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Erst waren es Fünftausend, dann Zehntausend – Dienstag 40.000: Streik bei Schuhfabrik

Dossier

  • Yue Yuen Schuhfabrik in China: Wer duldet die Hinterziehung von Sozialabgaben? Wo sind die Verschwundenen?Ein brutal erzwungenes Ende? Ein Anfang? – Der Brief eines Streikenden, der Brief an GewerkschafterInnen
    Der Streik von rund 48.000 ArbeiterInnen bei Yue Yuen ist zu Ende, nachdem am Montag auch die letzten Betriebe die „Arbeit wieder aufnahmen“. Bereits am Freitag war die Meldung vom Streikende verbreitet worden – was zu jenem Zeitpunkt nur bedingt zutraf, da an mehreren Orten die ArbeiterInnen weiter streikten und erst am Montag die Arbeit wieder aufnahmen: Unter massivem Aufgebot von „Aufruhrpolizei“ und Milizionären, unter Einsatz von Entlassungsdrohungen, Prügelbullen und Kampfhunden – mit ein paar Versprechungen… Yue Yuen Workers Won’t Cry externer Link ist die Überschrift eines Briefes eines Streikenden vom 28. April 2014, den LabourNet China ins Englische übersetzt hat und der zum Schluss kommt, sowohl wegen der massiven Beteiligung und Dauer, als auch wegen des Streikgrundes, nämlich ein aktives einmischen in Sozialpolitik, werde dieser Streik trotz der Niederlage Geschichte machen. Siehe dazu auch:

    • Die Meldung Pressure from the local authorities forces many Yue Yuen strikers back to work externer Link am 25. April 2014 beim China Labour Bulletin macht einerseits, im Gegensatz zu Meldungen bürgerlicher Presseagenturen, deutlich, dass das Streikende nicht aufgrund von Zusagen – die unüberprüfbar bleiben – zustandekamen, sondern in erster Linie wegen Polizeirepression und sozialpolitischen Drohungen, wie etwa Entlassungen vorzubereiten, indem Anwesenheitsnachweise unmöglich gemacht wurden. In dem Artikel kommen zahlreiche Streikende zu Wort, die unterstreichen, dass sie keinesfalls den Versprechungen ohne Weiteres glauben – und etwa solche absoluten Selbstverständlichkeiten einfordern, wie selbst den Stand der persönlichen Sozialversicherungszahlungen kontrollieren zu können – bis hin zum ziemlich klaren „Ich sch… auf diese Gewerkschaft, die nie etwas getan hat“
    • Yue Yuen counts cost of China shoe strike, says most workers returned externer Link von John Ruwitch und Donny Kwok am 26. April 2014 bei Reuters, worin auch in der Mainstream – Berichterstattung erstmals so richtig die Frage auftaucht, ob die Rückkehr a) freiwillig war und b) wie viele bis dahin wieder zur Arbeit kamen. Das Arbeitsministerium wird zitiert, es habe das Unternehmen angewiesen, bis zum 25. April alle Aussenstände der Sozialversicherung zu bezahlen – während, wenig überraschend, ein Unternehmenssprecher keinerlei Verfehlungen ihrerseits sah, für die ist Abgabenklau halt wohl normal
    • 5 Reasons the Strike in China is Terrifying! (to Transnational Capitalism) externer Link von Ashok Kumar am 25. April 2014 bei communists in situ, der unter den 5 Gründen, warum dieser Streik das transnationale Kapital in Angst versetzt auch die zahlreichen Solidaritätsaktionen rund um die Welt aufführt
    • Das Forum Arbeitswelten hat den Offenen Brief Hongkonger Gewerkschaften und NGO übersetzt (LabourNet Germany berichtete und dokumentierte) und hat nun, durch das Streikende keineswegs überflüssig, sondern aufgrund der Art und Weise der Beendigung, wie auch der vagen Versprechungen erst recht nötig, dazu aufgerufen, diesen Brief auch an den Betriebsrat von adidas, die IGBCE Erlangen und den DGB Mittelfranken zu schicken, sei es als Person oder Gruppe. Der Forumbrief vom 27. April 2014
  • Grobes Foul von Adidas
    Der Sportartikelhersteller Adidas zieht nach einem Streik der Mitarbeiter Aufträge von einer chinesischen Firma ab. Für diese Aktion hagelt es Kritik von allen Seiten. Artikel von Stefan Sauer in der Frankfurter Rundschau vom 25.04.2014 externer Link Aus dem Text: „Die Nachricht klingt erst einmal gut: Der Streik beim südchinesischen Adidas-Zulieferer Yue Yuen geht nach fast zwei Wochen zu Ende. Die meisten der 40.000 Mitarbeiter des Sportschuh-Herstellers in der südchinesischen Acht-Millionen-Stadt Dongguan kehrten am Freitag an ihre Arbeitsplätze zurück. (…) Es existiert aber auch eine weniger erfreuliche Version der Geschehnisse. Von Normalität kann nach Ansicht des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer nämlich keine Rede sein. „Dass Adidas den aktuellen Auftrag gestoppt hat, ist eine Entscheidung, die rein am Profit orientiert ist“, sagte Sommer der FR. Kurz vor der WM in Brasilien sei es dem Konzern anscheinend nur um gute Verkaufszahlen gegangen. Wenn es um die Erfüllung sozialer Mindeststandards und guter Arbeitsbedingungen gehe, seien die Firmen vor Ort, aber ebenso hiesige Konzerne in der Pflicht. „Gerade von einem Unternehmen wie Adidas, das gerne mit dem Saubermannimage wirbt, hätte ich ein anderes Verhalten erwartet“, sagte Sommer…“ Siehe dazu:

