samt Kommentar:

Die Anklage gegen Fu Tianbo wird also erhoben wegen “assembling a crowd to disturb public order”. Was auf deutsch heißt, sein Verbrechen war es, „Eine Menge versammelt zu haben, um die öffentliche Ordnung zu stören“.  Die Menge Leiharbeiter, die sich da störend versammelt hatten, vertraten ihr Anliegen auf den die KP Chinas und ihre Freunde (also beispielsweise VW) störenden alten Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Aber es wird, wie immer, vermieden, die inhaltliche Dimension der Auseinandersetzung zum Thema zu machen – nicht eben ein Zeichen von Stärke – und stattdessen formale Gründe vorgeschoben. Vermutlich hatten die Kollegen vergessen einen Antrag auf eine Demonstration in siebenfacher Ausfertigung auszufüllen… (Und wenn jetzt ein Fan des Sozialismus in China sagt, muss doch bei uns auch genehmigt werden, wäre die Antwort kurz: „Ja, eben…“).

Die Information des CLB bezüglich der Haltung von VW sagt zum einen, dass die Kollegen sehr wohl den Dialog suchen, den VW aus „guten“ Gründen verweigert, beziehungsweise von der Polizei führen lässt. Die Kollegen befolgen also auch die geradezu weltmeisterliche Leistung an Solidarität des Weltbetriebsrates, den Dialog mit Unternehmen und Behörden zu suchen. Das Unternehmen weigert sich, die Behörden führen ihn qua Vernehmungen der Festgenommenen, was VW wiederum, vorsichtig ausgedrückt, nicht weiter stört, da sich das Unternehmen auch weigert, sich dazu zu äußern…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=122989
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