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China Foxconn: Betriebsräte für „iSlaves“ – und ein paar anschließenden Gedanken für unsere Situation

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 11.2.2013

Die Chinesischen ArbeitnehmerInnen lassen sich längst nicht mehr alles gefallen – und wechseln dann auch gerne den Betrieb. Um im umkämpften Markt für Arbeitskräfte wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen eben in China Konzerne wie Foxconn umdenken. Foxconn hat rund 1,2 Millionen Foxconn-Angestellte, die an 13 chinesischen Standorten für Marken wie Apple, HP, Microsoft und Nokia produzieren.

Zwar hat Foxconn bereits seit 2006 formell betrachtet einen Betriebsrat, so wie es das chinesische Gesetz vorschreibt. Doch dieser ist vollkommen in der Hand des Managements, was ebenfalls üblich ist. Der staatliche Gewerkschaftsverband agiert in der Regel – wie im „Realsozialismus“ üblich – nicht als Repräsentant von Arbeiterinteressen, sondern sieht sich den Unternehmern und lokalen Behörden verpflichtet, die alle gleichermaßen vor allem ein Interesse an hohen Gewinnen und einem reibungslosen Produktionsbetrieb haben.

Aber 2009 geriet das Unternehmen erstmals in die Schlagzeilen durch eine Reihe von Selbstmorden. Menschenrechtsorganisationen werfen Foxconn vor, seine Angestellten wie „iSlaves“ zu behandeln.

Die – jetzige – Organisation der Betriebsratswahlen, bei denen rund tausend Komitees mit jeweils rund zwanzig Vertretern gebildet werden sollen, liegt in der Hand der „Fair Labor Association“ (FLA). Experten dieser Arbeiterechtsorganisation, deren Mitglieder vor allem internationale Markenkonzerne sind, hatten in Apples Auftrag – einem der Hauptauftraggeber – untersucht, wie die Interessenvertretung bei Foxconn organisiert ist, und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass diese so gut wie nicht existiert.

Sollten also diese Wahlen bei Foxconn tatsächlich erfolgreich verlaufen, könnte dies Auswirkungen auf Chinas gesamte Industrie haben.

Aber umgekehrt wird der Erfolg von Foxconns Betriebsrats-Initiative maßgeblich davon abhängen, ob das Management bereit ist, den Arbeitern zu erlauben sich selbst zu organisieren – sonst war es eine reine „PR-Aktion“ von Foxconn. (FR: http://www.fr-online.de/wirtschaft/china-foxconn-betriebsraete-fuer-islaves,1472780,21714890.html externer Link)

Und die Situation bei uns?

„Muss sich den immer erst jemand aufhängen“, fragt die französische Gewerkschafterin Marie Paul angesichts einer skandalösen Selbstmordwelle bei „France Telekom“ (vgl. den dritten Absatz auf der Seite 3 sowie den entsprechenden Abschnitt auf der Seite 2 des Berichtes von Georges Hallermayer: www.gegenblende.de/19-2013/++co++b81d0014-7062-11e2-b28c-52540066f352 externer Link)

Oder die Gewerkschaften hängen das noch höher auf – in jenen unveräußerlichen Rechten, die schon Friedrich Schiller in seinem „Wilhelm Tell“ faszinierten – wie der Menschenwürde. Und sehen sich als wichtigen Bestandteil eines Diskurses zur Neukonzeption des Würdekonzeptes unseres Grundgesetzes. (http://idw-online.de/de/news518559 externer Link)

Vielleicht gelingt es ja nach den neoliberalen Sünden der Parteien in der Vergangenheit auch einige Parteien für diesen „Diskurs“ zu gewinnen.
So ist Friedhelm Hengsbach mit seinen Slogan „Die Zeit gehört uns“ recht zugeben, dass der Widerstand gegen das auch bei bei uns vorherrschende Regime der Beschleinigung nicht allein dem Einzelnen überlassen werden kann, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe ist. (www.nachdenkseiten.de/?p=16055#h08 externer Link)

Jedenfalls verweigern sich – bisher – bei uns die Arbeitgeber strikt und vehement betriebsbedingten Stress im Arbeitsschuz-Gesetz zu verankern. Deshalb müsste – jetzt bei uns und nicht in China – eine derartige „Anti-Stress-Verordnung“ mit der Ausweitung der Mitbestimmungsrechte der Betriebsraäte – bei uns! – in die Wahlprüfsteine der Gewerkschaften für die Bundestagswahl in Deutschland 2013 aufgenommen werden.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=26242
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