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Die Rückkehr der Straße, das Plebiszit – und die Büchse der Pandora

Soziale Proteste in allen wichtigen Städten Brasiliens 2013In dem Beitrag “La revuelta de los veinte centavosexterner Link unterstreicht Autor Raúl Zibechi am 24. Juni 2013 in der mexikanischen La Jornada (für das linksliberale bis linke lesende Publikum diverser lateinamerikanischer Staaten) die Bedeutung der brasilianischen Massenproteste. Rund 20 Jahre nach der “Fora Collor” Bewegung gegen den ersten frei gewählten Präsidenten nach der Militärdiktatur und nach einem ganzen Zeitraum in dem der Mainstream auch oppositioneller Politik vor allem aufs Parlament gerichtet war ist “die Straße” zurück – die immer auch unberechenbar ist. Die immensen Kosten der Mega-Events des Sports (allein für die Sicherung des gegenwärtigen Confed-Cups werden 23.000 Uniformierte aufgeboten – ganz zu schweigen von den Milliarden für neue Stadien und Flughäfen) und die gleichzeitige allgemeine Teuerung seien die Tropfen gewesen, die ein sich seit langem vollaufendes Faß zum Überlaufen gebracht hätten. Die zentrale Forderung der sozialen Bewegungen – neben eben einem Katalog sozialer Forderungen – ist dabei die Entmilitarisierung der Militärpolizei, eine historisch anstehende Maßnahme, die die PT in den mehr als 10 Jahren Regierung nicht begonnen hat – ihre Vorläufer sowieso nicht. Siehe dazu auch:

  • Eben nicht die Rückkehr der Straße soll der Vorstoß von Präsidentein Roussef bewirken, ein Plebiszit über Reformen durchzuführen: “Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat als Reaktion auf die Massenproteste eine Volksabstimmung zur Einberufung einer Verfassungsversammlung vorgeschlagen, die über eine umfassende Politikreform beraten soll. „Brasilien ist reif, weiterzugehen“, sagte Rousseff nach einem Krisengespräch mit Vertretern der Protestbewegung und Regionalpolitikern am Montag in Brasília. Korruption solle als schweres Delikt eingestuft und mit schärferen Strafen geahndet werden, sagte die Staatschefin. Sie schlug insgesamt fünf Pakte mit verschiedenen Schwerpunkten vor – darunter die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, des Gesundheitssystems und des Bildungswesens” – aus dem Artikel “Rousseff kündigt Volksabstimmung anexterner Link am 24. Juni 2013 in der Süddeutschen Zeitung
  • Zuerst in Sao Paulo, nun aber auch in zahlreichen anderen Städten, haben sich zahllose Organisationen der Linken und der sozialen Bewegungen vor Ort, und gerade auch der “Peripherie”, also zumeist ärmere Stadtteile und Slums zusammengeschlossen um gegen die “reaktionäre Machtübernahme” in der Protestbewegung anzugehen, wird etwa in dem Bericht “Diante das mobilizações, coletivos criam frente periférica contra fascistas em São Paulo“ bereits am 23. Juni 2013 in Brasil de Fato unterstrichen

Aktuell:

  • “11. Juli: Für demokratische Freiheiten und die Rechte der Arbeiterschaft” – diesen Aufruf haben am gestrigen Dienstag die Gewerkschaftsverbände CSP-Conlutas, CUT, UGT, Força Sindical, CGTB, CTB, CSB und NCST gemeinsam mit der Landlosenbewegung MST verabschiedet. In dem Aufruf “Fortalecer o dia 27 em todo o país e em seguida preparar o Dia Nacional de Lutas em 11 de julho convocado pelas centrais sindicaisexterner Link ruft die Conlutas ausserdem dazu auf, den bereits beschlossenen Aktionstag am 27. Juni zur Mobilisierung für den 11. Juli zu benutzen. Die Forderungen sind dieselben: Billigerer und besserer Nahverkehr, mehr Geld fürs Gesundheits- und Bildungswesen, gegen die Versteigerung von Ölförderrechten, gegen die bisherige Rentenreform und gegen die Parlamentsvorlage zum Outsourcing

Siehe zum Hintergrund: Sao Paulo, Rio, Porto Alegre… Zustände wie in Istanbul (oder Frankfurt). Und dann auch noch gegen Fußball demonstrieren?

 

 

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=39241
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