    • Adidas Billige Löhne, billige Ausreden
      „(…) Nicht sonderlich glaubwürdig erscheint auch die Behauptung, das Stornieren von Aufträgen an Yue Yuen sei ein ganz normaler, gleichsam alltäglicher Vorgang. Es waren offenbar die Streiks, die den Rückzug bedingten. Genau ein Jahr nach dem verheerenden Einsturz eines Textilfabrik-Gebäudes in Bangladesch, in dem Kleidung auch für hiesige Labels und Handelsketten produziert wurden, wäre wenigstens mehr Aufrichtigkeit angemessen gewesen.Kommentar von Stefan Sauer in der Frankfurter Rundschau vom 25.04.2014 externer Link
  • Wer duldet die Hinterziehung von Sozialabgaben? Wo sind die Verschwundenen?
    (Adidas zieht Konsequenz aus andauerndem Yue Yuen – Streik: Aufträge abgezogen. Eine Strafaktion gegen die Belegschaft? Arroganz gegenüber internationaler Solidaritätskampagne?)
    Der Sportartikel-Hersteller Adidas zieht Aufträge aus der von einem Massenstreik betroffenen Schuhfabrik in China ab. Damit sollen die Auswirkungen auf die eigenen Geschäfte begrenzt werden, teilte Adidas am Donnerstag mit. Das Unternehmen habe jedoch nicht vor, die Verbindungen zum weltweit größten Schuhproduzenten Yue Yuen zu beenden. Ein Sprecher des Unternehmens lehnte eine Stellungnahme ab“ – so ist es nachzulesen in der Meldung Arbeitsbedingungen in China – Adidas zieht nach Streik Aufträge ab externer Link am 24. April 2014 in der Süddeutschen Zeitung
  • Konsequenzen werden in der Tat von Adidas gefordert – weltweit – wie aus folgender Argumentation hervorgeht: „Nach verschiedenen Angaben ist Yue Yuen der größte chinesische Adidas-Zulieferer. Adidas und die anderen internationalen Markenunternehmen können ihre soziale Verantwortung (Corporate Social Responsibility – CSR) in diesem Arbeitskonflikt nicht leugnen. Während sie behaupten, ihre unabhängigen AuditorInnen würden Produktionsstandards und Bestimmungen ihrer Verhaltenskodizes einhalten sowie Arbeitsbedingungen und –Praktiken überprüfen, entdeckten sie dabei dennoch jahrelang keinerlei Verstöße! Oder ignorieren sie einfach die Befunde aus den Zulieferfabriken? Im ersten Fall würden AuditorInnen nur für Werbezwecke eingesetzt. Im zweiten Fall wären Markenunternehmen Mittäter dieses Verbrechens!“ Eine Passage aus Adidas, Nike, Timberland – Ihr habt das Problem geschaffen, nun löst es! Zahlt den ArbeiterInnen sofort Sozialversicherungsleistungen aus! Ein offener Brief von 8 Hongkonger Gewerkschaften und NGO vom 24. April 2014 (initiiert vom Globalisation Monitor, Projektpartner im Forum Arbeitswelten China – Deutschland, von dem aus auch die deutsche Übersetzung geleistet wurde)
    Siehe dazu auch:

  • Schon eine Woche Streik in der grössten Schuhfabrik der Welt
    Auch ein neues Angebot am vergangenen Freitag – wie auch ein erneuter Polizeieinsatz – haben den nunmehr eine Woche andauernden Streik nicht beendet: Die Streikenden fordern eine Zusage, dass ihre Forderung (die ja im wesentlich lediglich die Einhaltung der Arbeitsgesetze bedeuten) erfüllt werden und erwarten sich offensichtlich nicht viel von einem Dialog. Der aktuelle Bericht Strike disrupts output at massive Chinese shoe factory for sixth day externer Link   von Liza Lin am22. April 2014 in Business DaySiehe dazu auch:

