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[29. Mai 2018] Solidaritätsaktion in Hannover: Chinesischer VW-Leiharbeiter seit einem Jahr im Gefängnis – Freiheit für Fu Tianbo

Freiheit für Fu Tianbo! Wir sehen uns gezwungen, VW ein weiteres Mal auf die Füße zu treten. Der Leiharbeiter Fu Tianbo, der nichts weiter als die Einhaltung des geltenden Arbeitsrechts in dem FAW-VW Werk in Changchun gefordert hat, sitzt nun seit einem Jahr im Knast. Wir planen, am 29.5. eine Protestaktion um 13°° vor dem VW Werk in Hannover  (Tor 3, Mecklenheidestraße 119). Wir freuen uns über jeden, der uns vor Ort unterstützt: FREE FU TIANBO! Sofortige und bedingungslose Feilassung Fu Tianbos! Für die Einhaltung des Arbeitsrechts und freie gewerkschaftliche Betätigung in allen VW Werken weltweit!“ – so der Aufruf zur Solidaritätsaktion „Free Fu Tianbo“ am 24. Mai 2018 bei chefduzen externer Link – dieser Protest wird bisher unterstützt von: Forum Arbeitswelten e.V. (Arbeitswelten in China und Deutschland), IGL (Interessengemeinschaft der Leiharbeiter), Die Leihkeule (Leiharbeiter Kollegenzeitung), LabourNet Germany (Treffpunkt für Ungehorsame mit und ohne Job), chefduzen.de (Forum der Ausgebeuteten). Siehe dazu auch die Presseinformation „Knast für VW Arbeiter nach Kritik an den Arbeitsbedingungen“ ebenfalls vom 24. Mai 2018 und nun den Bericht:

  • Kommentierte Bildergalerie: Ein Besuch bei VW Hannover New
    „… Es sollte die Protestaktion von uns werden mit der bisher besten Beteiligung. Die unterstützenden Organisationen IGL, Forum Arbeitswelten, Leihkeule, Chefduzen waren vertreten, wie auch mehrere Verdi-Mitglieder, Metaller und ein Gewerkschafter der FAU, sowie Aktivisten des Internationalen Automobilarbeiterratschlags IAAR. Besonders erfreulich war, daß unsere Mobilisierungskampagne auch Arbeiter*innen aus dem VW Werk erreicht hat (obwohl facebook die Schaltung einer bezahlten Anzeige verweigert hat), die extra früher zur Arbeit kamen, um sich unserer Aktion anzuschließen und dann zum Schichtwechsel in den Produktionshallen zu verschwinden. Die Behörde zeigte sich recht entspannt und wünschte ein gutes Gelingen. (…) Leider kann dies nicht das Ende des Protests sein, es ist ein Startsignal für weitere Aktivitäten! Jetzt gilt es den Druck auf den Konzern zu erhöhen, um die Freilassung des seit einem Jahr inhaftierten Leiharbeiters Fu Tianbo zu bewirken. Die skandalösen Bedingungen, unter denen VW seine Profite in China macht, müssen öffentlich werden! Die Geheimdiplomatie des Konzernbetriebsrats mit den chinesischen Autoritäten ist gescheitert. Jetzt muß die Öffenlichkeitsarbeit und die innergewerkschaftliche Diskussion vorangetrieben werden. Ein Jahr Knast für einen Arbeiter, der sich für die Rechte seiner Kollegen in einem deutschen Konzern eingesetzt hat, darf nicht hingenommen werden. Freiheit für Fu Tianbo! Bedingungslos und sofort!Kommentierte Bildergalerie als Bericht der Aktion bei chefduzen externer Link, siehe auch die dabei verteilte „Leihkeule“ extra: Free Fu Tianbo! externer Link (Grafikdatei)

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„Knast für VW Arbeiter nach Kritik an den Arbeitsbedingungen“

Im nordchinesischen Changchun begannen 2016 Leiharbeiter des Joint Venture Unternehmens FAW-Volkswagen einen Kampf um ihre Arbeitsbedingungen. Ihre Forderungen beschränkten sich auf die Einhaltung des bestehenden Arbeitsrechts. Sie wollten ihre Forderungen ohne Arbeitsniederlegungen durchsetzen und beschränkten ihren Kampf auf juristische Mittel und öffentliche Proteste. Diese Proteste waren gewaltfrei.

Die Behörden reagierten mit einer Erhöhung der Polizeipräsenz am Werk. Am 26.5.2017 wurden drei Leiharbeiter festgenommen. Der gewählte Sprecher der Arbeiter, Fu Tianbo, ist seitdem in Haft.

Kampf der Leiharbeiter bei VW China: Sofortige Freilassung von Fu Tianbo!Der VW Konzern leugnet jegliche Mitverantwortung für die Repression gegen kritische Beschäftigte im Unternehmen. Es handle sich um ein Vorgehen des chinesischen Staates, auf den man keinen Einfluss habe. Das ist nicht haltbar. Fu Tianbo wurde zuerst in den Räumlichkeiten des Unternehmens festgehalten, bevor die Polizei ihn in Obhut nahm.

Die Situation erinnert an den erst kürzlich in den Medien verbreiteten VW Skandal, in dem sich der Konzen in der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur an politischer Verfolgung und Unterdrückung von VW Arbeitern beteiligt haben soll. Auch hier schob man die alleinige Verantwortung auf die brasilianischen Behörden.

Zum Anlass der nun ein Jahr überschreitenden Inhaftierung von Fu Tianbo findet vor dem Tor 3 des VW Werks Hannover (Mecklenheidestraße 119) am 29.5.2018 um 13°° ein Protest statt.

FREE FU TIANBO!
Sofortige und bedingungslose Feilassung Fu Tianbos!
Für die Einhaltung des Arbeitsrechts und freie gewerkschaftliche Betätigung in allen VW Werken weltweit!

Dieser Protest wird unterstützt von: Forum Arbeitswelten e.V.,  IGL (Interessengemeinschaft der Leiharbeiter),   Die Leihkeule (Leiharbeiter Kollegenzeitung), chefduzen.de (Forum der Ausgebeuteten), LabourNet Germany (Treffpunkt für Ungehorsame mit und ohne Job)

  • Hintergrund:
    Im November 2016 begannen Leiharbeiter in Changchun ihren Kampf um Equal Pay, die gleiche Bezahlung wie die Stammbeschäftigten. Diese würde ihnen nach dem chinesischen Arbeitsrecht zustehen, aber auch nach der „Charta der Zeitarbeit im Volkswagen-Konzern“, die von der Konzernleitung mit dem europäischen und dem Weltkonzernbetriebsrat vereinbart worden war. Die chinesische Werksleitung und die Behörden in Changchun reagierten mit einer Welle von Repressionen, die sich in erhöhter Polizeipräsenz, Festnahmen von Aktivisten und Zensur von sozialen Medien zeigte. Die Leiharbeiteraktivisten Ai Zhenyu, Wang Shuai und Fu Tianbo wurden inhaftiert. Während Ai Zhenyu und Wang Shuai nach kurzer Zeit auf freien Fuß gesetzt wurden, sitzt Fu Tianbo seit Mai letzten Jahres in Haft. Er wurde zunächst im FAW-VW Gebäude festgesetzt und kam erst später in Polizeigewahrsam. Weitere Aktivisten wurden beschattet und bedroht. Der Weibo-Account (eine Mischung aus facebook und twitter) des Sprechers der Leiharbeiter wurde gelöscht, ebenso andere Postings über den Verlauf der Proteste.
    Dennoch führten die Proteste, die auch international unterstützt wurden, im Dezember 2017 zu einem Teilerfolg. Überraschend wurden 900 Leiharbeiter in die Stammbelegschaft übernommen, was ihren Lohn etwa verdoppelte. Aber: Geknüpft war diese Übernahme an den Verzicht auf Klagen gegen bisheriges Unrecht beim einbehaltenen Lohn. Für Leiharbeiter, die nicht in der Produktion, sondern in der Verwaltung arbeiten, wurde keine Lösung gefunden. Anstelle der Leiharbeit hat FAW-VW nun Arbeitsverhältnisse geschaffen, die z.B. als „Praktikum“ noch weitaus prekärer sind. Und Fu Tianbo, der gewählte Sprecher, ist immer noch in Haft. Deshalb ist für die Kolleginnen und Kollegen aus Changchun der Kampf noch nicht beendet.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132532
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