    • Chinese government trade union to mediate shoe factory strike by tens of thousands of workers externer Link eine ap Meldung vom 18. April 2014 (hier bei The Citizen) über eine Mitteilung der Provinzföderation Guangdschou des Gewerkschaftsbundes, der einerseits die ArbeiterInnen aufrief, vernünftig zu handeln, andrerseits öffentlich verkündete klar auf der Seite jener zu stehen, die die Einhaltung der Arbeitsgesetze forderten und sich als Mediator anbot(…)
    • Yue Yuen Falls Most in a Year as Workers Strike at Nike Supplier externer Link von Dave McCombs am 22. April 2014 in Business Report (Bloomberg), worin zwar, wie in der Überschrift dueltich wird zunächst vom Aktienkurs des Unternehmens die Rede ist, aber dann auch zumindestens erwähnt wird, dass es offensichtlich auch im Osten Chinas, in einem Werk in Jiangxi eine „Unterbrechung der Produktion“ gibt
  • Der größte Streik seit Jahren…
    …ist der andauernde Streik bei der Yue Yuen (Zulieferfirma u.A. für Adidas und Nike) in der klassischen Exportzone Perlflussdelta. Das Unternehmen mit Kapital aus Taiwan gilt als der grösste Zulieferer der Schuhmarken weltweit.  „Der Protest chinesischer Arbeiter in einer der weltgrössten Turnschuhfabriken spitzt sich zu. In der Provinz Guangdong blockierten die Streikenden Zufahrtsstrassen zum Fabrikgelände von Yue Yuen Industrial. Sie hielten Mahnwachen und marschierten in Blöcken durchs nahe gelegene Stadtzentrum. Sie fordern höhere Löhne und bessere Sozialleistungen und protestieren gegen unfaire Bedingungen in den Arbeitsverträgen“ – so beginnt der Bericht Streiks in chinesischer Turnschuhfabrik  von Felix Lee am 18. April 2014 in der NZ. Siehe dazu auch:

    • Statement on large strike at the Yue Yuen shoe factory externer Link des (New Yorker) China Labor Watch, eine Presseerklärung der NGO vom 14. April 2014, die aber täglich fortgeschrieben wird und am 17. April von der Ablehnung des „Verbesserungsangebots“ des Unternehmens durch die Belegschaft berichtet
    • A Protest Action by Labour Groups in Hong Kong at Yue Yuen Office externer Link – Kurzbericht vom 17. April 2014 beim AMRC über eine Solidaritätsaktion in der Niederlassung Hongkong von Yue Yuen
    • S China footwear factory strike continues externer Link – Xinhua – Meldung vom 18. April 2014 (hier bei China Daily) in der auch von mehreren Festnahmen berichtet wird
    • An Open letter to Adidas and Yue Yuen Dongguan, China  – ein offener Brief des Globalisation Monitor vom 15. April 2014 an Adidas und Yue Yuen in dem unter anderem die Begründung des Unternehmens für die Nichtabführung von Sozialbeiträgen („Unkenntnis“) kritisiert wird und an beide Unternehmen die Forderungen gerichtet die Arbeitsgesetze einzuhalten, die einbehaltenen Beiträge in vollem Umfang nachzubezahlen, gültige Arbeitsverträge abzuschliessen und sich dafür einzusetzen, die festgenommenen Arbeiter wieder frei zu bekommen
    • Chinese riot police physically attack peacefully protesting workers
      “Protesting unpaid social insurance and illegal labor contracts, thousands of workers in Dongguan peacefully marched toward the city government. But riot police were waiting for them and proceeded to physically disband the march”. Ein Video auf YouTube vom 15.04.2014 externer Link
  • Yue Yuen shoe factory workers‘ strike at Dongguan plants continues externer Link von Mimi Lau am 16. April 2014 in der South China Morning Post
  • Streik bei Zulieferern von Adidas und Nike externer Link – Kurzbericht im Handelsblatt am 15. April 2014, durchaus an den Interessen der LeserInnenschaft ausgerichtet
  • Yue Yuen china streikMore than ten thousand workers stage strike at massive Dongguan shoe factory
    Yue Yuen Industrial heißt das Unternehmen in Dongguan, das unter anderem für Adidas Timberland und Nike produziert – und seit Jahren die Sozialabgaben unterschlagen hat und Mietzuschüsse nicht ausbezahlt. 70.000 Beschäftigte hat das Unternehmen – von dem berichtet wird, dass es versucht, zunehmend Produktion ins Landesinnere (und nach Vietnam) zu verlagern. Waren in der letzten Woche bei der Besetzung einer Brücke noch rund 5.000 ArbeiterInnen beteiligt, so demonstrierten am Montag 10.000 und am Dienstag streikten 40.000 Menschen in allen sieben Werken am Ort – nachdem die Aufruhrpolizei einmal mehr im Sinne des Kapitals eingegriffen hatte.  Siehe den Kurzbericht More than ten thousand workers stage strike at massive Dongguan shoe factory externer Link am 14. April 2014 im China Labour Bulletin
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=57088
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